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Donnerstag, 8. Dezember 2011

Sanktionsgemeinschaft Kommunismus


Gemeinsame Rast


Setz dich zu mir!
Nimm den
Rucksack
von den Schultern!
So schwer drückt
die angenagte Vergangenheit,
die du hineingestopft.

Meine aus dem Frost
schwimmt schon im Suppentopf.
Schnell dazu, was
lange braucht,
bis es weich wird.
Gemeinsam löffeln wir
alles Eingebrockte aus.

Beim Kauen dann
kommt Appetit auf
morgen.





Es wird wohl in dieser Zukunft nicht viele Untaten geben, mit denen du dir die moralische Ächtung deiner Mitmenschen als schwerste gesellschaftliche Strafe „verdienen“ kannst. Ich könnte mir vorstellen, „Verschwendung von gemeinschaftlich Geschaffenem“ gehört dazu. Dabei gibt es natürlich welche, die besonders ins Auge fällt. Wenn jemand versuchte, ein eigenes „Schloss“ mit Park (bildhaft gesprochen) allein zu nutzen (oder Ähnliches) würde dies sofort bemerkt, der Zusatzreserve-Privatwagen auch. Schwieriger wird die „gesellschaftliche Kontrolle“ erst bei kleinen Dingen. Hier muss ja gleichfalls eine allgemeine Ausgewogenheit entstehen … und kein allgemeines Denunziantentum. Nicht dass der Eine dem Anderen seine private Sammlung verübelt. Aber beispielsweise, wenn jemand so viel Milch oder Obst privat „hortet“, dass ein Teil davon ungenutzt, weil inzwischen verdorben, weggeworfen würde, geht das den Nachbarn auch etwas an. Dazu kommt, dass niemand wirtschaftlich genötigt ist, abgetragene oder ausgesonderte Sachen anzuziehen. Es gibt ja Menschen, die ihre Sachen „abtragen“, aber das ist doch nicht der Regelfall. In der Masse könnte dies zu einer beträchtlichen Menge zusätzlich zu produzierender Produkte führen.
Wir sollten aber nicht vergessen, dass der Haupttrend die Hervorhebung der Individualität ist. Im Wesentlichen wird es also normal sein, dass die meisten Sachen tragen, die zu ihnen (ihrer Meinung nach) besonders gut passen und nicht bestimmter Trendmerkmale wegen. Das heißt nicht, dass es keine Mode mehr gäbe – aber da die Zahl der Mode-“Schöpfer“ größer sein wird, nimmt die Zahl derer, die ihnen folgen, genauso ab, wie die Zeit zunimmt, in der „man“ einem Einzeltrend folgt. Es gibt also wesentlich weniger Druck, im Trend „modisch“ zu sein. Das, was die individuelle Note betont, tut dies wahrscheinlich auch im Folgejahr. Der Effekt, sich ein neues Stück geleistet zu haben, tritt zurück hinter der Frage, ob die bisherigen weiter passen bzw. man kein Verschwender sein möchte.
Die Ess- beziehungsweise Speisekammergewohnheiten werden bewusster aus individueller Selbstdisziplin erwachsen. Hier sollte man nicht vergessen, wie gesellschaftliche Gegebenheiten Gewohnheiten beeinflussen: Ein Teil des „Hortens“ heute beruht ja auf der Annahme, ein Sonderangebot / „Schnäppchen“ erwischt zu haben (erwischen zu müssen) oder etwas billiger zu bekommen, wenn man mehr davon nimmt usw. Dies fällt weg. Die Kombination eines unbeschränkten „Internets“ mit rechnergestützter Planung von Produktion und Verteilung gleicht im Normalfall jeden Mangel relativ kurzfristig aus. Wenn die Systeme entsprechend abgestimmt sind, können auch Kleinproduzenten mit Spezialinteressengruppen weltweit zusammenkommen. Man kann davon ausgehen, zu bekommen, was man braucht und wann man es braucht – ohne suchen zu müssen, wo man es eventuell günstiger bekommt.
Dass die „Markenartikel“ einen neuen Nutzer finden, ist technisch einfacher geworden. Jeder ist gewohnt, sich im Internet zu informieren, wo es was in seinem Sinn gibt.

