Freitag, 31. August 2012

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1. Die ist ein Literaturblog. Es beansprucht künstlerische Freiheit.
2. Der Autor distanziert sich von jeder Form von Rassismus, Terrorismus und Herabwürdigung anderer Menschen.
3. Unsere Welt ist nicht so gut, dass wir nicht moralisch verpflichtet wären, sie verbessern zu wollen.
4. Dieses Blog steht auf dem Boden des Grundgesetzes und einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Er verstößt gegen keine Gesetze und hat dies auch nicht vor. Sollte dies ausnahmsweise doch der Fall sein, sollten wir uns bemühen, diese Gesetze zu ändern.


                             ???  Ein Gespenst geht um  ???


Was kann ich, Slov ant Gali, mir mit meinem heutigen Wissen unter "Kommunismus" vorstellen und warum?
Ein Buch darüber ist noch im Entstehen. Einige Textpassagen werden sicher noch wesentlich verändert, einige gestrichen ... Hier also ein Blick in die Arbeitsstufen ...

Dienstag, 14. August 2012

Zu Fragen der Bedürfnisse und des Bedürfnisses nach Arbeit (überarbeitet)


Wie „realistisch“ ist eine Formel „Jedem nach seinen Bedürfnissen“?
Ich gehe an die Sache heran wie der Indianer, der sagte, Mensch kann kein Stück von Mutter Erde besitzen, und der trotzdem, nein, gerade deshalb schonend mit all dem umgegangen ist, was diese Mutter Erde ihm gewährte.
Dass ich die Frage aufwerfen muss – auch linke Kritik zwingt mich dazu – liegt eben an unserem Denken, das selbst bei Linken von aktuellen Verhältnissen, also unserem Verständnis ausgeht. Also immer wieder: Nach kommunistischen Prinzipien allgemein zusammenzuleben, setzt Bedingungen voraus, die wir zuvor schaffen müssen - solche, die uns teilweise sogar seltsam vorkommen, und solche, die heute einige Menschen bereits angedacht haben.

Wir müssen beim Grundproblem beginnen, was „Bedürfnisse“ sind und wie sie entstehen. Unterscheiden sollten wir „elementare Bedürfnisse“ und solche „gesellschaftlicher Natur“. Elementare Bedürfnisse sind von der Natur vorgegeben. Wenn der Körper Energie braucht, dann „produziert“ er Hunger, wenn Flüssigkeit erforderlich ist, Durst; „irgendetwas“ muss gegen das Frieren gemacht werden, die Fortpflanzung der Menschheit ist mit sexuellen Reizen verbunden, ohne dass ein einziger Sexualpartner auf der ganzen Welt dabei an die „Fortpflanzung der Menschheit“ denken muss.


Alle anderen Bedürfnisse sind „gesellschaftliche“ - selbst solche, die sich auf die Qualität der Befriedigung der elementaren beziehen. Dem Hunger ist es egal, ob er durch Fleisch eines toten Rehs, Kartoffeln, Reis … oder Kaviar befriedigt wird. Es gibt natürlich Übergänge. Für eine „Rundumentwicklung“ wäre es das Beste, sich abwechslungsreich zu ernähren und regelmäßig auf bestimmte Inhaltsstoffe zu achten. Das Niveau der Befriedigung elementarer Bedürfnisse muss für den Kommunismus weltweit auf relativ hohem Niveau gesichert sein. Es darf im weitesten Sinne niemand „hungern und frieren“ müssen – und zwar bedingungslos kein Mensch. Es gibt seriöse Untersuchungen, die dies bereits heute technisch für machbar halten. Wenn ein gebildeter Europäer von „Bedürfnissen“ spricht, denkt er aber meist nicht an die elementaren. Er geht bereits davon aus, dass die befriedigt sind, weil er es im Gegensatz zu Bewohnern der „dritten Welt“ nicht anders kennt.

Schwieriger ist es mit den gesellschaftlich beeinflussten Bedürfnissen. Dort wirken Mechanismen, die wir uns heute schwer wegdenken können, um den Kommunismus zu verstehen, aber zumindest teilweise wegdenken müssen. Den wichtigsten dabei nenne ich vereinfachend „Neid“. Ich würde es für den heute entscheidendsten Antrieb nach dem Elementaren ansehen, dass viele Menschen etwas deshalb besitzen möchten, weil sie wissen, dass Andere es schon haben. Dieser „Neid“ lässt sich in Marxscher Weise noch weiter auseinandernehmen: Zuerst muss ein begehrbares Gut vorhanden sein. Das Begehren nach kernlosen Apfelsinen hielt sich in Grenzen, solange alle wussten, dass es keine gab. (Die störenden Kerne regten „nur“ die Fantasie an, wie schön es wäre, wenn es kernlose Früchte gäbe).
Zum Wesen klassenorientierter Marktwirtschaften gehört das bewusste Wecken des Besitz-Begehrens. Der, der ein beliebiges Gut zur Profit bringenden Ware machen will und muss, will unabhängig von allem Anderen (und sei es die Gefährdung der Gesundheit der Käufer), dass genau sein Gut Anerkennung als Ware findet, er es verkaufen kann. Deshalb drängt er es potentiellen Kunden auf verschiedene Weise auf. Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse unterliegt jeder Mensch (in jeder Gesellschaft) einem andauernden Anpassungsdruck. (Besonders drastisch ist dieser Druck natürlich dort, wo man besonders eng einer Normen bildenden Gruppe angehört, wenn die Anderen zum Beispiel wissen, wer das gerade angesagte Handy NICHT hat.)

