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Donnerstag, 8. Dezember 2011

Das Kommunismus-Muster Musik - Geist für alle


Das Breite-Lied

magst du es nicht das fahne schwenken
das immer in die winde lenken
das gerade passende nur denken

dann stell dich doch an meine seite
und du gewinnst wie ich an breite

willst du was großes noch erreichen
doch kannst kein fremdes herz erweichen
und deine träume werden leichen

dann stell dich doch an meine seite
und du gewinnst wie ich an breite

ob wirs zusammen wirklich schaffen
den geist von raffen raffen raffen
ins gestern zu bannen zum begaffen

verschlossen ist der zeiten buch
doch komm wir wagen den versuch



(gekürzt)

Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker und muß es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will - während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden. …
(vgl. ANHANG)

So hat das Marx einmal formuliert, als er ausnahmsweise in mein Science-Fiktion-Fach hinüber gewechselt war. Seine pathetischen Worte „ Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!" werden allerdings häufiger benutzt, um den Kommunismus zu kennzeichnen. Sie klingen so allgemein, dass sie heute noch als „hoffentlich zutreffend“ durchgehen können. Und? Siehst du dabei heutige „Bedürfnisse“ vor dir? Oder ahnst du schon, worauf ich nach dem langen Vorspann hinaus will? Dass nämlich in ein paar hundert Jahren ganz andere Bedürfnisse normal sein werden?! Aber dass jeder alle seine Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellen könnte, ist dir trotzdem zu viel hoch geträumte Fantasie?! Das verstehe ich. Das liegt aber - zumindest zum Teil - daran, dass die Formulierungen missverständlich sind.
Die Aussage mit den Jägern und Fischern wird von heutigen Marx-Jüngern meist verschämt verschwiegen – und sei es aus Angst, ihren Guru lächerlich zu machen. Das passiert, wenn man das Zitat aus dem Zusammenhang reißt oder wörtlich nimmt. Kein Mensch wird sich heute ernsthaft künftige Kommunisten als Jäger und Fischer vorstellen.
Allerdings ist dieser Ausflug des ansonsten ernsthaften Wissenschaftlers in die Sphären der Belletristik unter mehreren Gesichtspunkten interessant. Da schielt natürlich ein hoher Grad an realer Ahnungslosigkeit durch, wie kompliziert die sachliche Arbeitsteilung im Kommunismus sein wird. Es ist sozusagen ein Beleg dafür, wie sehr eben auch kluge Köpfe wie Marx und Engels in ihrer Zeit verhaftet waren – Warnung an uns, unser heutiges Denken wenigstens versuchsweise abzulegen. Aber selbst, wenn wir uns vorzustellen versuchen, wie es in der Zukunft aussehen könnte, fliegt unsere Fantasie natürlich von dem Punkt ab, an dem unsere Gesellschaft gerade ist. Für mich heißt das zum Beispiel, dass ich erst einen kleinen Schimmer davon habe, was heute bereits mit übers Internet vernetzten Computern technisch machbar ist und was absehbar bald möglich sein wird. Da könntest du mich über den erreichten Fortschritt aufklären. Ob in Kürze aber noch eine wesentlichere Revolution der „Produktivkräfte“ folgt, etwas, was noch nicht erfunden oder gefunden ist, darüber können wir beide nur spekulieren.

Zweitens lässt sich natürlich etwas Unbekanntes nur aus dem Vergleich mit Bekanntem erklären. Stell dir vor, es wären Zeitreisen möglich. Nun erkläre eine heute moderne Wohnung mit Fernseher, Computer, Musikanlage, Handy und Ceranfeld den Denkern Marx und Engels im Jahre 1844 – von „normalen“ Arbeitern ihrer Zeit ganz abgesehen ... und wir beide müssten uns ja eher mit denen vergleichen! Schließlich sind wir keine Wissenschaftler, von denen man größeres Verständnis für Neues verlangen kann. Ich bezweifle, dass wir uns denen wirklich verständlich machen könnten. Wir lieferten nur Gags für bestimmte Filme, du verstehst ...