Die entscheidende kommunistische „Gewalt“ ist eben die öffentlich gelebte Gewohnheit. „Bekämpft“ man nicht die Wurzel des Problems, sondern nur das Symptom, also beispielsweise den „Diebstahl“, reproduziert es sich immer wieder – entzieht man ihm den „logischen“ (sozialen) Boden, treten die Symptome immer seltener auf.

In minimalem Umfang aber bleibt „Kriminalität“ (womit ich nicht ausschließen will, dass auch der Begriff selbst neu gefasst wird). Alles hat schließlich seine Grenzen: Obwohl jeder seinen Rembrandt o. Ä. an die Wand hängen kann, wäre das natürlich immer nur eine - wenn auch gut gemachte - Kopie. Die echten Rembrandts gibt es logischerweise nur einmal. Zumindest auf dem Gebiet solcher Künste wie der Malerei wird dies nur eine Lösung zulassen: Bestimmte Originale dürfen nur öffentlich verwalteter (und zugänglicher) Weltbesitz sein. Dies wird ergänzt durch die moralische Ächtung derer, die solch „Weltkulturerbe“ nicht der Welt gönnen … Für den Beweis des persönlichen „Kunstverstandes“ / Geschmacks reicht auch eine Kopie.

Da die Zahl der Künstler (hier tatsächlich im heutigen engen Verständnis von Künsten gedacht) sprunghaft steigen wird, wird die Entwicklung einzelner Fan-Gruppen im Mittelpunkt stehen – und nicht die Bemühungen einzelner Ateliers, über den Verkauf von Kunstwerken effektvoll vermarkteter Künstler Geld zu verdienen.
Zu Lebzeiten wird es normal sein, „wertlose“ Originale als Geschenk von Freunden zu besitzen, die natürlich für den Beschenkten besonderen emotionalen Wert haben. Eine besondere Nach-Würdigung kann es sein, durch die Empfehlung der Freundeskreise in öffentlichen Museen zu landen. Solche Freundeskreise sind in gewisser Hinsicht zu Lebzeiten praktizierte private Dauerausstellungen.

An sich, so male ich mir das aus, kann dies zum Muster für viele Vorgänge im praktischen Leben dienen. Eigentlich bei allem, wo es zu einem Original Kopien oder Nachahmungen geben kann. (Wo ist das denn nicht der Fall?) Hierbei wird es für Fälle des „Verbrauchs“ eben „gesellschaftliche Einrichtungen“ geben und eine „Politik“, die solchen Verbrauch im Sinne von Belohnungen regelt. Du erinnerst dich an das Beispiel mit den Malediven? Also nicht irgendwelche käuflichen Berufspolitiker, sondern die Gemeinschaft der interessierten Weltnetz-Nutzer, deren Entscheidungsfindung dann das sein wird, was wir heute Politik nennen. Analog kann selbst bei seltenen natürlichen Speisen verfahren werden. Immer wieder gibt es ganz pragmatische „Politik“ zu gestalten: Wem wird welches „Sonderrecht“ eingeräumt? „Verdient“ hätte es ja jeder. Warum wird was gemacht – und was nicht? Es wird, um es mit einem heutigen Ausdruck zu sagen, „Transparenz“ herrschen – allerdings mit dem Unterschied, dass jedem Menschen eben auch das Recht zusteht, an allen Entscheidungsfindungen mitzuwirken. Es spricht aber auch nichts dagegen, dass die Gemeinschaft der „Internetnutzer“ die Vergabe eines Vorzugs per Losverfahren wählt – wenn sich eben kein einleuchtender Grund für eine Bevorzugung findet.

