Mittwoch, 31. August 2011

6.5. Bedürfnisbefriedigungsanstalt Kommunismus

Es ist einfach etwas Anderes, nach dem Erwerb der nächsten Sache zu „streben“ und, kaum, dass man sie erworben hat, nach der nächsten, als „sich rundum zu entfalten“.
Wieder betont, dass nicht alle Menschen super sein werden – genau das würde ja dem Grundsatz der Vielseitigkeit widersprechen -, aber man kann es „Synergie-Effekt“ nennen, was jene „allseitig entwickelten Persönlichkeiten“ für die Gesellschaft erbringen werden: Leonardo da Vinci hat die Qualität der Leistungen auf einem Gebiet auch aus der Vielseitigkeit der verwirklichten Interessen (auf anderen Gebieten) gewonnen, Goethe war kein Genie der Farbenlehre … aber seinen Leistungen als Dichter hat die Beschäftigung mit Farben nicht geschadet usw.
Die Zeit der Universalgenies ist zwar vorbei. Die Zeit der vielseitigen Menschen aber bricht erst mit der kommunistischen Gesellschaft an – und diese Menschen werden „modern“ sein. Ihretwegen wird es wenig bedeutsam sein, ob alle mitmachen – es reicht, wenn, mit einem schrecklichen heutigen Wort bezeichnet, die „Leistungsträger“ in den Superkreativen ihre Vorbilder sehen.
Wir sind heute zu wenig in der Lage, „Neben-Fähigkeiten“ zu nutzen und schätzen. Selbst ein „Partylöwe“ ist eben mehr als ein Nichtsnutz. Praktisch ist er doch jemand, der für Augenblicke die Laune seiner Mitmenschen zu verbessern vermag. Vielleicht ist das genau die Laune, die ihnen (leicht übertrieben) für die nächste Erfindung gefehlt hat?!
Wir haben es mit einer total anderen Welt zu tun: Wenn wir das Wirken der dann bereits funktionierenden Roboter berücksichtigen, so bleibt an Tätigkeiten, die wir heute im weitesten Sinne als Arbeit bezeichneten, weniger als 8 Stunden übrig … pro Woche. Sofern es sich dabei um Arbeiten handelt, die nicht von „zu Hause“ aus erledigt werden können, die also die körperliche Anwesenheit des „Arbeitenden“ erfordern, lohnt sich ein Arbeitsweg aber erst bei einer ausreichend langen Arbeitszeit.
Es gibt mehrere Lösungen:
Für einen Teil der Menschheit wird die „klassische“ Arbeit zu einem Luxus, um den sie sich bemüht, weil sie darin den Weg zu ihrer Selbstentfaltung sieht. Dazu gehören die wachsenden Anteile von Umlernzeiten, in denen die, die keine Fachidioten sein möchten, ihre Fähigkeiten aus der einen Tätigkeit in anderen erweitern.
Vereinfachend sage ich jetzt einfach „für einen anderen Teil der Menschheit“ (obwohl dies oft dieselben Menschen sein werden) beginnt die freie Suche nach erfüllender Tätigkeit in Künsten im weitesten Sinne. Die Übergänge zwischen Beschäftigungen, die wir heute in „Hobby“ und „Kunst“ unterscheiden würden, werden fließender. Da jeder sich dazu bekennen kann, was er so treibt, finden sich auch weltweit gleich Gesinnte zusammen. Letztlich erfüllen sie füreinander, aber eben auch für andere die „Funktion“, Freude zu bereiten. In verschiedenartigsten Umfelden begegnen sich Menschen und kommunizieren.