Drittens steckt trotzdem ein rationaler Kern in dem niedlichen Bild: Dass wir heute froh sind, das arbeiten zu dürfen, was wir gelernt haben, hat doch zweierlei Gründe. Da ist einmal die Sache selbst. Die Masse an Wissen, um ein Computersystem zu programmieren, ist „etwas“ größer als das Knowhow für den Fang eines Fisches. (Obwohl wir die spezifischen Kenntnisse der Vergangenheit nicht unterschätzen sollten.) Es wäre also eine Verschwendung, sich erst eine solche Masse an geistiger Potenz anzueignen, und sie dann nicht einzusetzen, wenn wir nicht die freie Entfaltung unserer Individualität in den Vordergrund stellen dürfen. Marx ging es aber wohl um etwas Anderes. Wir sind durch unsere Einbindung in den „gesellschaftlichen Reproduktionsprozess“ gezwungen, „unser Geld zu verdienen“. Wer unsere Arbeitskraft einsetzen will, möchte sicher sein, dass sich das lohnt. Ihm müssen wir beweisen, was wir gelernt haben. So verkümmern wir, weil wir für unser Arbeitsleben „festgelegt“ sind. Manchem sieht man das fast an. Erkennst du nicht viele „Buchhalter“ schon von weitem? Die sind eben ihr ganzes Leben nichts als Buchhalter gewesen . Erfahrungswerte besagen, dass die meisten Menschen nach etwa sieben Jahren gleichartiger Tätigkeit ihr kreatives Potential verloren haben. Aber wer würde sich freiwillig an Neues heranwagen, wenn seine Chancen, dort anerkannt arbeiten zu dürfen, mit jedem weiteren Lebensjahr sinken?

Natürlich ist das mit morgens, nachmittags und abends etwas übertrieben. Du riechst dabei den Wunsch als Vater des Gedanken. Aus der bekannten Welt der totalen Disziplinierung jedes Einzelnen für eine feste Rolle brach der Wunsch nach anarchischer Freiheit durch.
Dabei ist das Bild wahrscheinlich näher an der Wirklichkeit, als wir uns das heute ausmalen. Die Zahl der „Berufe“, die unsere kommunistisch lebenden Nachfahren erlernt haben werden, wird unterschiedlich groß sein, aber sicher größer als eins. Man wird „Synergieeffekte“ feststellen, also dass Ideen zur Verbesserung des einen Fachs besonders von denen kommen, die in einem anderen auch andere Abläufe kennen gelernt haben. Dass also die Menschen im Lebensverlauf nacheinander mehrere Berufe ausüben werden, dürfte schon einen Heutigen nicht sonderlich verwundern.
Technische Grundlagen dafür, dass der einzelne Mensch tatsächlich im Laufe eines Tages mehrere unterschiedliche Tätigkeiten nach seinem Gusto ausführen wird, gibt es aber auch heute. Das ginge nämlich sofort, wenn man sie von Zuhause aus erledigte. Dem stehen in erster Linie Sicherheitsbestimmungen entgegen. Es besteht aber wohl kein Zweifel, dass immer mehr Aufgaben über Rechentechnik von daheim aus oder unterwegs erledigt werden könnten und prinzipiell bereits „virtuelle Büros“ möglich sind. Im Kommunismus steht hinter keiner Tätigkeit ein Schaden durch die Konkurrenz. Ein Arbeitender kann also eine Idee für mehrere Zwecke nebeneinander verfolgen, wenn ihm dies Spaß macht. Deshalb muss das nicht der Mehrzahl aller Menschen Spaß machen. Es reicht der Menschheit, wenn es den Engagierten Spaß bereitet.