Jeder hat die Zeit, sich als „öffentlicher Mandatsträger“ an seinen „Computer“ zu setzen, sich über seine Interessengebiete Informationen einzuholen und „seine Stimme abzugeben“. Diese Entscheidungen sind prinzipiell jeweils neu entstehendes „Recht“. Das ändert nichts daran, dass es „Repräsentationsorgane“ für alle grundsätzlichen und wesentlichen Dinge des öffentlichen Lebens geben wird. Nur haben die nicht mehr zu entscheiden, als sie als Mensch sowieso würden. Nur schieben sie leichter Fragen an vordere Positionen der allgemein zugängigen Entscheidungsliste und werben für bestimmte Schlichtungsregelungen. Prinzipiell kann ja jeder „Miterdenbürger“ Fragen zur gemeinschaftlichen Entscheidung einreichen. Die öffentliche Resonanz bewirkt dann ihre Lösungsintensität. Wenn natürlich unerwartet Gäste von einer Orion-Intelligenz auf der Erde erschienen, müssten irgendwelche konkreten „Volksvertreter“ die Erde repräsentieren. Ansonsten werden sie zu diversen Veranstaltungen eingeladen und haben einen gewissen öffentlichen Einfluss allein dadurch, dass sie häufiger in „offiziellen“ Medien zu sehen, hören und lesen sind … und weil sie bei solchen Gelegenheiten Kompetenz bewiesen haben sollten, sonst wählt sie nämlich niemand..

Umgekehrt ist es eine unausgesprochene „Sanktion“ nicht dazuzugehören. Jeder Mensch kann frei über seinen Anteil an der Gestaltung aller relevanten Fragen der ihn interessierenden Gemeinschaften entscheiden. Er muss sich nicht ins Netz einloggen. Er muss keine Kunst machen. Er muss keine Kunst sammeln. Er muss – mit kleinen, bereits angesprochenen Ausnahmen – nicht arbeiten. So wie er mit niemandem auf irgendeine Art „kommunizieren“ muss.
Aber bei jedem wurde in jungen Jahren der Grundstein geschaffen, dass er es kann. Und aus dem Kreis derer, die können, erwächst ein Kreis derer, die es wollen … und derer, die es tatsächlich tun. Sie sind die, die in erster Linie einander das Gefühl vermitteln, gebraucht zu werden. Warum solltest du so masochistisch sein, dir selbst zu vermitteln, niemand brauche dich?

Der nötige „Überfluss“ in jeder Beziehung ist beachtlich. Ständig reproduzieren sich neue Widersprüche – in erster Linie, weil keines Menschen Selbstbild mit seinem Selbst-Sein identisch ist. Auch wegen der ständigen Entwicklung der Persönlichkeiten. Also muss es immer wieder neu dazu kommen, dass „man“ merkt, am aktuellen Platz nicht „optimal“ zu sein. Die Partner in den verschiedenen Gruppen sind dabei fast immer hilfreich.
Natürlich nur „fast“ oder im Wesentlichen. Denn nur vom Grundsatz her ist kein materieller Grund mehr vorhanden, einem anderen einen Misserfolg zu wünschen. Solcherlei Gründe sind heute noch das vorherrschende praktische Lebensprinzip auf allen Ebenen. Da das weggefallen ist, verändern sich auch über das „Arbeitsklima“ hinausgehend ALLE Beziehungen der Menschen – ob sie wollen oder nicht. Das ändert natürlich nichts daran, dass es zu „Rollenkonflikten“ kommt – und sei es, dass diese „Rolle“ die Liebe eines ganz konkreten einzelnen Menschen wäre, die man haben möchte, aber nicht bekommt. Wenn die juristischen / ökonomischen „Chefs“ weg sind, sind die „Machtspiele“ um Anerkennung nicht verschwunden – allerdings muss „man“ eher mit positivem Verhalten punkten. Das gilt ähnlich für Gewalt. Ihre Rolle schrumpft im Zwischenmenschlichen, je weniger Konfliktlösungspotential ihr praktisch in den verschiedenen erlebbaren Bereichen zugebilligt wird. Natürlich kann man keine gerade Linie ziehen zwischen Kriegen in aller Welt und der Bereitschaft konkreter einzelner Menschen, zur „Lösung“ ihrer Probleme Gewalt einzusetzen. Aber jedes „gelungene“ Beispiel, jeder erlebte Fall, dass „der Stärkere“ (im engeren wie weiteren Sinne) sich durchsetzte (und nicht „der Bessere“), weckt und verstärkt das animalische Bedürfnis, der Stärkere zu sein.