Nun wächst Neid zuerst einmal aus dem Wissen um tatsächliche Ungleichheit. Die erste Folge der Ausbeutungsverhältnisse im Feudalismus war keine Revolutionsbewegung, sondern der allgemeine Wunsch, auch zu DENEN zu gehören. Wie in den alten Märchen: Das Ideal heißt da Prinzessin, Prinz, (guter) König. Aber erscheint es nicht einleuchtend, dass immer weniger es für erstrebenswert halten, eine Prinzessin zu sein, wenn a) es keine Prinzessinnen gibt, b) keine Hochglanzpostillen höfische Welten als erstrebenswert darstellen, c) keine wesentlichen Gruppen sich nach einem unerfüllten „besseren“ Leben sehnen müssen und d) es alternative Ideale gibt?

Oder Mode: Sie ist von „Markt-Bedürfnissen“ bestimmt: Damit möglichst viel verkauft wird, muss man dem Kleidungsstück ansehen, aus welchem Jahr es stammt. Das hat zur Folge, dass viele das jeweils Neueste kaufen, um nicht als „unmodern“ abgestempelt zu werden. Ich behaupte nicht, das dies im Kommunismus vollständig verschwindet. Es wird aber zurückgedrängt durch die mehr oder weniger dezente Betonung der speziellen Individualität der Einzelnen. Die Zahl derer, die selbst etwas zu ihnen Passendes kreieren, wird drastisch zunehmen. Die Möglichkeiten, solch eigene Kreationen auch umzusetzen, sind ja nicht beschränkt. Sich Ideen zu beschaffen ermöglicht das Medium Internet genauso wie die Schaffung einer eigenen „Modegemeinde“ - die dann eine eigene Produktions- und Vertriebskette organisiert. Das kostet nichts außer Ideen und etwas Zeit … und ist eine Frage des Selbstbewusstseins – für die sich Kleidenden, wenn sie eine echte „Stumphusen“ tragen, und für die Stumphusen, dass sie eben „die Stumphusen“ ist. Neu ist nur, dass die normale Massenproduktion aussehen darf wie die Stumphusenkollektion … aber nicht muss, weil kein materieller Status gezeigt wird. ...

Es gibt also manipulierte „Bedürfnisse“, die „der Markt“ erst schafft, fördert, verstärkt und die in dem Moment zu schrumpfen beginnen, in dem es keinen Markt mehr gibt. Man darf keine DDR-Verhältnisse als Maßstab heranziehen, wo natürlich direkt und indirekt der Marktblick nach Westen bestimmend blieb und der (die) „etwas Besseres“ war, der (die) das hatte, was andere haben wollten.
Auf der anderen Seite werden wir natürlich auch im Kommunismus Bedürfnisse vorsätzlich wecken - nur eben andere. Das setzt bereits im frühen Kindesalter ein. Da es in der Absicht der Gesellschaft liegt, dass sich ihre Mitglieder zu allseitig entwickelten Persönlichkeiten entfalten, wird auch der frühkindlichen Ausprägung musischer, mathematischer, sportlicher, wissenschaftlicher, handwerklicher und immer wieder andersartiger künstlerischer Empfindsamkeit eine ganz andere praktische Wertschätzung entgegengebracht, als wir das bisher je erlebt haben (obwohl die DDR-Verhältnisse in diese Richtung gingen). Also nicht in jedem Menschen im Kommunismus wird ein Supertalent entdeckt werden – worin auch immer. Aber es werden anteilig viel mehr Kräfte aufgewandt, um Talente zu wecken und zu entfalten, vor allem jedoch wird in der Breite die Aufnahmebereitschaft für verschiedenartige „Sinnes-Reize“ erhöht, die Genussfähigkeit gezielt verstärkt werden.
Hier ist sicher am leichtesten zu begreifen, dass das kein abschließend harmonischer Prozess ist. Das tatsächliche Niveau jedes Einzelnen wird unterschiedlich weit hinter den Möglichkeiten zurückbleiben und jeder muss sich mit seinen Mängeln auseinandersetzen. Das wird jeder auf eigene Weise tun. Im Trend aber werden die Möglichkeiten jedes Einzelnen immer mehr erkannt und „ausgereizt“ ...


Um sich vorzustellen, dass und vielleicht wie so etwas geht, ein ganz praktisches Beispiel: Wer ein Musikstück hört, unterliegt unterbewussten „Mechanismen“. Das Gehör ist nicht allein, aber auch Gewohnheiten unterworfen. Wer auf eine Musikrichtung fixiert ist, wird eher „schön“ finden, was dem Gewohnten ähnelt. Dies prägten zu großen Teilen Entwicklungszeiten, an die wir uns nicht mehr erinnern können. Oft sind wir aber auch bereit, unterbewusst ein Musikstück eher anzunehmen, wenn es uns als „Hit“ vorgestellt wird oder wenn Freunde es stark finden usw. Mit einer verengten Weltsicht verengt sich auch die Aufnahmefähigkeit für Schönes. Es geht dabei sowohl um das aktive Produzieren als auch einfach das Genießen dessen, was andere gemacht haben. Das schließt ein, Harmonien in vordergründigen Disharmonien zu entdecken, Auseinandersetzungen als kreativ annehmen zu können. Das erklärt zum Beispiel mit, warum immer wieder neu Elterngenerationen den Musikrichtungen ihrer Kinder so skeptisch gegenüberstehen, sie häufig nicht einmal als Musik akzeptieren. Wer dann nachfragt, merkt, denen ist es mit ihren Eltern genauso gegangen, und eigentlich müsste ihnen einleuchten, wenn der nächste Stil für die spätere Generation … und immer weiter so fort ...