Leider gab es zu Marx´ und Engels´ Zeiten auch Erscheinungen, die das Jäger- und Fischer-Bild in engerem Sinn realistisch sein ließen: Man konnte sozusagen damals jedem einzelnen Menschen zehnmal mehr Fläche Land fiktiv zuordnen, auf dem er seinen Wünschen hätte nachgehen können, hätten dies die gesellschaftlichen Machtverhältnisse nicht blockiert. Wer weiß, wie viele Menschen im Kommunismus leben werden. Sie werden dank des technischen Fortschritts satt zu essen haben. Ob aber jeder ein Angelplatz haben kann, ist eine andere Frage. Du darfst Engels als Stammvater moderner Ökologie lesen. Aber heißt das auch, dass der heutige geplagte „Städter“ im Kommunismus beim Angeln einen „Laptop“ neben sich haben wird, um sich beim Fang für die vergnügliche Gruppenfischsuppe nicht zu weit von seiner geliebten Modelloptimierung für ein regionales Verkehrs- und Distributionssystem trennen zu müssen?! Vielleicht bei einigen. Zumindest wäre es voreilig, solche Vorstellung einfach als Unsinn abzutun. Aber der Regelfall wird es wohl nicht sein.

Die alles entscheidende Frage ist im Moment, wie WIR uns den "Kommunismus" vorstellen. Nicht, was irgendein Marx dazu gesagt hat.
Ich sehe als wichtigstes Merkmal allen Lebens unter entfalteten kommunistischen Bedingungen die totale "Diversifizierung" an. Also es wird keine Regeln ohne so viele Ausnahmen geben, dass eher die Ausnahmen die Regel sind. Schlüsselwort Vielfalt. Die seit Marx vorangeschrittene Entwicklung der "Produktivkräfte" gibt uns allerdings einige Erscheinungen vor, die es uns Heutigen leichter machen als den frühen "Kommunisten", uns eine solche Zukunft vorzustellen. Das klarste Bild bietet dabei die Kunst.

Der wichtigste Unterschied zwischen "progressiven" Weltanschauungen, die in Klassengesellschaften entstehen, und solchen danach ist die Rolle der Bedürfnisse, genauer: wie direkt die Produktion auf sie ausgerichtet ist.
Ein Fortschritt der Geisteswissenschaften unter Klassenbedingungen war der Nachweis, dass die Arbeit die materielle Grundlage aller Gesellschaft ist, und deren Bedingungen sind nun einmal die Verhältnisse in der Produktion. Der Kernpunkt aller Produktionsverhältnisse aber sind die Eigentumsverhältnisse (an den „Produktionsmitteln“). Gerade die verändern sich im Kommunismus aber nicht, weil es sie als gesellschaftliche Verhältnisse gar nicht mehr gibt. In den Fokus tritt dann das, was die Menschen von Anfang an überhaupt erst veranlasst hatte, zu arbeiten: ihre unmittelbaren Bedürfnisse. Vor der Jagd kommt der Hunger beziehungsweise beim Menschen immer stärker das Wissen, dass der Hunger kommen wird.