Alles, was mit dem Begriff „Gewalt“ verbunden ist, wird deshalb ein Sonderfall des Lebens unter kommunistischen Verhältnissen sein – aber es ist eben nicht restlos verschwunden. Widersprüche und Unzufriedenheiten sind ja nicht per se etwas Negatives. Erst wenn „man“ etwas als störend empfindet, geht man die Lösung des Problems an. Das schließt ein, dass man im Weg und im Ziel irrt. Sofern du diesen Begriff auf Kriege beschränkst, also auf Kriegshandlungen, Staatsterrorismus in engem oder weitem Sinn und Handlungen einzelner Menschen, die daraus direkt abzuleiten sind (zum Beispiel sadistische Folterexzesse), so gibt es sie natürlich nicht mehr. Das allein sollte vielen als Argument für eine solche Gesellschaft schon ausreichen.
Ich glaube aber auch an eine extreme Minimierung bei indirekten Gewalthandlungen. Die sind natürlich schwerer abzugrenzen. Nur hältst du nicht auch einen sozial Hoffnungslosen für tendenziell eher gewaltbereit als jemanden, der um genug andere Möglichkeiten weiß sich auszuleben? Da es im Kommunismus keine soziale Ausgrenzung in großem Maßstab gibt (und überwiegend überall jeder „Migrant“ ist), existiert kein Nährboden für daraus erwachsende individuelle Gewalt – also ist eine Institution überflüssig, die solche Gewalt den Normen einer Staatsmacht unterwirft.

Der Anfang der ganzen Kette liegt darin, dass es keinen Besitz gibt, der über eine soziale Rangfolge entscheidet: Niemand ist mehr „wert“, weil er mehr hat. Keine Gruppe besitzt „Produktionsmittel“ (Mittel überhaupt), mit der sie eine andere ökonomisch dazu zwingen könnte, für sie zu arbeiten. Es kann sogar jeder die Dinge / „Güter“, über die er unmittelbar verfügen will, von der Gemeinschaft anfordern, sie technisch bestellen und – von den beschränkt vorhandenen „Originalen“ einmal abgesehen – auch erhalten. Jeder kann sich also materiell so als Persönlichkeit entfalten, wie er dies für angemessen erachtet, sofern er andere Persönlichkeiten damit nicht beschränkt.
Wenn es also nichts zu stehlen gibt, braucht auch keine Diebstahlsbekämpfung organisiert zu werden. Selbst ganz individuelle Verbrechen haben einen wesentlich kleineren Nährboden. Es verändert langfristig die Persönlichkeit, wenn das gesellschaftliche Phänomen, dass andere etwas besitzen, was man gern hätte und nicht haben kann, einfach nicht mehr existiert. Und es verändert die Beziehung zwischen Menschen langfristig einschneidend, wenn es keine materiellen Abhängigkeiten mehr gibt. Der seinen Partner Prügelnde kann eben heute grinsend sagen, „Geh doch!“, weil er genau weiß, dass der (die) so Angesprochene dann mit leeren Händen dasteht. Diese Sicherheit der Macht löst sich in Nichts auf, wenn der (die) so Angesprochene um den Neuanfang in gleichwertiger neuer Situation weiß … ohne prügelnden Partner. Und wer von einer Arbeit nach Hause kommt, die ihn mindestens nervlich total ausgelaugt hat, hat es schwerer, sich Partner und Kindern gegenüber angemessen zu verhalten, als jemand, der durchschnittlich befriedigt in die private Tageszeit übergeht.
Also in gesellschaftlicher Hinsicht ein Paradies – und zwar insbesondere für die heute sozial Benachteiligten. Aber eben nur in gesellschaftlicher Sicht …