Dienstag, 30. August 2011

6.5. Bedürfnisbefriedigungsanstalt Kommunismus

Nun muss man natürlich immer zwei Seiten sehen:
Auf der einen Seite die manipulierten „Bedürfnisse“, die „der Markt“ erst schafft, fördert, verstärkt – die in dem Moment zu schrumpfen beginnen, in dem es keinen Markt mehr gibt. (Man darf also auch keine DDR-Verhältnisse als Maßstab heranziehen, wo natürlich direkt und indirekt diese Mechanismen bestimmend blieben und der (die) „etwas Besseres“ war, der (die) die echten Lewis aus dem Westen hatte.)
Auf der anderen Seite werden natürlich auch im Kommunismus Bedürfnisse vorsätzlich geweckt. Das setzt bereits im frühen Kindesalter an. Da es in der Absicht der Gesellschaft liegt, ihre Mitglieder zu allseitig entfalteten Persönlichkeiten zu entwickeln, wird auch der Umfang frühkindlicher Ausprägung musischer, mathematischer, sportlicher, wissenschaftlicher, handwerklicher und immer wieder künstlerischer Empfindsamkeit eine ganz andere praktische Wertschätzung entgegengebracht, als wir das bisher je erlebt haben (obwohl die DDR-Verhältnisse Keime in diese Richtung enthielten). Also nicht in jedem Menschen im Kommunismus wird ein Supertalent entdeckt werden – worin auch immer. Aber es werden anteilig viel mehr Kräfte aufgewandt, um Talente zu wecken und entfalten, vor allem jedoch wird in der Breite die Aufnahmebereitschaft für verschiedenartige „Sinnes-Reize“ erhöht werden. Die Genussfähigkeit kann gezielt verstärkt werden (und das nicht nur durch Techniken des Kamasutra).
Um sich vorstellen zu können, dass und vielleicht ansatzweise wie so etwas geht, ein ganz praktisches Beispiel: Wer Musikstücke hört, unterliegt „Mechanismen“. Das Gehör ist Gewohnheiten unterworfen. Wer auf eine Musikrichtung fixiert ist, wird „schön“ finden, was dem Gewohnten ähnelt. Dies prägten zu großen Teilen Entwicklungszeiten, an die wir uns nicht mehr erinnern können. Oft sind wir aber auch bereit, unterbewusst ein Musikstück eher als „schön“ zu empfinden, wenn es uns als „Hit“ vorgestellt wird oder wenn Freunde es stark finden usw. Mit einer verengten Weltsicht verengt sich auch die Aufnahmefähigkeit für Schönes. Es geht dabei sowohl um das aktive Produzieren von „Schönem“ als auch einfach das Genießen dessen, was andere gemacht haben – wobei das eine nicht streng vom Anderen getrennt werden sollte: Der, der schon selbst Gedichte geschrieben hat, hört und liest auch die Machwerke Anderer anders als der, dem das abgegangen ist.
Vielleicht kann man sich ein winziges Startbild machen, wenn man das System der Sportförderung in der DDR auf alle Bereiche der Persönlichkeitsentfaltung ausdehnte. Also eine Wechselwirkung von „Breitensport“ und „Leistungssport“. Dass dabei nicht jeder „Sport“ mögen wird, ist Element seiner besonderen Persönlichkeit. Um eine solche Entscheidung aber treffen zu können, muss er natürlich in Berührung mit dem „Sport“ gekommen sein.
Oder anders: Bach nicht zu „mögen“, weil man nur Bohlen kennt, ist genauso doof wie umgekehrt. Letztlich ist auch Punk zuerst Abgrenzung gegen etwas, was einem suspekt ist.
Die Abgrenzungen kommen im Kommunismus fast von allein … aber mit der erworbenen Fähigkeit, das der eigenen Persönlichkeit am ehesten Entsprechende aus eine breiten Vielfalt auszuwählen. Zumindest was Musik angeht wäre dies heute technisch bereits gut umsetzbar, stößt aber gerade hier auf marktbedingte Schranken.