Unterstellen wir, dass alle elementaren Bedürfnisse, also all jene, durch die wir überhaupt leben, befriedigt sind. Nun geht es nur noch darum, WIE wir leben. Nehmen wir uns jenes Geflecht von Bedürfnissen vor, das wir mit Musik befriedigen. Greifen wir uns vereinfachend den Wunsch nach Wohlbefinden heraus.
Sofern es darum geht, Wohlbefinden zum Beispiel durch Musik-Hören näher zu kommen, können wir drei Entwicklungsstufen der "Produktivkräfte" feststellen. (Wir klammern hier das aktive Musik-Machen aus. Dass Musik auch Tanzbewegungen begleitet, ändert an den Überlegungen nichts.)
In der ersten Stufe war die notwendige Voraussetzung für jeden Musikgenuss die körperliche Anwesenheit der Musiker. Jeder einzelne Mensch war jedes Mal neu auf deren direkte „Arbeit“ angewiesen. Keine Musiker - keine Bedürfnisbefriedigung. Die Verhältnisse im Sinne eines "Überbaus" konnten dabei variieren: Die Musiker verbanden ihr Vergnügen mit dem der Gemeinschaft (Urkommunismus), die Musiker versuchten, ihre Kunstarbeit zu verkaufen (Marktwirtschaft) und nicht Zahlende wurde von der Bedürfnisbefriedigung Musik-Hören ausgeschlossen (entwickelte Marktwirtschaft). Aber immer galt: Kein Musiker - keine Musik. Die unmittelbare Arbeit an der Bedürfnisbefriedigung war das Wesentliche, obwohl von Anfang an ein gewisses geistiges Eigentum (Beherrschung der Instrumente, Text, Rhythmus und Melodie) notwendig in die Bedürfnisbefriedigung einfloss. Eigentlich auch notwendig ergab sich daraus ein garantierter relativer Mangel, wenn zu jeder Gelegenheit, bei der man hätte Musik hören wollen, auch ein Musikus seine Leistung hätte erbringen müssen.

In der zweiten Stufe wurde das Bedürfnisbefriedigungsmittel Musik auf einem materiellen Träger zur Ware. Äußerlich war sogar nur eben dieser Träger, ob der nun Schallplatte, CD oder wie auch immer heißen mochte, die Ware. Es bestand aber weiter ein mathematisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Arbeit der Musiker und den einzelnen Bedürfnisbefriedigungen, sprich: man konnte die Musizier-Arbeitszeit dem Träger zuordnen. Weitere Arbeiten waren nötig, damit man Musik hören konnte – wieder „zurechenbare“. Allerdings arbeiteten die Musiker nicht mehr dort, wo die Musik gewünscht wurde, und der materielle Träger konnte das Bedürfnis wiederholt befriedigen, ohne neu erworben werden zu müssen. Damit war dieser Bereich der Produktivkräfte anderen bereits objektiv (und zum Teil dauerhaft) voraus: Wie auch immer ein Apfel "produziert" worden sein mag, er kann immer nur (höchstens) einmal gegessen werden. Trotzdem ist der „Wert“ gleichartig zusammengesetzt: geistige und körperliche Arbeit wird über einen materiellen Träger vergegenständlicht dem zahlungsfähigen Kunden zugeführt. Und die Produktion des materiellen Trägers ist von der ursprünglichen Arbeit abgekoppelt: Für die Musiker ist es technisch egal, ob ihre Platte Tausend oder eine Million Male hergestellt und vertrieben wird (nur für ihren Erlös nicht). Wir finden unseren zweiten Robinson-Wirtschaftskreislauf hier zwingend wieder. Musik hören ist eng verknüpft mit der Fähigkeit, den Träger zu bezahlen.