Vielleicht kann man sich ein winziges Startbild machen, wenn man das System der Sportförderung in der DDR auf alle Bereiche der Persönlichkeitsentfaltung ausdehnte. Also eine Wechselwirkung von „Breitensport“ und „Leistungssport“. Dass dabei nicht jeder „Sport“ mögen wird, ist Element seiner besonderen Persönlichkeit. Um eine solche Entscheidung aber treffen zu können, muss er natürlich in Berührung mit dem „Sport“ gekommen sein. Oder anders: Bach nicht zu „mögen“, weil man nur Bohlen kennt, ist genauso doof wie umgekehrt.


Die Abgrenzungen kommen im Kommunismus fast von allein mit der erworbenen Fähigkeit, das der eigenen Persönlichkeit am ehesten Entsprechende aus einer breiten Vielfalt auszuwählen. Zumindest was Musik angeht, wäre dies heute technisch bereits gut umsetzbar, stößt aber gerade hier auf marktbedingte Schranken.
Es ist einfach etwas Anderes, nach dem Erwerb der nächsten Sache zu „streben“ und, kaum, dass man sie erworben hat, nach der nächsten, als „sich rundum zu entfalten“.

Nicht alle Menschen werden irgendwo super sein – genau das würde ja dem Grundsatz der Vielseitigkeit widersprechen -, aber man kann es „Synergie-Effekt“ nennen, was jene „allseitig entwickelten Persönlichkeiten“ für die Gesellschaft erbringen werden: Leonardo da Vinci hat die Qualität der Leistungen auf einem Gebiet auch aus der Vielseitigkeit der verwirklichten Interessen auf anderen Gebieten gewonnen, Goethe war kein „Genie“ der Farbenlehre … aber seinen Leistungen als Dichter hat die Beschäftigung mit Farben sicher nicht geschadet usw.
Die Zeit der Universalgenies ist zwar vorbei. Die Zeit der vielseitigen Menschen aber bricht erst mit der kommunistischen Gesellschaft an – und diese Menschen werden „modern“ sein. Ihretwegen wird es wenig bedeutsam sein, ob alle mitmachen – es reicht, wenn, mit einem schrecklichen heutigen Wort bezeichnet, die „Leistungsträger“ in den Superkreativen ihre Vorbilder sehen. Anerkannte Vorbilder aber besitzen Sogwirkung. Insofern kommen Schul-Coaches (um nicht „Lehrer“ zu sagen) viel größere Bedeutung zu. Sie sind eine von mehreren Gruppen, die darauf achten müssen, dass sich Jugendgruppen keine ihre Mitmenschen missachtenden Idole wählen.

Wir sind heute zu wenig in der Lage, „Neben-Fähigkeiten“ zu nutzen und schätzen. Selbst ein „Partylöwe“ ist eben mehr als ein Nichtsnutz. Praktisch ist er doch jemand, der für Augenblicke die Laune seiner Mitmenschen zu verbessern vermag. Vielleicht ist das genau die Laune, die ihnen bisher (leicht übertrieben) für die nächste Erfindung gefehlt hat?!
Wir haben es mit einer total anderen Welt zu tun: Wenn wir das Wirken der dann bereits funktionierenden Roboter berücksichtigen, so bleibt an Tätigkeiten, die wir heute im weitesten Sinne als Arbeit bezeichnen, weniger als acht Stunden übrig … pro Woche. Sofern es sich dabei um Arbeiten handelt, die nicht von „zu Hause“ aus erledigt werden können, die also die körperliche Anwesenheit des „Arbeitenden“ erfordern, lohnt sich ein Arbeitsweg aber erst bei einer ausreichend langen Arbeitszeit.

Es gibt mehrere Lösungen:
Für einen Teil der Menschheit wird die „klassische“ Arbeit zu einem „Luxus“, um den sie sich bemüht, weil sie darin den Weg zu ihrer Selbstentfaltung sieht. Dazu gehören die wachsenden Anteile von Umlernzeiten, in denen die, die keine Fachidioten sein möchten, ihre Fähigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen erweitern.
Vereinfachend sage ich „für einen anderen Teil der Menschheit“ (obwohl dies oft dieselben Menschen sein werden) beginnt die freie Suche nach erfüllender Tätigkeit in Künsten im weitesten Sinne. Die Übergänge zwischen dem, was wir heute in „Hobby“ und „Kunst“ unterteilen würden, werden fließender. Da jeder sich dazu bekennen kann, was er so treibt, finden sich auch weltweit gleich Gesinnte zusammen. Letztlich erfüllen sie füreinander, aber eben auch für andere die „Funktion“, Freude zu bereiten. In verschiedenartigsten Umfelden begegnen sich Menschen und kommunizieren.


Insofern verselbständigt sich auch die Kommunikation als solche. Sich frei mit anderen Menschen auszutauschen ist wieder normaler Bestandteil des Lebens – weil es keinen gesellschaftlichen Beschränkungen unterliegt. Keine Kommunikation ist im Gegensatz zu den vorkapitalistischen „Gemeinschaften“ durch die Natur oder wie im Kapitalismus durch ein entfremdetes Arbeits- und Erwerbsleben erzwungen: Der Urmensch brauchte seine Gruppe zum Überleben. Die Gruppenmitglieder hingen aneinander und mussten daraus das Beste machen. Der Bauer im Feudalismus war an seine Scholle „gefesselt“ und musste ein Verhältnis zu seinen Nachbarn schaffen. Im Kapitalismus muss „man“ bestimmte „Kommunikation“ treiben, um seinen Gelderwerb zu sichern (und andere einschränken). Der Mensch im Kommunismus kann zu jedem Mitmenschen bewusst seinen Weg suchen … oder es bleiben lassen: sich in eine Internet-Gemeinde einfinden, jemanden ansprechen, jemanden besuchen, jemanden auf Veranstaltungen treffen … oder eben bei einer Arbeit, die beide von vornherein interessant finden – sonst hätten sie sie nicht gewählt. Er kann der Masse seiner Mitmenschen aber auch bewusst aus dem Weg gehen. Er wird sich aber tendenziell nicht selbst aus aller Gesellschaft isolieren, weil dies die Lebensfreude mindert …

Andererseits hatte begleitende Kommunikation einen eigenen Wohlfühleffekt, bevor sich die kapitalistisch reine entfremdete Arbeit durchsetzte. Viele Menschen hatten eben Vergnügen daran, sich bei ihren Handarbeiten mit den Nachbarn zu unterhalten. Der Ertrag war nicht akkordhoch, aber die Stressschäden der Beteiligten waren wohl deutlich geringer. Das wird im Kommunismus wieder normaler sein ...


