Montag, 22. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan

Weil dies immer wieder neu auftaucht, ein paar Worte zum Begriff „Planwirtschaft“.
Es ist ein grausiges Problem. Wer „Marktwirtschaft“ und „Planwirtschaft“ als Pole entgegenstellt, ist schon am Sonnentau ideologischer Manipulation festgeklebt. Wir müssen erst einmal klarstellen:
Das, was mit Blick auf den „Ostblock“ heute „Planwirtschaft“ genannt wird, ist wirklich treffender „Kommando-Wirtschaft“ zu nennen, selbst, wenn dies abwertender klingt, als es eigentlich gemeint ist. Zu Zeiten des „Realsozialismus“ des 20. Jahrhunderts, war eine echte Planwirtschaft weltweit gar nicht möglich. Die grundsätzlichen Beziehungen regelte „der Markt“ mit seinen ökonomischen Gesetzen. Objektiv, also unabhängig vom einzelnen Wollen. Sich gelegentlich andeutende Elemente von solidarischem Miteinander, die es auch gab, waren letztlich bremsende Kostenfaktoren.
Ohne es in Zweifel zu ziehen, wird die heutige Weltwirtschaft als „Marktwirtschaft“ den vergangenen Verhältnissen in den Übergangsgesellschaften gegenübergestellt.
Dabei gibt es diverse Eingriffe in den Markt mit unterschiedlicher Wirksamkeit.
Jeder Konzern versucht sich nicht nur in strategischer und operativer Planung, er versucht diese Pläne selbstverständlich auch nach innen direkt und nach außen indirekt durchzusetzen. Nach innen administrativ und mit Druck und nach außen versuchen Institutionen von der Art eines IWF wirtschaftliche Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass bestimmtes Handeln mehr, anderes weniger lukrativ erscheint, wodurch eine gewünschte Wirtschaftsentwicklung gefördert und teilweise erreicht wird. (Dass jede „Werbestrategie“ auch ein Mittel einer pervertierten „Planwirtschaft ist, in dem sie Bedürfnisse produziert, sei hier vernachlässigt.) Jeder sieht, dass es aber weiter weiter Krisen gibt. Jeder hat aber auch gesehen, dass trotz gigantischen Zusammenbruchspotentials der totale Zusammenbruch immer wieder verhindert, die klassischen Konjunkturkurve abgeflacht werden konnte. Solcherart Planung entspricht dem heutigen Niveau der Produktionsverhältnisse und es war eine Anpassung an Realitäten, dass frühsozialistische Ökonomen so etwas für ihr System einforderten – also Marktmechanismen bewusster einzusetzen.
Das aber, was im letzten Jahrhundert „Planwirtschaft“ genannt wurde, war positive Science Fiction. Das Dumme ist nur, dass es heute als Maßstab für die Bewertung einer wunderbaren Sache herangezogen wird.
Echte Planwirtschaft geht von kybernetischen Systemen aus. Technisch waren bis etwa 1990 nur geschlossene System überhaupt berechenbar. Das heißt, es waren gewaltsam Bedingungen durchzusetzen, um eine festgesetzte Einzelgröße zu gewährleisten. Die frühe sowjetische Raumfahrt bewies, dass dabei sogar in Einzelbereichen Erfolge erzielt werden konnten, die sich ihrem Wesen nach besonders stark einer Planung entzogen: Also in innovationsintensiver Wirtschaft. Die russische Militärtechnik heute hat noch immer Niveau, weil die sowjetischen Forschungspotentiale so relativ hoch entwickelt waren. Aber es ist natürlich keine Planung, zu befehlen, wir müssen x Kräfte auf y konzentrieren … und die anderen müssen sich auch anstrengen. Oder es werden Zahlensysteme konstruiert nach dem Prinzip „was wäre, wenn ...“
Ich sage nicht, dass das nicht sinnvoll gewesen wäre. Ich sage nur, dass es keine Planwirtschaft war und sein konnte. Dazu kommt, dass ein planbares geschlossenes System einfach nicht existierte. Das hätte Autarkie bedeutet. Also alle Rohstoffe und Produkte hätten innerhalb des eigenen Einflussbereichs gewonnen, verarbeitet und verbraucht werden müssen – ohne jeden Einfluss des „Weltmarkts“. Das war besonders absurd für die DDR, die 1945 in eine Gesamtwirtschaft mit industriellen Zentren im Westen fest eingebunden war. Gab es im Ostraum auch Chemie-Verarbeitung, so doch wenig Maschinenbau bzw. Stahlwerke. Eine moderne Wirtschaft ist globalisiert. Wirtschaftselemente ergänzen sich. Jeder macht das, wozu er die besten Voraussetzungen hat – wodurch er aber von Anderen abhängig wird. Selbst wenn diese „Anderen“ die sowjetischen Freunde mit ihren Bodenschätzen sind.

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