Montag, 29. August 2011

6.5. Bedürfnisbefriedigungsanstalt Kommunismus

Von zwei Jungen, die beinahe die Welt retteten

Er schien das Ehrwürdige dieser Burg, auf der sie ihren Abschied begehen durften, überhaupt nicht wahrzunehmen. Im Gegenteil. Wie ein großer freier Redner hüpfte er auf die breite steinerne Außenmauer und sah, anstatt den möglichen Sturz in die Tiefe zu bedenken, zum blaßblauen Himmel hinauf. „Bestimmt schauen sie uns uns jetzt zu. Sie sind schon da. Glaub mir doch!“
„Klar, vor allem dir. Also wenn die nichts Besseres zu tun haben, dann tun sie mir Leid!“
Die beiden Jungen hätten verschiedener nicht sein können. Der eine trug eine Brille und hatte sein Gesicht glatt rasiert. Die Haare auf dem Kopf hatte er so kurz schneiden lassen, dass sie als Borsten wie eine Vergrößerung des kantigen, aber gnadenlos ordentlichen Gesichts wirkten. Egal, ob man ihn von weitem oder von sehr nahem betrachtete, man war sich sicher, der Junge hatte nur sehr gute Noten in der Schule und berauschenden Mitteln stand er bestimmt ablehnend gegenüber. Der Kopf des anderen schien etwas zu groß geraten und irgendwie war alles nicht ganz so, wie es wohl hätte sein sollen. Eine Kugel schien vor ihrer Einweihung kurz von drei Seiten mit einem flachen Gegenstand aus ihrer eindeutigen Form gebracht worden zu sein. Überall war sie mit mal gelockten, mal mit gekräuselten Haaren bewachsen, die nirgendwo den Charakter einer Frisur, eines Bartes oder von etwas Anderem annehmen wollten, was Namen verdient hätte. Und es deutete alles darauf hin, dass der Junge es irgendwann aufgegeben hatte, sich zu frisieren. Von diesem Irgendwann an hatte er sich gebilligt, wie er war.
Auch dass er von seinen Mitschülern nicht akzeptiert wurde, hatte er in Kauf genommen. Er hatte in all den elf Schuljahren immer gerade so das Klassenziel erreicht. Kein Lehrer hatte ihn beachtet, denn er hatte auch nicht gestört. Er war nur Fleisch gewordener stiller Protest oder der Satz „Lasst mich doch endlich in Ruhe“. Warum hätte man ihn länger in der Schule behalten sollen? Irgendwie hatten ihm wohl alle Lehrer bei den Abschlussprüfungen unbewusst Suggestivfragen gestellt, die er störrisch nicht richtig, aber auch nicht falsch beantwortet hatte. Musste man sich das noch ein zweites Mal antun? Er hatte all die Jahre so etwas wie einen vierten Bodyguard zu einem der Alphamännchen in der Klasse abgegeben. Doch die Burg bot nur Zwei- oder Vierbettzimmer. Als fünfter hatte er nirgendwo hinein gepasst - so wie der Streber, der in Gedanken schon in jene Schule ging, die seines Vaters Zukunftsvisionen ihm zugedacht hatten.
Als am ersten Abend jener Streber seine Konzentrationsübung gemacht hatte, an den mild blauen Nachthimmel zu schauen und an Nichts zu denken, also eigentlich daran zu denken, dass er an nichts denken wollte, da waren unerwartete Worte in seine ungeschützten Gedanken gedrungen: „Irgendwo da draußen gibt’s noch mehr solche wie uns.“
Jeder andere Schüler hätte sicher einen Witz draus gemacht. So in der Art „Noch so einer wie du? Kann ich mir nicht vorstellen.“ Oder er hätte seinen Unmut gezeigt wegen der Störung. Doch die Überraschung war zu groß. Der da gedacht hatte, nur er selbst könnte hoch fliegende Gedanken entwickeln, schluckte erst einmal. Sein Schweigen klang wie eine laute Zustimmung.
„Was mögen die für Technik haben? Nehmen wir an, sie fliegen von einem Planetensystem zum anderen. Dann müssten sie ja technisch weiter sein als wir.“
Der Sprecher mit dem Kräuselkopf hieß Skworizschesko´opoli, was soviel hieß wie Wolfgang, der jüngste, wenn man den Skwori ihrer Jagd in Rudeln wegen zubilligte, dass sie außerhalb des Planeten vielleicht Wölfe geheißen hätten. Er hatte instinktiv seine Hand auf jene Stelle seines Kleides gelegt, unter der sich die – natürlich in seinem Alter noch leere – Bauchtasche befand. Vielleicht, weil er auf seine dort besonders muskulösen Sprungläufe so stolz war, hüpfte er jeweils drei Tatzen vor und zurück, rauf auf die Mauer und wieder runter. Die anderen ehemaligen Mitschüler feierten in den großen Zimmern die Erfolge ihres zweiten Ferientages. Und es waren ja die letzten echten Ferien ihres Lebens und das musste ja gefeiert werden.
Wolfgang und Bernhard – eine sicher erlaubte freie Übersetzung für Oschtschotkich, denn wenn man bei uns seine Koseform Otscho nutzte, dann würden Kenner ja eher an eine Tangofigur als an einen Jungen aus einer fremden Galaxie denken – also die beiden schwiegen einen Moment tiefsinnig nebeneinander her.
„Weißt du, was ich nicht verstehe?“ unterbrach Wolfgang wieder die Stille. Es lag allerdings etwas von der Sicherheit in seiner Stimme, es konnte gar keine andere Antwort als NEIN geben, und so setzte er fort, als hätte der Andere bereits mit nein geantwortet: „Wir sind biologisch auserlesen als die sozial höchst entwickelte Spezies im Weltraum. Die Lehre von Saúkastawilly ist doch überzeugend. Die Art, wie ein biologisches Wesen mit seinem Nachwuchs, Seinesgleichen und anderen Wesen in seinem Umkreis umgeht, wird durch die Funktionsweise seiner Kommunikationsorgane bestimmt. Das verstehe ich. Auch, dass diese Organe bei uns die höchste natürliche Optimierung erfahren haben. Dass sich die Schlüpflinge von dem Moment, an dem sie sich aus der Eihülle befreit haben, bis zu dem Zeitraum, an dem sie so selbständig sein wollen wie wir, jederzeit in die Bauchtasche von Mutter oder Vater begeben können, muss ja eine enge, ganz bewusste Beziehung zu den Eltern schaffen. Was aber festigt denn den Zusammenhalt der Gruppe mehr als die in ihrem Fluchtvermögen Eingeschränkten gemeinschaftlich zu verteidigen, den Schutzkreis zu bilden, notfalls Schlüpflinge in die Tasche zu nehmen, selbst wenn es nicht die eigenen sind? Eine solche biologische Vorgabe musste doch den Gemeinschaftssinn unserer Vorfahren besonders stark ausprägen. Und unsere Sexualität hat doch wirklich etwas einmalig Würdiges. Wir haben gelernt, dass große Teile der Tierwelt ihre Geschlechtsorgane in teilweiser Funktionsgemeinschaft mit Ausscheidungsorganen ausgebildet haben! Na ih! Nur unsere Entwicklungsvorfahren prägten solch idealen Mund aus mit dem Kehlkopf zur differenzierten Formung von Lautzeichen und die Kazikka beim Mann. Dazu solch eine lange und bewegliche Zunge, die beim Sprechen genauso nützlich ist wie beim Platzieren der Spermiten im Eileiter der Mädchen. Vorher das Protan nicht zu vergessen! Wie sollten denn anders gestaltete Körper Gefühle entwickeln? Bei denen die Eierstöcke nicht als erstes von der männlichen Zunge mit etwas eingerieben werden, das die Eiproduktion auslöst? Unser Lecken ist als Strategie zum Geschlechterkontakt unübertroffen. Wir waren von Anfang an ideal! Wie war es möglich, dass wir so degenerierten? Oder kann man unsere Gesellschaft anders als degeneriert nennen? Auch wenn wir das nicht in der Schule lernen? Die Lehrer immer noch so tun, als gäbe es nichts Besseres als uns?“
„Die leben davon.“ Die drei Worte ließen sich noch zwischen den Wortschwall schieben.
Aber die verstärkten nur noch die Heftigkeit, mit der Wolfgang seine Rede fortsetzte, nun fast ununterbrochen begleitet vom Schwenken seiner Vorderläufe. „Genau. Die leben davon. Das ist es wohl: Dass es auf dem ganzen Planeten fast keinen Ky mehr gibt, der direkt für ein sinnvolles Produkt arbeitet. Anstatt weiter sinnvoll die Aufgaben zu teilen, haben in der Vorzeit einige vorausgedacht, was andere machen sollten. Na gut. Die haben das gemacht und allen zusammen ging es besser. Aber irgendwann bekamen sie nicht mehr, was sie gerade brauchten, sondern etwas, was immer mehr nur dazu da war, es gegen Anderes einzutauschen. Das hieß dann Geld. Und man konnte sich vorstellen, welches Produkt, aber auch welche Arbeitsleistung man dagegen eintauschen konnte. Und manche haben die anderen Ky so überrumpelt, dass sie nicht nur so viel Arbeit Leistende kaufen konnten, dass ihr Geld davon immer mehr wurde, sondern sie haben mit einem Teil dieses Geldes wieder andere Ky gekauft, die nichts anderes taten als immer wieder neu Mittel zu ersinnen, dass es so blieb wie es war: Die einen hatten, was immer mehr wurde, die anderen arbeiten, damit die ersten mehr hatten. Und alle freuten sich und die, die sich nicht freuten, wurden bestraft. Oder gekauft.
Inzwischen gibt es so viele Öle für die Kazikki, dass kaum noch ein Mann weiß, wie seine Zunge von innen nass wird. Was haben wir heute? Lauter tolle Maschinen. Immer noch mehr. Nicht, dass wir uns freuen, wenn wir von unseren Liebsten Bilder machen können, nein, wir müssen das mit denselben Geräten können, mit denen wir uns gegenseitig anrufen. Muss das sein? Vor allem: Muss das sein, wenn zugleich so viele Ky auf diesem Planeten verhungern? Weil sie einmal geboren wurden, um für andere zu arbeiten, aber ihre Arbeit von Maschinen gemacht wird? Zum Beispiel? Weil fast alles, was irgendwer braucht von Maschinen hergestellt wird, die nur wenigen gehören? Jeder einzelne von denen nicht etwas produzieren lässt, weil seine Produkte jemand braucht, sondern weil er wieder mehr Geld damit zusammenraffen möchte? Außer uns selbst haben wir keinen Feind mehr, der uns Ky gefährlich werden könnte. Aber wir werden uns immer gefährlicher. Die einen lassen immer neue Maschinen bauen, die das Leben anderer Ky und überhaupt beenden.“
Glücklicherweise hatte Wolfgang an dieser Stelle ein Problem mit dem Atmen. So konnte Bernhard endlich seine Frage loswerden, die ihn wohl schon eine Weile beschäftigt hatte: „Und wie willst du das ändern? Das ist doch der Fortschritt!“
„Das denken wir jetzt. Weil niemand mehr den Überblick hat. Alles ist wie es ist und die, die das Geld haben, immer einen Teil davon einsetzen, dass es so bleibt, dass nur ihr Geld mehr wird. Aber es gibt doch schon Maschinen, mit denen man überwachen könnte, wo was am sinnvollsten auf diesem Planeten produziert wird. Und jeder könnte sich an die Eingänge solcher Planungssysteme setzen und mitmachen, so lange wie er daran Spaß hat, für andere mit zu denken. Du, man brauchte gar kein solches Geld mehr – man könnte gleich anfangen, so viele Früchte zu produzieren, wie gebraucht werden, und dafür sorgen, dass sie dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Es werden schon mehr produziert als gebraucht würden, aber ein Teil der Ky beschäftigt sich allein damit, die ohne Geld von ihnen fern zu halten. Man braucht also nur denen, die schon so lange mit Geld, für das andere gearbeitet haben, Maschinen angeschafft haben, damit sie nachher mit nochmal Arbeit von anderen zum Schluss mehr Geld haben, zu sagen, dass niemandem etwas gehören darf, mit dem das geht. Und wer Anderes behauptet, bekommt kein Geld mehr dafür, weil denen, die sich so lange bereichert haben, dieses Geld weggenommen wurde. Und all die, die davon gelebt haben, dass alles bleibt wie es ist, bekommen nützliche Arbeiten. Felder bewässern zum Beispiel oder entwässern, wo das besser ist. Es soll ja niemand Angst haben, er wird unnütz.“
Da staunte der Streber. Er hätte sich kaum vorstellen können, dass der Wolfgang Sätze bilden konnte, in die mehr als ein Komma Platz gehabt hätte. Hier aber hatte er gerade Sätze mit vielen Kommata gebildet, ohne sich zu verhaspeln. Und erst deren Inhalt! „Was du dir für Gedanken machst! Also ich bin da bisher nicht drauf gekommen. Bloß … Das klingt so einfach … Eigentlich müsste doch überall auf unserem Planeten Ky drauf kommen. Es gibt ja viel mehr, die nur arbeiten dürfen, wenn sie denn dürfen. Und da oben ...“ Er deutete vage in Richtung Weltall.“... haben sie wohl alle schon das Problem gelöst.“
Doch Wolfgang freute sich, endlich weiter reden zu können: „Eben das glaube ich nicht. Ich stelle mir das wie einen engen Spalt vor, durch den alle Wesen durch müssen, die so einen ähnlichen Kopf haben wie wir. Wenn nicht die, die die Verhältnisse verändern wollen und können, das in diesem kurzen Zeitraum geschafft haben, dann gibt es Verhältnisse, die alle diese Planeten zugrunde richten. Was weiß ich, was das für welche Maschinen oder so sein werden. Über uns fliegen ja schon welche, die uns überwachen und die wir gebrauchen, um einander Nachrichten zu schicken. Bald gibt es keinen Gedanken mehr, für den man dich nicht für alle anderen unbemerkt bestraft. Und du arbeitest wie doof, bis es nichts Sauberes zu essen, trinken oder atmen gibt. Zuerst sterben solche wie wir … und zum Schluss die Ururenkel von denen mit Geld. Aber noch ist denen das egal.“