Und eines darf man nicht vergessen: Jedem Menschen steht frei, Dinge zu tun, die wir heute „direkte Demokratie leben“ nennen würden. In vielen Foren wird man Fragen des „gesellschaftlichen Zusammenlebens“ diskutieren und letztlich entscheiden, Projekte, die „Investitionen kosten“, Entscheidungen, die von Bedeutung nicht nur für Wenige sind. Im Prinzip kann jeder ein solches Forum gründen oder sich einem anschließen. Es wird nur der organisatorischen Sicherheit wegen Schlichterräte und Sprecher geben. Weltweit, regional und fachbereichsbezogen. Ich hatte schon begründet, dass die Masse an Möglichkeiten verhindert, dass jeder überall mitredet und damit jede Entscheidungsfindung zähflüssig ermüdend wird. Man wird sich entscheiden müssen, wo man kompetent sein und mitreden will.
Einen Bereich habe ich noch nicht angesprochen: die Fortpflanzung. Noch mehr als in den anderen Lebensbereichen überlagern sich Gemeinschaftliches und zutiefst Persönliches. Als gesellschaftliche Frage muss gemeinschaftlich geklärt werden, wie Wirrköpfen der heutigen Art „Deutschland schafft sich ab“ der sachliche Boden entzogen wird. Die neue Frage hieße in etwa „Was ist Menschheit für die nächsten Jahrhunderte?“ Das könnte das größte „Forum“ überhaupt sein. Die Entscheidung für oder gegen Kinder wird auch heute noch durch Existenzängste beeinflusst. Die Pille bedeutet erst einmal die technische Möglichkeit, bewusst zu planen und entscheiden. Wie wenig „frei“ bisher trotzdem entschieden wird, belegen heute „Planungen“ in China und Indien. Entweder erzwingt administrativer Druck einer Führungsgruppe die für die Entwicklung künftiger „Harmonie“ als notwendig angesehene Ein-Kind-Ehe oder materielle Traditionen und Existenzängste bewirken Massenabtreibungen von Mädchen. Letzteres als „Nebeneffekt“ der technischen Möglichkeit, frühzeitig das Geschlecht des Ungeborenen (und andere Eigenheiten) zu wissen.
Doch auch für den Kommunismus ist die Frage legitim, wie viele Menschen „vernünftigerweise“ auf der Erde leben sollten, also wie viele Milliarden für die Umwelt Erde eine Katastrophe wären – selbst, wenn die Versorgung solcher Massen gesichert wäre.


Kinder sind im Kommunismus nur noch im Dreieck von Liebe, Verantwortung und „Individualität“ zu sehen. Nichts wird letztere von Natur aus so eindeutig ausdrücken wie eigene Kinder. (Individualität ist auch die Fähigkeit und Bereitschaft zu dauernder Verantwortung für Andere.) Man wird sich viel freier für oder gegen das Kinder-Bekommen und -Aufziehen entscheiden.
Wenn wir unterstellen, dass die kommunistische Gemeinschaft nicht mehr an heute eingeleiteten ökologischen Katastrophen zu leiden haben wird (zum Beispiel massenweisen genetischen Schädigungen durch radioaktive und andere Umweltbelastungen), also dass der Untergang der kapitalistischen Verhältnisse „weich“ gelingt, wird sicher eine weitere „Senioren-Generation“ entstanden sein: die Ururgroßeltern. Während eine bewusste Manipulation der Kinderzahl in beide Richtungen vorstellbar ist – also Kampagnen „Schafft euch mehr oder schafft euch weniger Kinder an“ – kann die kommunistische Gesellschaft beim Umgang mit älteren Menschen nur in eine Richtung denken: weg mit Krankheiten und Verfall. Da ist auch Erfolg wahrscheinlich: Die lebenden Menschen werden älter und sind länger zu umfassender Aktivität fähig. Wenn die Familien weiter gleich viel Kinder bekämen, würde die Weltbevölkerung noch einmal sprunghaft anwachsen.
Dies macht unter anderem den Weg freier für vielfältigere Lebensentwürfe, also auch zu solchen, in denen „egoistischerweise“ keine Kinder vorkommen, „man“ sich dann in angenehmem Umfang „nur“ um biologisch fremde Kinder kümmert.
Spaß haben, nur um für den Moment Spaß gehabt zu haben, lässt die Betroffenen verkümmern. Aber auch Workaholics sind deformierte Persönlichkeiten. Auf Dauer kann es ja nicht gesund sein, sich mit Arbeit betäuben zu wollen ... Je mehr wir bereits als Kind gelernt haben, womit wir uns alles beschäftigen könnten (ohne damit gequält worden zu sein), umso mehr wollen wir es später auch wirklich ausprobieren. Als eines von vielem gehört die „Kommunikation“ mit Kindern dazu. Wie gesagt: unabhängig von biologischen Beziehungen werden Kinder eine Vielzahl von Partnerschaften erleben, die mit Beziehungen zu „Großeltern“ und guten Tanten und Onkeln vergleichbar sind.


