Dienstag, 7. Juni 2011

1. Abschnitt: Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand (1)


„Kommunismus“ ganz individuell? Am Ende sogar „individualistisch“?
Sollten sich bei mir irgendwo „Wissenschaften“ einschleichen, so möge man mir dies verzeihen. Dann dachte ich wohl, dass es an der Stelle nicht anders ging. An sich bin ich nur ein „Künstler“ - eine Bezeichnung, die nicht geschützt ist, sodass sich jeder Mensch damit schmücken kann – also eben auch ich. Als solcher gebe ich zu: Ich bin Individualist. Hielte ich „Kommunismus“ für eine verordnete Gleichmacherei im Sinne einer Kollektivierung, wäre das keine für mich wünschenswerte Zukunftsvorstellung. Für Massenparaden vorbei an einem Großen Vorsitzenden bin ich einfach nicht gemacht. Auch habe ich meine eigene Sicht darauf, was „vernünftig“ ist. Die muss man nicht teilen. Aber als ein penetrant aufdringlicher Schüler konnte ich es mir schon früher nicht verkneifen, dazwischen zu rufen und den Finger vor lauter Fragen oben zu behalten. Warum dann heute? Vielleicht hilft es auch der Fantasie Anderer auf die Sprünge … Sagen wir einem … oder zweien … oder ...
Eben weil ich so bedingungslos Ich-bezogen schreiben möchte, beginne ich einfach mit … meinem Anfang. Gut, nicht ganz, denn über meine Geburt kann ich nichts sagen. Da war ich zwar dabei, sogar als die Hauptperson, aber nicht so richtig voll da. Bedeutsamer für das, was aus mir wurde, war schon meine frühe Kindheit. Eigentlich kann ich mich auch an die nicht selbst erinnern, aber die Erzählungen darüber waren zahlreich und die Folgen habe ich handfester in Erinnerung.
Ich war nicht nur ein unvorhergesehener (unbeabsichtigter) Nachzügler, sondern wahrscheinlich von Anfang an ein sehr antiautoritäres, schwieriges Kind in einer autoritären Familie. Nicht hübsch und brav, sondern aufdringlich wie eine jener berühmten grünen Fliegen. Meine Eltern (also meine Mutter) fanden viele Gründe für den Einsatz diverser Gegenstände zur körperlichen Züchtigung. Ob mir dies geschadet hat, kann ich nicht beurteilen. Dabei geholfen, aus mir einen „anständigen Jungen“ zu machen, hat es jedenfalls nicht. Zu meinen frühkindlichen Besonderheiten gehörte eine ungewöhnliche Verbissenheit und gelegentliche Ausgüsse unerwarteter Intelligenz. Auf jeden Fall war ich häufig Gesprächsstoff der zusammen hockenden ältlichen Damen jener Siedlung, in der ich aufwuchs. Wahrscheinlich sei ich ein Wunderkind und würde eine Sensation für die Welt, meinten die. Welches Menschlein kommt denn schon im zarten Alter von fünf Jahren auf die Idee, wie ein Chronometer um den Dorfanger zu rollern und dabei laut bis zu einer Million zu zählen – nach 1000 allerdings in Tausender-Sprüngen. Ich wurde also gelegentlich herumgereicht, um Zeugnis meiner unbegreiflichen Rechenkunst vorzuführen. So zweifelhaft die Wunderkind-Diagnose der Dorf-Dämlichkeiten auch war, in mir ließ sie die Überzeugung wuchern, dass ich wohl etwas Besseres war als die Dorfgören. Wenn man also bei einem Fünfjährigen bereits von „Überheblichkeit“ sprechen kann, dann war ich das Muster frühen überheblich Seins. Mein Fehler nur: Ich zeigte dies den anderen Kindern gegenüber sehr abstoßend offen und gestritten habe ich mich wohl auch fast ohne Unterbrechung. Bald war ich völlig isoliert, ein echter Einzelgänger. Freunde hatte ich keine und aus dem Dorfkindergarten musste ich herausgenommen werden, weil ich regelmäßig und intensiv verprügelt wurde – und zwar von der Masse der anderen Kinder. Im ersten Schuljahr wurde ich zur Qual meiner Lehrerin, da ich zügellos über die Unfähigkeit der Mitschüler herzog, solche Babyaufgaben wie zehn minus drei auszurechnen. Wie wollten die denn dann 910 minus zwölf gleich 898 rechnen?  

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