Weit oben im Orbit hatte eine Sonde das Gespräch erfasst. Eine umfangreiche Matrix identifizierte es als bedenklich aufrührerisch. Der Dienst, der die aus der Masse herausgefilteten Daten einer differenzierten Bewertung unterzog, war insbesondere vom Alter der systeminkompatibel Denkenden betroffen. Das Gespräch landete als Protokoll auf Ebene 3. Man entschied sich für unmittelbares Handeln. Der, der mit Codenamen Wolfgang erfasst worden war, wurde als Geisel bei einem Banküberfall Opfer des Schusswechsels zu seiner Befreiung. Der, der ihm so aufmerksam gelauscht hatte, machte Karriere im Management eines Großunternehmens der Datenlogistik.Es heißt, unter dem Einfluss von Rauschmitteln habe er seinen Kollegen gelegentlich ihre Dekadenz vorgeworfen, was ihm den Ruf als Sonderling erhielt. Seine dritte feste Beziehung zu eine Ky führte zu mehrfach gefüllten Taschen. Von da an hörte man ihn immer öfter davon reden, dass wer es nicht geschafft habe, eben mehr hätte arbeiten sollen.
Ob an der Theorie seines beinahe Freundes etwas gewesen wahr, erfuhr er nie. Im Alter von 79 Jahren überstand er ein Asche-Syndrom in fortgeschrittenem Stadium und schied aus dem Berufsleben aus. Zwei Jahre danach verstarb er. Es vergingen noch weitere 39 Jahre, bis die Atmosphäre des Planeten einen Kipppunkt erreichte. Die allmähliche minimale Erwärmung hatte die Verbreitung von Mikroorganismen gefördert, die lange in unbedeutendem Umfang für höhere Lebensformen giftige Substanzen ausschütteten, bis diese nicht mehr ausgefiltert werden konnten. Danach vermehrten sie sich sprunghaft. Trotz aller Bemühungen der Ky fand man keinen Weg zur Eindämmung. Innerhalb von nur zehn Jahren waren alle höheren Lebensformen vom Planeten verschwunden. Da deren Überreste die Lebensgrundlage eines Teils dieser Mikroorganismen bildeten, verschwanden bald auch diese. Wären danach noch Ky am Leben gewesen, hätten sie festgestellt, dass die chemische Struktur der Planetenoberfläche einschließlich der Temperatur von circa 300 Grad über Flüssigwasser ungewöhnlich stark an die Zustände zu Beginn der dritten Existenzmilliarde des Planeten erinnerten. Sie hätten angenommen, dass nach weiteren zwei Komma fünf Milliarden Jahren der Planet wahrscheinlich wieder von höheren Lebensformen bewohnt sein könnte. Allerdings war mit der Herausbildung von intelligentem Leben nicht mehr zu rechnen. Deren Entwicklung wäre in die letzte halbe Milliarde Lebensjahre des Sternensystems gefallen, und da war von Natur aus mit immer lebensfeindlicheren Bedingungen auf dem Planeten zu rechnen.
Welch Glück. Es gab keinen Ky mehr, der das hätte feststellen können.