Die Entfaltung des Bedürfnisreichtums der heranwachsenden Menschen bekommt einen total neuen Stellenwert, sobald sie nicht, zumindest im „normalen“ Einzelfall, existenzielle Probleme heraufbeschwört. Bei allen Problemen, die Kinder auch bedeuten, ist eines weg: Die Frage, wie soll ich sie / müssen die mich versorgen. Sie steht allein im großen Rahmen „Menschheit“, also überspitzt: Wenn jede Familie 10 Kinder bekäme, bliebe dann genug Sauerstoff zum Atmen? Die Kinder sind trotzdem einer der wenigen verbleibenden Zwänge. Wer auch immer die Bezugspersonen sein mögen, es müssen welche da sein. Das können biologische Eltern genauso gut sein wie Wahleltern, eine Mehrpartnergemeinschaft oder anderes. Nur relativ stabil müssen diese Beziehungen sein.

Ich reibe mich hier an dem konventionellen Familienbild, das auch Friedrich Engels vertrat. Wahrscheinlich wird es im Kommunismus etwas geben, das den Namen „Familie“ verdient. Aber selbst dabei ist eine Mann-Frau-Beziehung mit dazugehörigen Kindern eine unter vielen Formen. Inwieweit „Wohn- und Lebensgemeinschaften“ eine große Rolle spielen werden, ist von unserem Horizont aus schwer zu bewerten; wahrscheinlich in einer neuen Zweckgemeinschaft von Individuen eine größere als heute.
Der Mietkostendruck ist genauso weggefallen wie wirtschaftliche Abhängigkeiten verschiedenster Art innerhalb konventioneller Ehen. Warum sollten kommunistisch lebende Menschen nicht als Totalindividualisten leben, vor allem aber wohnen? Also jeder Einzelne hat einerseits einen kleinen Bereich allein für sich, der sich andererseits leicht verbinden lässt mit unterschiedlich ausgerichteten „Gemeinschaftsräumen“ unterschiedlicher Sympathie- und Zweckgemeinschaften? Das wäre eine Komplexlösung für große Wohnobjekte.
Letztlich muss man ja alles neu denken: Wie viele Einfamilienhäuser mit großen Gärten es gibt, regelt heutzutage „der Markt“. Nun wäre es eine grausige Zukunftsvision, wenn das von Marx beschworene Verschwinden des Unterschieds von Stadt und Land so aussähe, dass die bewohnbaren Teile der Erde von einer einförmigen ewigen Stadt inmitten von „Futtermittelwerken“ bestünde. Und diese Stadt bestünde wiederum aus lauter Einfamilienhäusern. Jedem sein kleines Glück. Es wäre schon heute ernüchternd, auszurechnen, wie viel „Lebensraum“ jedem einzelnen heutigen Menschen zustünde.


Die Wohnverhältnisse spiegeln die Lebensverhältnisse wider. Die aber können die kommunistischen Menschen bewusst gestalten. Sie haben ja jenen Büro- und Arbeitsstress nicht mehr, nach dem sie eine Schrebergartenidylle zum Abtauchen brauchten. Man kann mehr ausprobieren. Warum keine Gemeinschaft einer Wohnblocketage? Es ist vieles leichter, wenn es nur noch darum geht, wer welchen geliehenen Gegenstand vergessen hat zurückzugeben, aber nicht mehr etwas gestohlen werden kann. Man kann also den Nachbarn eher trauen. Es bedarf nur der Anstöße zusammenzukommen. „Facebook“ ähnliche Netzwerke ohne Hintergedanken und mit der Aussicht auf mehr. Eben ohne Druck, sich aus einem anderen Grund für eine Variante zu entscheiden als seine individuelle zu finden. Heute merkt man erst später, ob man auf Abzocker oder eine Form der Prostitution hereingefallen ist. Umzüge werden nur noch ein Problem, weil sie organisatorisch Mühe bereiten. Aber wir müssen nicht unbedingt mit allem möglichen Hausrat umziehen – wir nehmen nur mit, was uns persönlich besonders wichtig ist, die Grundausstattung kann in der neuen Wohnung bereitstehen.

Auch hier gibt es eine klare Trennung: Jeder hat überall das, was zweckmäßig ist. Er machte sich in der großen Gemeinschaft „unmöglich“, wenn er nicht sorgsam damit umginge.
Wir stoßen immer wieder auf bestimmte Grundpfeiler des Zusammenlebens. Da die Menge der Sanktionen klein ist, verbindet sich das riesige Maß an individueller Freiheit mit gesellschaftlicher Offenheit. Es ist (wieder) selbstverständlich, dass man weiß, was bei den Anderen los ist. Nur so kann Verhalten missbilligt werden, das das Gemeinschaftsleben schädigt. Weil man viel miteinander zu tun hat, wird zur harten Strafe, wenn die anderen mit einem nichts zu tun haben wollen ...


Aber kann jemandem Arbeit überhaupt ein Bedürfnis sein? Sehen wir uns gründlich um, fallen uns Leute auf, die auch ohne den ganzen Kommunismus-Kram wirklich Arbeiten gehen, weil sie das, was sie da machen, gern machen. Ich spitze das sogar noch zu: Es gibt auch in der Gegenwart zwar wenige, aber doch einige Firmen, die sich sogar eine Arbeitsorganisation leisten, als hätten sie schon den Kommunismus erreicht. Im Wesentlichen kommen und gehen die Mitarbeiter dort wie sie wollen.

Das Ganze nennt sich Holacracy. Das ist der Name für eine in bestimmten „kapitalistischen“ Unternehmen tatsächlich umgesetzte „kommunistische Organisation“ der Arbeitsabläufe. Viele der dabei verwendeten Begriffe und Überlegungen sind allerdings nur mit virtuellen Kneifzangen anzufassen.