Die technische Entwicklung auf dem "Musikmarkt" hat inzwischen schon die Möglichkeit des Kommunismus erreicht: Natürlich bleibt der Ausgangspunkt aller Bedürfnisbefriedigung, dass irgendwann irgendwo einmal Musiker ihre Arbeit getan, also „Musik gemacht“ haben. Ihr Arbeitsprodukt kann aber so gut wie unbegrenzt von jedem potentiellen Bedürfnis-Haber zur Bedürfnis-Befriedigung benutzt werden. Eine materielle Beschränkung gibt es nicht. Technisch könnte gezählt werden, okay. (Für das Selbstwertgefühl der Musiker ist nicht unerheblich zu wissen, wie oft man sie hören will. Das ersetzte den Geldreichtum.) Die Verwandlung in eine zu bezahlende Arbeit ist aber bereits ein völlig vom Bedürfnis gelöster, ja, ein ihm sogar entgegenstehender materieller Vorgang. Er erwächst (unabhängig davon, dass man ihn mit dem „Urheberrecht“ begründet) praktisch allein aus jener zusätzlichen geringen geistigen und materiellen Arbeit, mit der das Herunterladen von Musikstücken aus dem Web verboten, beschränkt und in einen Kaufakt verwandelt wird. Rein technisch reichte ein einziges Hochladen eines einmal "aufgenommenen" Musikstücks, um weltweit so gut wie ewig jeden Interessenten sein Bedürfnis befriedigen zu lassen. Herunterladen kann der Interessierte allein – so wie er allein zu einem Konzert gehen würde, nur einfacher. Beim Herunterladen führt der „Bedürftige“ die materiellen Tätigkeiten, die zur Befriedigung seines Bedürfnisses erforderlich wären, selbst aus. Rein virtuell teilt er (!) den Umfang der ursprünglich in das Produkt Musik investierten Arbeitszeit, einschließlich der damit verbundenen geistigen Arbeit, neu auf: Vorher entfiel die Gesamtarbeitszeit auf 999 998 Hörvorgänge, nachher auf 999 999. Je mehr Vorgänge, umso eher kann behauptet werden, dass unter kapitalistischen Bedingungen allein die Arbeit bezahlt wird, die zum Bezahlen selbst nötig ist, also Reloadsperren, Buchungsvorgänge usw., die also mit dem Bedürfnis nichts zu tun haben. Ließe man sie einfach weg, änderte sich an der Bedürfnisbefriedigung nichts. Ausdrücke wie Raubkopie, Piraterie usw. sind allein Ausdrücke dafür, dass das alles in einer in Geldbegriffen zurückgebliebenen Welt passiert. Wenn du dich also geistig dagegen auflehnst, bist du ganz ungewollt in eine kommunistische Logik verfallen.

Bei allen spezifischen Modifizierungen ist damit das Beispiel Musik das Grundmuster kommunistischer Verhältnisse. Oder richtiger: Diese Art der sich selbst verewigenden geistigen Arbeit ist der materielle Boden für das Funktionieren der kommunistischen Gesellschaft. In dieser reinen Form kommt es wahrscheinlich nicht oft vor. Allerdings ist es natürlich eine gewaltige soziale Revolution, wenn weltweit eine einmal entwickelte geistige Leistung überall dort, wo sie benötigt wird, auch verfügbar ist – und das ist natürlich kommunistisch, denn niemand hat einen materiellen Nutzen davon, irgendwo irgendwen von der Nutzung seines geistigen Produkts auszuschließen. Im Gegenteil: Der Ruhm als Lohn einer Leistung steigt mit ihrer weltweiten Bekanntheit. Der „Lagerplatz“ Internet machte jedes geistige Produkt weltweit zugängig. Ohne einzelnen Träger und die Arbeit, ihn als Anbieter zu reproduzieren. Die Bedeutung dessen steigt logisch mit jedem neuen Automatisierungsschritt. Das hat nichts damit zu tun, dass es letzten Endes unbedingt materielle Produkte als Gebrauchswerte geben muss, egal ob das Essen, Kleidung, Häuser oder Schmuckgegenstände im weitesten Sinn sind. Nur der unmittelbare Aufwand an menschlicher Arbeitszeit sinkt insgesamt.

Das Problem liegt darin, dass inzwischen Gesamtvorgänge arbeitsteilig weit in Einzeltätigkeiten aufgespreizt sind. Man sieht zum Schluss nicht mehr, welcher Teilvorgang für das Gesamtergebnis, also die Befriedigung eines echten Bedürfnisses, notwendig ist und welcher es nicht wäre.
Einfacher gesagt: Um seinen Hunger mit einem Apfel zu mindern, braucht man keinen Wächter. Solange aber alle hungrig waren, war es sinnvoll, einen Wächter einzusetzen, damit ein paar Wenige sich Gedanken darüber machen konnten, wie der Hunger generell bekämpft werden kann. Dieser Vorgang verselbständigte sich: Diejenigen, die nun keinen Hunger mehr hatten, benutzten ihre Mitmenschen in erster Linie dazu, dass es nur ihnen selbst besser ging. Also brauchten sie mehr Wächter und Kontrolleure der Wächter und Berechner ihres Besitzes und Entwickler neuer Apfelsorten und Registerführer, die das Recht wirtschaftlich Ausgesuchter schützten, die neuen Apfelsorten zu nutzen …