Sonntag, 28. August 2011

6.5. Bedürfnisbefriedigungsanstalt Kommunismus



Womit ich bei der Frage wäre, wie „realistisch“ ist eine Formel „Jedem nach seinen Bedürfnissen“?
Dass ich sie aufwerfen muss – und linke Kritik zwingt mich dazu – liegt eben an unserem Denken, das auch bei Linken von aktuellen Verhältnissen, also unserem Verständnis ausgeht.
Dass das kommunistische Prinzip einmal möglich sein wird, setzt Bedingungen voraus, die zuvor zu schaffen sind - solche, die uns teilweise noch seltsam vorkommen, aber auch solche, die heute einige Menschen bereits angedacht haben.
Wieder müssen wir beim Grundproblem beginnen, was „Bedürfnisse“ sind und wie sie entstehen. Dabei müssen wir grundsätzlich zwischen zwei „Bedürfnis-Ebenen“ unterscheiden: Elementare Bedürfnisse und solche „gesellschaftlicher Natur“.
Elementare Bedürfnisse sind bedingungslos von Natur aus da als Lebensvoraussetzungen. Wenn der Körper Energie braucht, dann „produziert“ er Hunger, wenn Flüssigkeit erforderlich ist, Durst; „irgendetwas“ muss gegen das Frieren gemacht werden, Spermienproduktion und Zyklen animieren zu schönen Gefühlen, die die Fortpflanzung der Menschheit zur Folge haben … ohne dass ein einziger Sexualpartner auf der ganzen Welt dabei an die „Fortpflanzung der Menschheit“ denken muss.
Alle anderen Bedürfnisse sind „gesellschaftliche“ - selbst solche, die sich auf die Qualität der Befriedigung elementarer Bedürfnisse beziehen. Dem Hunger als solchem ist es egal, ob er durch Fleisch eines toten Rehs, Kartoffeln, Reis … oder Kaviar befriedigt wird. Es gibt dabei natürlich Übergänge, also dass es für eine „Rundumentwicklung“ das Beste wäre, sich abwechslungsreich zu ernähren und auf bestimmte Inhaltsstoffe regelmäßig zu achten. Aber ich hoffe, wir einigen uns darauf: Das Niveau der Befriedigung solcher elementaren Bedürfnisse muss für den Kommunismus weltweit auf relativ hohem Niveau gesichert sein. Es darf im weitesten Sinne niemand „hungern und frieren“ müssen – und zwar bedingungslos jeder Mensch. Und es gibt seriöse Untersuchungen, die dies bereits heute technisch für machbar halten. Wenn ein gebildeter Europäer von „Bedürfnissen“ spricht, denkt er aber meist nicht an die elementaren. Er geht bereits davon aus, das die befriedigt sind – weil er es (im Gegensatz zu Bewohnern der „dritten Welt“) - nicht anders kennt.