Es geht um Organisation von Arbeit. Nicht hierarchisch organisierte Abläufe, sondern „Getting Things Done Methode“, also einfach Formen der Selbstfindung von Strukturen, die nur darauf ausgerichtet sind, dass zum Schluss das Beabsichtigte herauskommt.
Wenig verwunderlich finde ich, dass die ersten praktischen Erfahrungen aus einer Software-Firma stammen. Ähnliche Tendenzen gibt es überall dort, wo die geistige Verantwortung des einzelnen „Mit-Arbeiters“ für das Gesamtprodukt besonders groß ist.


Mit der Verwunderung begeisterter Kinder suchen Betrachter bestimmter Insellösungen dem Beobachteten wissenschaftliche Namen zu geben. Gibt es so etwas wie eine „kollektive Intelligenz“, mitunter auch „Schwarmintelligenz“ genannt? Unerklärlicherweise funktioniert es, dass sich dabei Teams / Kollektive zielobjektbezogen selbst „Leitungsebenen“ wählen. Also etwas schräg ausgedrückt: Die Mitarbeiter bestimmen, wer wann in welchem Umfang über sie zu bestimmen hat.
In so „anarchisch organisierten“ Firmen bestehen meist nur minimalste Anforderungen an einzuhaltende Arbeitszeiten, Anwesenheit und anderen äußeren Druck. Das Merkwürdige: Es bricht nirgendwo „Anarchie“ aus. Zwar kommen und gehen die Kollegen, „wie es ihnen gefällt“, aber sie arbeiten dabei nicht weniger sondern bewusst mehr. Die Betrachter stehen vor einem Rätsel: Ohne Kontrolle, Stechuhren oder Ähnliches, ohne, dass man irgendeine Form bemerkte, in der sich die Kollegen gegenseitig kontrollierten … verhalten sich alle, als kontrollierten sie sich mit einem unsichtbaren Mechanismus eben doch. Dies war dann der Ansatz, solche biologischen Vergleiche wie „Schwärme“ heranzuziehen, bei denen sich „irgendwie“ die Einzelwesen sehr effektiv in ihrem Verhalten am Kollektiv, der Masse, dem Schwarm orientierten. Da müsse eine besondere „Intelligenz“ wirken, meinten die in ihrer Denkwelt Befangenen und wunderten sich noch über etwas Anderes: Der tierische „Schwarm“ ersetzte individuelle Intelligenz, bei Menschen fiel dies „Organisationsprinzip“ (?!) besonders bei intelligenzintensiven Tätigkeiten auf.


Ohne dies soziologisch oder auf welche Weise auch immer auszudeuten, können wir durchaus einige Schlussfolgerungen für künftige Gemeinschaften ziehen. Dabei müssen wir uns allerdings vor Verallgemeinerungen hüten, wie man sie mitunter bei occupy-Aktivisten antrifft. Die vorliegende Klassensituation – und wir müssen bei jeder Betrachtung davon ausgehen, was gerade da ist – produziert vorsätzlich in dem hier gedachten Sinn „dumme“ Menschen. Das ist kein Werturteil, sondern nur Ausdruck dafür, dass den meisten Menschen nicht wirklich all die Denkstrukturen vermittelt werden, um für ein Ganzes mitzudenken. Wer die Gesellschaft als Ganzes nicht begreift, kann zumindest bezogen auf diese „Gesellschaft als Ganzes“ in keine Richtung steuern. Jener seltsame „Schwarmeffekt“, nämlich dass eine Gruppe wesentlich bessere Ergebnisse erbringt, als dies der Summe der einzelnen Mitglieder nach möglich zu sein scheint, setzt immer eine „elementare Gemeinsamkeit“ voraus. Also wenn jeder das Gesamtziel „weiß“, organisiert sich die Masse so, dass die Aussicht auf Erreichen des Ziels am größten ist – in gewisser Hinsicht tatsächlich „spontan“.

Aber zur Perspektive.
Schon im Sozialismus ist die „Notwendigkeit“ weggefallen, dass „der einfache Mann“ die Funktionsweise der Gesellschaft nicht versteht, weil er sie dann radikal ändern wollte. Er soll sich im Gegenteil fürs Ganze verantwortlich fühlen, soll die Solidarität mit ihm individuell fremden Menschen als nützlich begreifen. Also die Voraussetzung des Kommunismus wäre, dass die dort lebenden Menschen wirklich möglichst gut begriffen haben, wie ihre Gemeinschaft funktioniert. Gleichzeitig fallen jene Elemente des Zusammenlebens weg, die uns unmittelbar korrumpieren könnten.
Unter solchen Vorzeichen, versuchte ich schon anzudeuten, verändert sich auch der technische Charakter der Arbeiten. Tätigkeiten mit vorsätzlicher Verantwortung wie bei den Holacracy-Beispielen nehmen zu, solche, bei denen abgestumpfte Massen die Kommandos Macht besitzender Vorarbeiter ausführen, verschwinden allmählich. So wie Fließbänder, denen Arbeiter getaktete Handreichungen machen müssen, durch vollautomatisierte Abläufe ersetzt sein werden.

So wie solche vereinzelten Organisations-“Wunder“ unter den heutigen Bedingungen der durch die Warenwirtschaft geprägten Menschen Insellösungen bleiben werden, so beweisen sie gerade in ihrer Existenz im eigentlich ungeeigneten Umfeld, dass sie bei geeignetem zur „Normalität“ werden könnten. Sie werden aber auch dann nicht die einzige Form des Zusammenarbeitens sein.