Ich hoffe, dass ich glaubhaft machen konnte, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen den weltweiten Umfang an „Verbrechen“ extrem reduzieren werden. Ich halte es für vorstellbar, dass die verbliebenen „Verbrechen“ sogar so wenige werden, dass sie vernachlässigt werden könnten. Brutal ausgedrückt: Wer sich unter solchen Bedingungen daheim verprügeln lässt, ist „selber schuld“, wenn er es nicht beendet.
Eine solche Grundeinstellung wäre aber nicht kommunistisch. Zum kommunistischen Menschenbild gehört die Sorge um das nachbarschaftliche Wohlergehen. Vergessen wir nicht, dass es sehr wohl weitere reale Abhängigkeiten Schwächerer geben wird. Ich denke da zum einen an die Kinder, zum anderen an im weitesten Sinne „Kranke“ beziehungsweise „Behinderte“. (Selbst die fortschreitenden medizinischen Erfolge lassen immer wieder neue Lücken offen, die die Einzelnen nicht schließen können.)
Zu den „Kranken“ rechnen natürlich auch die, die nicht direkt „Opfer“ sind, sondern zum Beispiel Sexualstraftäter. Nicht jedes traumatisierende Ereignis lässt sich trotz bestem Wollen durch „die Gesellschaft“ verhindern, nicht jede genetische Disposition als gefährlich entschlüsseln und korrigieren. Um also beim Beispiel der Sexualstraftäter zu bleiben: Es ist der Gemeinschaft nicht zuzumuten, sie zu ignorieren und den Einzelnen nicht, sie verfolgen zu müssen. In dieser Betrachtung nenne ich auch einen Mörder aus Eifersucht „Sexualstraftäter“.
Also muss eine hoch spezialisierte „Polizei“ weiter existieren.

Du kannst wahrscheinlich nicht vorstellen, wie die „öffentliche Gewalt“ mit dem Privatleben der Einzelnen verknüpft werden sollte, weil wir heute d nach möglichst maximalem Schutz unserer Privatsphäre schreien müssen. Aber warum sollte diese juristische „Privatsphäre“ unter den veränderten Bedingungen nach (!) dem Sozialismus nicht vom Prinzip wesentlich kleiner sein dürfen. Du musst dann ja berücksichtigen, dass es im Wesentlichen kein privates Detail gibt, dessen Öffentlichkeit dem Betroffenen schaden kann. (Ansonsten wären es keine privaten Details mehr.) Oder umgekehrt: Die Jagd nach persönlichen Details bringt im Prinzip niemandem gesellschaftlichen (ökonomischen) Vorteil. Der Kampf um persönliche Sympathien einmal ausgeklammert.
Es darf also „normal“ sein, dass „man“ weiß, was in den Nachbarschaften (wohnlich, arbeitsmäßig, persönlich) „so los ist“. Dass frühzeitig „moderierende“ Vertrauensleute vor Ort existieren. Sie sind sozusagen die niederste „Instanz“ der Nachbarschaftsbetreuung, was nicht heißen muss, aber kann, dass „Vertrauensmann“ ein „Beruf“ ist. Es kann auch ein Wahlamt sein. (Es darf ja keine Tratsch-Denunziation werden, also professionell vertrauensvoll muss es sein.)

Für technisch einwandfreie Spurenauswertung bei trotzdem nicht verhinderten Verbrechen setzt eine Berufspolizei ein. Ihr kommt dann auch ein Gewaltausübungsrecht zu. Es wird auch im entfalteten Kommunismus ein Verbrecher verhaftet werden - unter Umständen wie in heutigen Kriminalfilmen.
Danach aber wird wieder alles anders.
Richtiger: Ansätze dessen, was dann kommen kann, könntest du dir, wenn du in der DDR gelebt hättest, etwas leichter vorstellen. Dort war das System von gesellschaftlichen Gerichten, der Einheit von Berufsrichtern, Laienschöffen usw. schon praktisch in der „Erprobungsphase“. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass dieses System in der DDR als gesellschaftliches Problem betrachtet werden musste, im Kommunismus aber ein „individualistisches“ ist. Also irgendwo festgeschriebene „Strafen“ können nur Notbehelf in unlösbar erscheinenden Fällen sein. Normalerweise werden auch individuelle Lösungen der jeweiligen Probleme gesucht und gefunden werden. „Sexuelle Störungen“ sind erst einmal etwas Medizinisches. Und Vorrang hat die Wiederherstellung der geschädigten Opfer.