Samstag, 27. August 2011

6.4. Gas geben zur Beförderung ...

Die Gesamtentwicklung enthält aber glücklicherweise Elemente, die uns erlauben, positiv zu spekulieren. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Weiterentwicklung der Kommunikationstechnik einen Großteil beispielsweise des Dienstreiseaufkommens beseitigt, dass Konferenzschaltungen an Videophonen das Zusammentreffen der Personen in einem Raum fast vollständig simulieren. Auch eine sinnvollere Standort-Logistik veränderte den Umfang der Warentransporte.
Einschneidender sollte sich unter kommunistischen Vorzeichen aber die Aufhebung der Unterscheidung zwischen individuellem und öffentlichem Verkehr auswirken.
Im Moment wird der Individualverkehr gepusht, weil die Firmen der Autoindustrie Umsatz machen wollen (und müssen) – und sei es dadurch, dass möglichst schnell die eine Baureihe durch die nächste ersetzt wird.
Nun stelle man sich ein relativ perfektioniertes Verkehrsleitsystem vor, in dem die „Autos“ von Automaten gefahren werden. Das Ergebnis wären halböffentliche Taxen. Sie ständen ihren „Besitzern“ zur Verfügung, und zwar nicht nur einem und ggf. im Wechsel mit anderen. Warum soll man nicht vor Verlassen der Wohnung den Wunsch, nach xy zu kommen, „eingeben“ und draußen taucht der „Chauffeur“ auf? Das braucht doch Freaks nicht daran zu hindern, ihren speziellen Lieblingswagen zu hüten und nur den zu nutzen. Aber für die Masse der Bürger ist auch heute das Auto ein zweckdienlicher Nutzgegenstand. Der wäre lieber, sie könnten ein „Taxi“ nehmen und hätten z.B. nie Probleme mit Werkstätten oder technischer Überprüfung. Das Verkehrsleitsystem schlösse ein, dass die „Taxistände“ bedarfsnah lägen – also so wie bei heutigen Taxen an Bahnhöfen morgens in Wohnnähe usw.
Wenn (bzw. wo) im optimierten System der Einsatz von S- oder U-Bahnen günstiger bleibt, wäre in diesen Fällen eine Kombination möglich bzw. Standardregelungen, die Beförderungsbedürftigen eine öffentlichere Beförderung vorschlägt. (Warum müssen in Ballungsräumen überhaupt Kleintransporte fahren?) Es muss nur immer darauf geachtet werden, dass jede Verabsolutierung ohne Ausnahmen in Einzelfällen „ungerecht“ und demzufolge nicht „kommunistisch“ wäre.
Sich einen eigenen PKW anschaffen zu müssen, um einmal in Urlaub zu fahren, ist aber eigentlich absurd. Wer sollte etwas dagegen haben, eine große Reise nur anzumelden und der „Chauffeur“ steht zum Punkt vor der Tür?
Das sind alles Systemlösungen, bei denen der Aufwand, sie funktionierend zu betreiben, bereits heute vertretbar wäre – der Aufwand, sie aufzubauen, jedoch nicht. (Und natürlich ist das Ziel des Ganzen, die Menge der Verkehrsmaschinen insgesamt zu reduzieren, „wirtschaftsfeindlich“.)
Nun stelle ich aber immer wieder neu die naive Frage: Wie viele hoch komplizierte Raketensysteme werden heute gebaut zum Pokern, ob man sie einsetzt oder so lange wartet, bis sie technisch veraltet durch neuere ersetzt werden, die wieder unwiederbringliches menschliches Potential verschlingen?
Und der „Fortschritt“ verschärft doch weltweit die Probleme nur weiter. Wann sehen die Autofahrer ein, dass ihr Leben ohne Parkprobleme einfacher wäre? Falsche Frage! Richtige Frage: Wann wäre das Leben von „Autofahrern“ einfacher?
All das hier Angedeutete bedarf keiner totalen technischen Revolution. Es muss nicht erst das „Beamen“ oder Ähnliches erfunden werden. Prinzipiell wären selbst für die Automaten als Fahrer technische Lösungen bekannt; sie brauchten nur einen langen Prozess des Ausreifens. Aber der muss eben anfangen – und er bedeutete eine ganz andersartige Automobilindustrie. Heute wäre so etwas besonders in Deutschland nicht erwünscht. Er bedeutete nämlich eine stark reduzierte Zahl an zu produzierenden Autos insgesamt.