Diesem scheinbar Positiven steht etwas Anderes gegenüber. Wir dürfen trotz eventuell ähnlicher Erscheinungen das Wesen einer Sache nicht vergessen. In unserem Sinn besteht das Wesen der Beziehung der Masse der Menschen zur „Arbeit“ darin, dass sie dem einzelnen zur Entfaltung seiner Persönlichkeit, seiner Schöpferkraft, seiner Anerkennung durch andere wünschenswertes Lebensfeld geworden ist. Sie wurde ihm deshalb Bedürfnis, weil der einzelne hier am deutlichsten zeigen kann, dass er ein würdiges Mitglied der Gemeinschaft ist – sich selbst nutzen, indem man anderen nutzt.
Das ist eine galaktisch weit entfernte Beziehung, erlebt man dies unter aktuell sich herausbildenden kapitalistischen Vorzeichen. Hier muss der „Ausgesourcte“, das frei schwebende Humankapital innerhalb einer Wolke von Bestätigung durch die Vermarktung ihrer Leistungsfähigkeit Suchenden, sich in ewiger Existenzangst freiwillig extra intensiv ausbeuten lassen. Die Vereinzelten bilden sich ein, in ständigem Überlebenskampf gegen andere Prekäre, ihre Kreativität, ihr Ich zu entfalten, verzichten dabei aber nur eine sichere Perspektive. Die „kommunistischen Clouds“ beginnen ihre Flüge bei eben dieser sicheren Perspektive. Sie müssen nicht nach Überlebensaufträge hasten, um sich eine private Rente kaufen zu können. Sie können wirklich in jedem Punkt ihres Lebens aus- oder umsteigen. Das wohl wichtigste Unterscheidungswort lautet (Existenz-)Angst. Genau die wird sie nicht treiben. Deshalb wird die Katastrophe für die „Zweiten“ kleiner sein. Sie werden eben nicht „leer ausgehen“, sondern „dazugehören“ ...
Eine insgesamt reiche Gesellschaft kann sich eine allgemein größere Vielfalt von Bedürfnissen erlauben. Das schließt „Sonderbedürfnisse“ nicht aus. Entscheidend wird aber sein, in einem extrem langfristigen Prozess eine Bedürfnisstruktur auszubilden, die wirklich den Ausdruck „allseitig entwickelte Persönlichkeit“ rechtfertigt.





Samstag, 11. August 2012

Auf zur Beförderung ...


Nehmen wir uns des Deutschen liebstes Kind, das Auto, vor. Ich möchte hier keine SF-Fantasie ausufern lassen. Niemand kann im Einzelnen voraussagen, wie das Verkehrssystem in kommunistischer Zukunft aussehen wird. Sicher werden über die künftigen „Straßen“ keine heutigen Personenkraftwagen fahren. Es gibt aber Grund, unseren Nachfahren etwas zuzubilligen, das die „Auto“ nennen, also etwas, was individuell ist und selbst fährt (oder fliegt). Diese „Autos“ wären wahrscheinlich wirklich welche: Sie führen also selbst.

Zwangsweise keine Möglichkeit zu haben, persönlich das „Steuer in die Hand zu nehmen“ oder „Gas zu geben“ widerspräche zwar kommunistischem Individualismus, aber ich denke, auch heute reichte den meisten, ein Ziel anzugeben und den „Rest“ erledigte der „Fahrroboter“, ausgestattet mit Systemen zur Fahrstrecken-Optimierung und zur Unfall-Vermeidung. Dies entspräche dem Kernziel der kommunistischen Gesellschaft, das Wohlbefinden aller seiner Mitglieder zu erhalten. Keine Ahnung, was gegen groben (jugendlichen?) Unfug gemacht werden wird. Oder ob die „Straßen“ eventuell irgendwann in der Luft liegen könnten. So viel werden sich die Menschen einfallen lassen, wenn es nicht mehr um Profit geht, sondern um Vergnügen am Kreativ-Sein. Auch gelegentlichen Spaß am selber Steuern ...

Bei solchen Systemen muss ja entschieden werden, wo welche „Anbindung“ geschaffen wird, große Startinvestitionen müssen durch die Gesellschaft getragen werden (heute über Steuern). Das verführt unter kapitalistischen Vorzeichen verschiedenste Gruppen, auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Lobbyarbeit. Die Modellrechnungen für die gesamtgesellschaftlich günstigste Variante sind schwer überschaubar und leicht manipulierbar. Man darf als Beispiel eben nicht nur vergleichen, dass ein fahrendes Elektroauto weniger Abgase ausstößt als ein fahrender Diesel. Man müsste mindestens die Vorstufen, also die Aufwendungen und Schädigungen, bevor Strom aus der „Zapfsäule“ kommt, einbeziehen. Solange es letztlich um den Profit der Beteiligten geht, wird jeder genau die Aspekte herausgreifen, die sein Einzelinteresse wie Allgemeinwohl aussehen lassen. Eben jenes Allgemeinwohl, das dabei leidet.


Bleiben wir beim „Auto“-Verkehr. Heute unterscheiden wir streng zwischen „Individual-Verkehr“ und öffentlichem. Bei dieser Unterscheidung wäre im Sinne der menschlichen Gemeinschaft der öffentliche Verkehr vorzuziehen. Es wäre günstiger für „die Umwelt“ im engsten und weiteren Sinn, wenn in Berlin die S- und U-Bahnen in kürzeren Takten und unentgeltlich führen. Man könnte sich entschieden angenehmer durch die Innenstadt bewegen – übrigens auch die, die im Moment in ihren Wagen steigen. Aber wohlgemerkt: Das wären Maßnahmen des Sozialismus, die relativ schnell erste Entlastungen brächten.