Doch eigentlich müsste ich damit beginnen, dass der Begriff neu gefasst wird. Denn das „Wesen“ der „kriminellen“ Handlung besteht ja nicht mehr im Verstoß gegen formal festgeschriebene Rechtstatbestände. Ein – bleiben wir bei dem Beispiel – Sexualstraftäter handelt in erster Linie krank. Er bereitet Anderen bewusst (?!) Leiden – und zwar welche, die nicht einmal in für ihn selbst akzeptablem Verhältnis zum vorübergehenden Gewinn stehen. Er braucht also Hilfe zur Selbstbeherrschung.

Klar. Die Gesellschaft muss sich den Luxus leisten, solche Verbrechen möglichst umfassend aufzuklären. Dies wird bereits dadurch leichter, dass es nicht mehr um die Feststellung eines juristischen Sachverhalts geht. Es muss unter Ausschluss der Straffrage „normal“ sein, dass über angemessenen menschlichen Umgang miteinander geredet wird – und zwar relativ öffentlich. Was danach kommt, wäre die Behandlung von Opfer und Täter. Dabei werden Strafen im engeren Sinne generell die Ausnahme sein. Das heißt nicht, dass es keine unterschiedlich restriktiv geführten „Bewährungslager“ geben wird. Sonst würde ja gegen das Prinzip der Vielfältigkeit verstoßen. Aber wichtiger als die Einlieferung in eine Schule für Kriminalitätsausübung (als welche heutige „Gefängnisse“ verstanden werden können) ist die Therapie gegen Wiederholung, die bei den Ursachen ansetzt. Wobei … noch wichtiger ist natürlich die Therapie der Opfer. Das gesellschaftliche Hauptprinzip muss logischerweise sein, Traumatisierungen jeder (!) Art zu beseitigen.

Die schwerste Strafe unter kommunistischen Bedingungen sind Einschränkungen der Kontaktmöglichkeiten. Im Gegensatz zum Normalfall, wo jeder frei entscheiden kann, in welchem Umfang jemand wo dazugehören möchte, erfolgen je nach Einzelfall Beschränkungen. Man könnte es wie subtile Weiterentwicklungen der „elektronischen Fußfessel“ auffassen, die mit dem zeitlich begrenzten Verbot beginnen könnte, bestimmte Internetseiten aufzurufen. Dem „Bestraften“ werden aber weit gehende Wiedergutmachungsrechte eingeräumt.

Um es einmal so zu sagen: Die kommunistische Gesellschaft muss sich zwei Arten von „Moderatoren“ leisten: solche, die öffentlich wirken und solche, zu denen man vertrauensvoll gehen kann, wenn man „Eifersucht“ o. Ä. empfindet.
Natürlich braucht die Gesellschaft ihre materielle Basis. Also das, was materiell verbraucht wird, muss zuvor produziert sein. Aber diese Frage stellt sich anders, wenn die tatsächliche menschliche Hand weitgehend durch Technik ersetzt wurde. Kommunistisch wird die Sache erst, wenn es wirklich um die Entfaltung der einzelnen Persönlichkeiten mit ihren Bedürfniswelten geht. Dort steht an erster Stelle natürlich die Gesundheit. Was das bedeutet, wird im Kommunismus besonders weit gefasst.
Wann sich jeder am wohlsten fühlen, das ist natürlich eine ganz individuelle Angelegenheit, es wird bereits in frühem Kindesalter geprägt: Fühlt sich jemand in Gemeinschaften wohl, lernt er beflügelnde kennen, findet er Felder von Genuss und Bestätigung oder bleibt er bei der heutigen Meinung, mit Kämpfen gegen Andere, vielleicht sogar potentiell Schwächere, sich selbst erhöhen zu können? Nach entsprechender Bestätigung und damit Festigung einer bevorzugten Strategie wird er sich weiter so verhalten und gesehen werden.
Das System der Motivationshilfen für gemeinschaftskonformes Verhalten muss extrem individuell ausgerichtet sein. Sicher ist allerdings, dass es solche (auch negativen) Motivationshilfen geben wird. Das Hauptziel der Gesamtgesellschaft ist ja die maximale Ausprägung jeder einzelnen Individualität. Die führt aber zur Kollision mit den berechtigten Interessen anderer Individuen.

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