Freitag, 26. August 2011

6.4. Gas geben zur Beförderung ...

Ich möchte hier nicht SF-Fantasien ausufern lassen. Niemand kann im Einzelnen voraussagen, wie das Verkehrssystem der kommunistischen Zukunft aussehen wird. Sicher werden über die künftigen „Straßen“ keine heutigen „Autos“ fahren. Es gibt aber keinen Grund, unseren Nachfahren nicht etwas zuzubilligen, was die dann auch „Auto“ nennen könnten, also etwas, was individuell ist und selbst fährt (oder fliegt). Hier läge dann wahrscheinlich der erste Unterschied: Diese „Autos“ wären wahrscheinlich wirklich welche. Sie führen also automatisch selbst.
Dem kommunistischen Prinzip widerspräche es allerdings, keine Möglichkeit zu haben, persönlich das „Steuer in die Hand zu nehmen“ oder „Gas zu geben“ usw., aber der Normalfall wäre die Eingabe (Ansage) des Ziels und der „Rest“ würde von einem „Fahrroboter“ erledigt, der mit Systemen zur Fahrstrecken-Optimierung genauso ausgestattet sein müsste wie mit welchen zur Unfall-Vermeidung. Dies entspräche dem Kernziel der Gesellschaft, das Wohlbefinden aller seiner Mitglieder zu erhalten. Über eventuell notwendige Schutzmaßnahmen gegen groben (jugendlichen?) Unfug lasse ich mich hier nicht aus. Auch nicht, ob die „Straßen“ eventuell irgendwann in der Luft liegen könnten. Beispielsweise.
Die Planung solcher Systeme und ihre Einführung ist eigentlich „marktwirtschaftlich“ nicht zu bewältigen – auch heute nicht. Auf jeden Fall führte sie dann zu langfristigen Schäden für die Menschheit. Die Entscheidung, wo welche „Anbindung“ geschaffen wird, ist bereits mit so großen Startinvestitionen verbunden, dass diese durch die Gesellschaft getragen werden müssen (heute über Steuern) und verschiedenste Gruppen verführen, auf solche Entscheidungen gruppenspezifisch Einfluss zu nehmen. Das hängt natürlich damit zusammen, dass Modellrechnungen, die die gesamtgesellschaftlich günstigste Variante ermitteln sollen, schwer überschaubar sind. Man kann als Beispiel eben nicht nur vergleichen, dass ein fahrendes Elektoauto weniger Abgase ausstößt als ein fahrender Diesel. Man müsste die Vorstufen, also die Aufwendungen und Schädigungen, bevor Strom aus der „Zapfsäule“ kommt, einbeziehen.
Bleiben wir beim „Auto“-Verkehr.
Heute wird heute streng zwischen „Individual-Verkehr“ und öffentlichem unterschieden. Bei dieser Unterscheidung wäre im Sinne der Gemeinschaft der öffentliche Verkehr vorzuziehen. Es wäre günstiger für „die Umwelt“ im engsten und weiteren Sinn, wenn in Berlin die S- und U-Bahnen in kürzeren Takten und unentgeltlich führen. Man könnte sich entschieden angenehmer durch die Innenstadt bewegen – übrigens auch die, die im Moment in ihren Wagen steigen. Aber wohl gemerkt: Das wären Maßnahmen des Sozialismus, die relativ schnell erste Entlastungen brächten.
Kommunistisch wäre dies noch nicht. Schon allein der Versuch, Lösungsansätze, die für Berlin, München, Hamburg usw. zuträfen, auf die „restlichen“ Städte zu übertragen, raubte ihnen ihre Vorzüge. Eine Pauschalantwort ist immer mangelhaft. Und es wäre eben auch nicht kommunistisch, die Besitzer geliebter fahrbarer Untersätze „zu ihrem Glück in der Gemeinschaft zu zwingen“.