Nicht bei allen Vorgängen wirkt das Recht kapitalistischer Marktwirtschaft so unmittelbar menschenfeindlich wie bei Generika. Wenn jemand bestimmte Musik nicht hören kann, stirbt er nicht daran. Wenn aber die relativ hohen Forschungskosten ein „Rechtssystem“ begründen, durch das Medikamente für eine erhebliche Zahl von Menschen Tod bringend unerschwinglich sind, obwohl ihre Produktion selbst relativ billig ist, so ist dieses System nicht nur änderungsbedürftig, der Kommunismus könnte hier im unmittelbaren Sinn Leben retten.

Es gibt inzwischen eine Unzahl von Tätigkeiten, die für das gute Leben der Allgemeinheit so sinnlos sind wie Downloadsperren oder Kopierschutzprogramme. Wir merken es nicht, weil wir uns an sie gewöhnt haben und für sie bezahlt werden. Da sie mitunter sogar sehr gut bezahlt werden, müssen sie ja wohl notwendig sein. Aber sie sind für die Menschheit als Ganzes kontraproduktiv. Immer mehr Arbeiten bewirken nichts Anderes, als dass ein Ergebnis nur einigen Wenigen zufällt - obwohl sinnvollerweise die, die solche Arbeiten ausführen, in dieser Zeit neue Produkte zum Befriedigen von Bedürfnissen herstellen könnten. Das ist so lange noch kein Grund für Kommunismus, solange sich beim Wegfall aller Kontrolleure und Wächter nur insgesamt der Mangel verbreitete - wenn auch vielleicht etwas gemildert. Sprich: Solange jemand hungern MÜSSTE, könnte es keinen Kommunismus geben. Also stellt sich die Frage, an welcher Stelle der Entwicklung der potentielle Reichtum einer menschlichen Gesamtgesellschaft ausreichend groß wäre. Eben das wollte ich dir sagen: Wahrscheinlich hätten wir längst abspringen können vom Zug.

Allen Fortschrittsskeptikern zum Trotz gibt es darauf eine Antwort: In dem Moment, in dem wir alle menschlichen Grundbedürfnisse ausreichend gut bei jedem Menschen befriedigen können, kann der entfaltete Kommunismus kommen. Andersherum gesehen: Der Anteil an konkreter menschlicher Arbeit zur Beseitigung jeden alltäglichen Hungers muss weltweit klein geworden sein. Hier ist auch noch der Sozialismus als Zwischenentwicklungsstufe technisch nötig. Im Moment gibt es nicht nur zu viele Menschen, die ihre Lebenszeit damit totschlagen, nicht zu hungern und zu dürsten und ein Dach über dem Kopf zu haben – es gibt sogar Menschen, denen nicht einmal das vergönnt ist. Dies muss weltweit zu einem maßgeblichen Teil durch Maschinen, also vergegenständlichte Arbeit, erledigt werden. Wie dies passieren kann, wird von Sachgebiet zu Sachgebiet anders ausfallen. Die Variante Musik hat dabei nur besonders positiven „Mustercharakter“.

Prinzipiell hätte da jeder Mensch irgendwann ein Empfangsgerät angeschafft, das nur noch zu warten und ggf. durch ein tatsächlich verbessertes zu ersetzen wäre. Mit diesem kann er uneingeschränkt alle Musik aus dem Weltnetz herunterladen, die seit der Entwicklung geeigneter Tonträger jemals Menschen mit Vergnügen am Musizieren gemacht haben. Das hindert natürlich niemanden daran, sein Vergnügen in der tatsächlichen Begegnung mit seinem Lieblingsmusiker zu suchen - so, wie es zweifelsfrei ein faszinierendes Erlebnis für die Musiker bleiben wird, live vor Publikum zu spielen.
Auf diesem Gebiet ist für den "Kommunismus" die technische Voraussetzung gegeben.

