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Montag, 27. Juni 2011

1. Abschnitt: Wie ich trotz und wegen der DDR (18)

Gelegentlich entschuldigt „man“ den Frieden, den viele DDR-Bürger mit dem Staat gemacht hätten, (weil sie diesen Staat nach heutiger Lesart ja unbedingt ablehnen mussten) damit, dass sie sich „in Nischen“ einrichteten. Stimmt: So könnte man das bei mir ausdrücken. Ohne den DDR-Staat abzulehnen (allerdings auch nicht kritiklos anzunehmen), fand ich eine „Nische“ für mich. Allerdings hatte mein „Nischendasein“ Formen, die nicht nur ihrer Zeit weit voraus waren, sondern heute schwer vorstellbar sind.
Klar. Ein Großteil der Bedingungen war Besonderheiten in der betrieblichen Arbeitsorganisation geschuldet. Eine entscheidende war die räumliche Ausgliederung. Obwohl leitungstechnisch in einem Topf mit der „Kaderabteilung“ (also dem, was heute Personalwesen heißt), waren unsere Arbeitsplätze nicht auf dem Betriebsgebäude, sondern meist in wechselnden Wohnungen untergebracht. Die Kollegen hatten alle gut voreinander abgegrenzte Verantwortungsbereiche. Der Abteilungsleiter verstand sich nicht als Kommandeur, sondern als Puffer zwischen praktischen Einzelkämpfern und vorgesetzten Theoretikern, die viel zu sagen hatten, aber wenig von ihren Angelegenheiten verstanden.
Meine Aufgabe war eine Dienstleistung für das Kombinat (also die organisatorische Zusammenfassung von allen Betriebe mit zusammen passendem ähnlichen Profil – wobei diese „Definition“ nur dadurch anfechtbar wird, dass ALLE volkseigenen Betriebe einem Kombinat angegliedert waren … und manches passte eben nicht …): Der Außenhandelsbetrieb also war innerhalb des Kombinats zuständig für die gesamte Tätigkeit aller Kombinatsbetriebe im Ausland, wobei für das „nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet“ Sonderbedingungen herrschten. Alle diese „Reise- und Auslandskader“ hatten vor der ersten Auslandsdienstreise (und dann rhythmisch) einen allgemeinen Lehrgang zu absolvieren. Was dort Gegenstand sein sollte, war in allgemeinen Ministeriumsplänen (grins) festgehalten. Allerdings war dies genau genommen inhaltlich ein geballtes Gesamtstudium Außenwirtschaft, Weltanschauung und Menschenqualität / Benehmen in der Öffentlichkeit in einem. Also eigentlich so gefasst, dass irgendwie auf jeden Fall vom großen Plan abgewichen, sprich: gestrichen werden musste. Es war den Bedingungen vor Ort überlassen, zu entscheiden, was wirklich gemacht werden konnte. Ich hatte die tatsächlichen Lehrgänge zu planen und diese Planung auch praktisch umzusetzen. Dabei hatte ich freie Hand, woher ich welche freien Dozenten gewann (allerdings auf das Inland beschränkt). Es wäre wahrscheinlich überhaupt nicht aufgefallen, hätte ich einige Tage nur Privatangelegenheiten erledigt. Da wäre ich eben auf Dozentensuche gewesen.
Erfolg war, wenn die Teilnehmer nicht nur ihre Pflichtwochen abgesessen , sondern etwas zur eigenen Weiterentwicklung mitbekommen hatten. Da durfte man sich schon einiges einfallen lassen. (Mein Abteilungsleiter sorgte dafür, dass nicht jeder potentielle „Bremser“ von allzu ausufernder Kreativität erfuhr.)

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