Kommunistisch wäre dies noch nicht. Pauschalantworten sind es sowieso nicht. Und es wäre eben auch nicht kommunistisch, die Besitzer geliebter fahrbarer Untersätze „zu ihrem Glück in der Gemeinschaft zu zwingen“. Die Gesamtentwicklung erlaubt uns aber glücklicherweise positiv zu spekulieren, uns zum Beispiel vorzustellen, dass die Weiterentwicklung der Kommunikationstechnik einen Großteil des Berufsverkehrs und viele Dienstreisen unnötig macht, dass Konferenzschaltungen an Videophonen das Zusammentreffen der Personen in einem Raum fast vollständig simulieren. Auch dass eine sinnvollere Standort-Logistik den Umfang der Warentransporte verringert. Je mehr Arbeitsaufgaben die Anwesenheit der Arbeitenden an einem Arbeitsort nicht mehr erfordern, per Computer / Internet von daheim aus lösbar sind, umso weniger Berufsverkehr tritt auf usw. Also ähnlich wie bei der menschenfreundlichen Gestaltung der Arbeitswelt beginnen die Überlegungen zum Verkehr der Zukunft damit, den notwendigen Gesamtaufwand zu vermindern.


Einschneidender wirkte sich unter kommunistischen Vorzeichen aber die Aufhebung des Unterschieds zwischen individuellem und öffentlichem Verkehr aus. Im Moment wird der Individualverkehr gepusht, weil die Firmen der Autoindustrie Umsatz machen wollen und müssen – und sei es dadurch, dass sie möglichst schnell die eine Baureihe durch die nächste ersetzen.

Stellen wir uns ein relativ perfektioniertes Verkehrsleitsystem vor, in dem die „Autos“ von Automaten gefahren werden. Das Ergebnis wären halböffentliche Taxen. Sie ständen ihren „Besitzern“ bei Bedarf zur Verfügung, und zwar nicht nur einem, sondern jedem im Wechsel mit anderen. Warum soll man nicht vor Verlassen der Wohnung den Wunsch, nach XY zu kommen, ins System „eingeben“ und draußen taucht dann ein Automat als „Chauffeur“ auf? Das braucht doch Freaks nicht daran zu hindern, ihren speziellen Lieblingswagen zu hüten und nur den zu nutzen. Aber für die Masse der Bürger ist heute schon das Auto nur ein Nutzgegenstand. Denen wäre lieber, sie könnten ein „Taxi“ nehmen und hätten zum Beispiel nie Probleme mit Werkstätten oder technischer Überprüfung. Das Verkehrsleitsystem schlösse ein, dass die „Taxistände“ bedarfsnah lägen – also so wie bei heutigen Taxen an Bahnhöfen morgens in Wohnnähe usw. Solche parkraumfreundlichen „Taxen“ könnten sogar allmählich eingeführt werden. Es muss nur immer darauf geachtet werden, dass jede Verabsolutierung ohne Ausnahmen in Einzelfällen „ungerecht“ und demzufolge nicht „kommunistisch“ wäre.

Sich einen eigenen PKW anzuschaffen, um einmal in Urlaub zu fahren, ist eigentlich absurd. Wer sollte etwas dagegen haben, eine große Reise anzumelden und auch hier steht der „Chauffeur“ pünktlich vor der Tür? Macht heute nur deshalb keiner, weil´s so teuer ist.


Das sind alles Systemlösungen, bei denen der Aufwand, sie funktionierend zu betreiben, bereits heute vertretbar wäre – nur nicht der Aufwand, sie aufzubauen. (Und natürlich ist das Ziel des Ganzen, die Menge der Verkehrsmaschinen insgesamt zu reduzieren, „wirtschaftsfeindlich“.)
Nun stelle ich aber immer wieder neu die naive Frage: Wie viele hoch komplizierte Raketensysteme werden heute gebaut, die, technisch veraltet, umgehend durch neuere ersetzt werden? Wie viel unwiederbringliches menschliches Potential verschlingen die nutzlos? Ein einzelner Flugzeugträger kostet Milliarden. „Unser“ Verkehrssystem optimierte ganz nebenbei die Kraftstoffversorgung. Im Gegensatz zu gesellschaftlichen Aufwendungen für Flugzeugträger und Vergleichbares sinken die Kosten, sobald das (zugegebenermaßen aufwändige) Verkehrssystem arbeitet.

Und der „Fortschritt“ ohne gesellschaftliche Änderungen verschärft doch weltweit die Probleme nur weiter. Wann sehen die Autofahrer ein, dass ihr Leben ohne Parkprobleme einfacher wäre? Falsche Frage! Richtige Frage: Wann wäre das Leben von „Autofahrern“ einfacher? Wir bedürfen keiner totalen technischen Revolution. Es muss nicht erst das „Beamen“ oder Ähnliches erfunden werden. Prinzipiell sind selbst für die Fahr-Automaten technische Lösungen vorstellbar; sie bedürften nur eines langen Ausreifens. Aber mit dem muss eben begonnen werden – und er bedeutete eine ganz andersartige Automobilindustrie, richtiger: es bedürfte an ihrer Stelle einer „Verkehrsindustrie“. Heute wäre die besonders in Deutschland nicht erwünscht. Sie bedeutete nämlich eine stark reduzierte Zahl zu produzierender Autos insgesamt.
Der Verkehr in seiner Vielfalt ist eines der Probleme, die durch gemeinschaftliches Denken wesentlich optimiert werden könnte. Das schließt sowohl ein, insgesamt Ressourcen einzusparen als auch es jedem Einzelnen angenehmer zu machen, an einem Wunschzeitpunkt zu einem Wunschort zu kommen … weltweit gedacht. Das könnten wir, wenn wir nicht durch Privatbesitz beschränkt dächten.