Bei vielen anderen Vorgängen stellt sich die Problematik heute noch anders dar. Da ist es für den in betriebswirtschaftlicher Beschränkung denkenden einzelnen Unternehmer sogar "billiger", sich gegenseitig niederkonkurrierende Arbeiter einzusetzen als automatisierte Strecken zu schaffen. Die setzten ja auch globale Planung des Absatzes voraus. Und für den betriebswirtschaftlich beschränkten Unternehmer ist es eben "sinnvoller", Waffen für staatliche Abnehmer zu produzieren als echten Massenbedarf befriedigende Großanlagen.

Die Großanlagen sind aber der Eckpfeiler, der neben dem "Handwerksbetrieb" stehen wird (oder, bei anderem Betrachtungswinkel, umgekehrt). Die Fortschrittsgläubigkeit der vergangenen Marxisten hatte nur den Mangel, den Trend zu Mehr und Größer mathematisch geradlinig fortschreiben zu wollen. Dass DANEBEN ein ausufernder Bereich von „Kunst“ in weitem Sinne sich entfalten könnte und müsste, wurde nur abstrakt erfasst.
Ich verstehe hierbei unter Kunst nicht die Ausübung einer abschließenden Zahl von "Künsten", sondern alle Tätigkeiten, bei denen man nicht mehr auseinanderhalten kann, was das Entscheidende ist:
Das Vergnügen des Empfängers bei der Befriedigung seines Bedürfnisses,
das Vergnügen des "Künstlers" im und am Schaffensprozess oder
das Vergnügen des "Künstlers" am Wissen, dass und wie sein Produkt einem Anderen Vergnügen bereiten wird. Zusammengenommen eine Art „Kulturrevolution“ ...
Dass das drei voneinander unterscheidbare Dinge sind, können Künstler aller Zeiten und Gattungen bestätigen. Welches am stärksten zurücktritt, wenn jedes "Vergnügen" erst durch die Sieblöcher erhofften "allgemeinen Äquivalents" muss, also wenn nur "Bares" "Wahres" ist, können die meisten heutigen Künstler heute nicht entscheiden. Nur, dass "man" von Kunst schlecht leben kann.
Auch das ist mit dadurch begründet, dass das eigentliche Bedürfnis bereits technisch zu befriedigen ist: Jeder kultivierte Bürger Europas kann sich Bilder jeden Malers in ihrer Farb-Schönheit an die Wand hängen, um sie geschmackvoll zu schmücken. Das Prädikat der "Echtheit" ist ein dafür nicht erforderlicher Sonderfall.

Die kommunistische Arbeitswelt wird sich demnach wohl zwischen drei Extremen bewegen:
Das eine Extrem habe ich mit der Musikproduktion angedeutet. Der Anteil an „lebendiger Arbeit“, der im fertigen „Produkt“ erkennbar ist, schrumpft immer weiter auf Werte nahe Null. Sehr nahe Null kommt man zum Beispiel durch Automaten / Roboter, die selbst Automaten / Roboter herstellen. Die aktuelle Arbeit wird dort durch früher vergegenständlichte verrichtet. Man muss da sehen, dass der Bau solcher Roboter bauenden Roboter eine Investition in die Zukunft bedeutet. Ein paar Menschen, die daran arbeiten, werden aber immer nötig bleiben.

Das zweite Extrem ist die Gegenseite, die „Kunst“. Hier wird in erster Linie produziert, weil die „Produktion“ den „Produzierenden“ (und einigen Anderen) einfach Spaß macht. Im Großen und Ganzen ist das eigentliche Bedürfnis auch technisch lösbar: Jeder könnte sich eine Kopie der Mona Lisa ins Wohnzimmer hängen. Der Kunst-Charakter der „Arbeit“ bedeutet, dass Arbeitsaufgaben die Arbeitenden voll vereinnahmen. Marx nannte das Arbeit als „erstes Lebensbedürfnis“. Ich konkretisiere das zur „Freude am Schaffensprozess und am Produkt“ für den Schaffenden. In diese Kategorie fällt auch ein echter Kleingarten. Für die Bekämpfung von Hunger darf weltweit im Kommunismus Kleinfeld-Wirtschaft nicht mehr nötig sein – aber für eine hohe Qualität und Diversifizierung des Angebots. Also jeder muss ohne Handarbeit satt werden, aber mit Handarbeit wird man angenehmer satt. Also auch „Handwerk“ gehörte dazu. Was dabei entsteht, ist nicht „überlebenswichtig“ für die Menschheit, hebt aber die Lebensqualität allgemein an und macht eben Freude.

Das dritte Extrem sind die direkten Arbeiten am Menschen. Die werden den weitaus größten Anteil aller Weltarbeitszeit ausmachen. Wobei sich auch heute anders geartete Tätigkeiten unter kommunistischen Vorzeichen in solche Arbeiten verwandeln werden. Ich halte den heute schon gebrauchten Ausdruck "Care"-(also Sorge-)Arbeit für zu kurz greifend. Natürlich gibt es Überschneidungen und Verschiebungen zwischen den Extremen. So ist damit zu rechnen, dass die unmittelbare Chirurgie immer mehr rein technische Vorgänge umfassen wird, also dass mehr Operationen durch Roboter übernommen werden (ganz oder teilweise). Das ändert aber nichts daran, dass alle medizinischen Berufe direkte Fürsorge-Arbeiten bleiben beziehungsweise wieder sein dürfen. Mitmenschliche Fürsorge im weitesten Sinn unterscheidet sich also von den anderen Arbeiten dadurch, dass ihr Wesen in der unmittelbaren Kommunikation zwischen Menschen, die ein Bedürfnis haben, und solchen, die es befriedigen, besteht. Ihre Intensivierung steht ihrem Sinn entgegen. Wer zu einem anderen Menschen nett ist, kann nicht dadurch netter sein, dass er schneller nett ist. Insofern können solche Tätigkeiten erst über den Kommunismus aus dem Schattendasein im auf Geldertrag fixierten Leben treten. Für diesen Bereich versagt die marxistische (Mehr-)Werttheorie und es gibt keinen „Doppelcharakter der Waren produzierenden Arbeit“ - es sind also wirklich Tätigkeiten, die ihre ihnen zukommende Wertschätzung erst dann erreichen, wenn es keine „Marktwirtschaft“ mehr gibt.

Insgesamt wäre wohl mit dem heute auf der Welt vorhandenen Arbeitskräftepotential, sofern es sinnvoller eingesetzt würde, bereits eine „kommunistische Welt“ erreichbar. Das schlösse aber ein, dass wir kurzfristig den Charakter der Arbeiten veränderten. Sie müssten bewusster auf ein vernünftiges Ziel, sei es nun die Verbesserung künftiger Arbeitsbedingungen oder die „Menschlichkeit“ der konkreten Aufgabe ausgerichtet werden. Damit stiege tendenziell das Vergnügen am Arbeiten, insgesamt wäre weniger Arbeit zu leisten und dabei besonders weniger stupide. Das geht nur dadurch, dass sich die Verhältnisse, unter denen gearbeitet wird, radikal ändern. Das Hauptziel der Arbeit, für einen Besitzer Profit zu schaffen, muss und kann durch das Ziel, Bedürfnisse zu befriedigen, ersetzt werden, wenn die Produktionsmittel eben nicht mehr Kapitalisten gehören.



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