Donnerstag, 25. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan

Eigentlich geht es also immer wieder nur um prinzipiell andere Denkansätze. Nach dem Motto „Wie bekämpft man nachhaltig Terrorismus? Indem den Terroristen der Anlass für Hass genommen wird. Das gelänge, wenn allen Menschen weltweit ihre Würde zugestanden würde.“ Wohlgemerkt der individuelle Terror. Staatlich organisierter Terror kann nur über die Beseitigung terroristischer Staatsstrukturen beseitigt werden – von innen …
Aber wo kann das losgehen? Welcher Bereich ist der erste?
Eigentlich eine einfache Frage, die nur aus deutscher Sicht schwierig scheint: Vor allem Anderen stehen die Elementarbedürfnisse Trinken, Essen, Fortpflanzen, „Wohnen“.
Man sollte immer im Hinterkopf behalten: Der Übergang zum Kommunismus, nein, die Übergänge zum Kommunismus beseitigen als erstes eine unterschiedlich große Masse an Arbeitszeitverschwendung. Das ist das größte Problem für die hoch entwickelten Staaten. Nein, wieder falsch: Auch hier verteilt sich das Problem ungleich: Besonders Deutschland als „Exportweltmeister“ versteht die „Restwelt“ praktisch als Absatzzone der eigenen Produkte.
Nehmen wir dies als Vorteil: Um einen inneren Produktkreislauf auf vorhandenem Niveau aufrecht zu erhalten, besteht hier das größte Potential an sofort verkürzbarer Arbeitszeit. In der Ausdrucksweise der Marxisten hieße das, bei uns hier wird heute am stärksten ausgebeutet, da der deutsche Durchschnittsarbeiter die kürzeste Arbeitszeit tatsächlich arbeiten müsste, um seinen relativ (im Vergleich zu den Arbeitern in unterentwickelten Staaten) hohen Lebensstandard zu erhalten. Im Sinne internationaler „Solidarität“ sollte die Arbeitszeitverkürzung nicht übertrieben werden, damit besonders effektive Lösungen schnell in die Welt exportiert werden könnten.
Ich sprach von Übergängen. Wir müssen ja berücksichtigen, dass in der Zeit, in der die Welt noch nicht überwiegend bis vollständig sozialistisch ist, die technisch fortgeschrittensten Staaten „den Ton angeben“. Dies könnte zum Beispiel eine „Allianz“ Deutschlands, Chinas mit … sein. Dabei sollten „wir“ uns allerdings bereits daran gewöhnen, dass „Niedriglohnländer“ keine „Konkurrenz“ darstellen und kommunistisch gedacht die Auslagerung von Produktion in alle Welt keine Bedrohung ist. Es ist nur schwer zu begreifen, weil so viele Faktoren sich gegenseitig beeinflussen. Mittelfristig wäre es sinnvoll, in wesentlichem Umfang entweder Fachkräfte ins Ausland zu schicken oder (für „uns“ effektiver) Massen – und das meine ich wirklich so – an zukünftigen Fachkräften für ihre künftigen Tätigkeiten bei uns auszubilden. Selbst wenn sich unsere Systeme nicht unbedingt 1 : 1 z. B. auf tropische Bedingungen übertragen lassen.
Allerdings brauchen wir im weitesten Sinne „Verkehrsverhältnisse“ (als durch Dienstleistungen und Information erweiterte Produktionsverhältnisse), die ein Denken im Sinne „Aller“ fördern. Es muss erreicht werden, dass es durch die anzugehenden Aufgaben nirgendwo Menschen schlechter, sondern schrittweise allen besser geht. Wir machen uns aber überhaupt keine Gedanken darüber, wie „Massenversorgung“ mit „Würde“ verbunden werden kann. In einer Startrunde ist es beispielsweise sinnvoll, „Massen-Futter-Werke“ vor Ort zur Hungerbeseitigung zu errichten, die die einheimischen Landwirtschaften ergänzen. Woher kommt wo wie viel Wasser. In welcher Qualität?
Damit die Menschen gesundes Wasser trinken können, ohne in neue Abhängigkeiten zu geraten.
Im Moment werden Projekte zur teilweisen Fruchtbarmachung von Sahararandzonen, wie sie durch das Ghaddafi-Libyen angedacht wurden, sogar als Bedrohung aufgefasst.
Es sind konkrete Menschen zu einem Zeitpunkt dort, wo sie sind und vorübergehend eigentlich nicht hin passen.Teilweise können sie kooperativ versorgt werden. Zum Beispiel, indem „neue Städte“ gebaut werden. Für sich genommen wirkt das wie Krieg: Ein bestimmtes Arbeitskräftepotential wird blockiert für die Errichtung von Wohnhäusern. Die dann dort einziehen müssen etwas Sinnvolles zu tun bekommen. Nur ein Teil von ihnen würde in Massenfutterwerken benötigt. Ohne die herrschte aber Hunger. Dabei müsste aber trotzdem die traditionelle (Land-)Wirtschaft erhalten bleiben. Die Dimensionen müssen geplant werden.
Doch: Es müsste der Arbeitsaufwand für „Südfrüchte“ und Vergleichbares in den Industrieländern preislich höher bewertet werden. Ich denke da an den Kommunismus als Endergebnis, in dem jede Tätigkeit gleich bewertet wird. 

Mittwoch, 24. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan


Noch einmal unterstrichen: Echte Planungssysteme bedürfen des Potentials vernetzter Weltrechentechnik und -kommunikation. Sie sind seit wenigen Jahren technisch real vorstellbar, werden aber durch die gesellschaftlichen Verhältnisse blockiert … eingeschlossen in eine solche „Blockade“ ist auch das Nachdenken darüber. Dass sich Linke dem unterwerfen, sollte uns zu denken geben ...
Wenn man die marxistische Theorie konsequent zu Ende denkt und dabei ihre aus der Entstehungszeit bedingte Fixierung auf dem Begriff der „Arbeiterklasse“ entweder ganz ausklammert oder aber sehr weit fasst (vom sachlichen Inhalt bzw. im Weltmaßstab), dann kann man zu einer grauenvollen Schlussfolgerung kommen:
Es müsste erst ein Gesamtsystem zusammenbrechen. Dann könnten die Herrschenden der Welt nicht mehr weiter machen wie bisher und die Beherrschten auf der Welt übernähmen die Ressourcen, die sich bereits entwickelt haben (soweit sie bis dahin nicht wieder zerstört oder unbrauchbar wurden).
Im Moment aber entstehen gerade Teilsysteme, die dem auf makabre Weise entgegen stehen: Die Überschwemmungen kommen „woanders“ und gegen die potentiellen Millionen (Milliarden) Menschen auf der Flucht werden Abschottungssysteme entwickelt. Sie müssten also eine der Völkerwanderung ins Römische Reich vergleichbare Dimension bekommen … Durch Menschen gemachte Tsunamis an Stelle der Hunnen lassen die Entwurzelten einen Krieg der Leiber führen.
Das hieße aber, dass über Jahrhunderte der Welt-Lebensstandard schrumpfte.
Wir müssen uns das vor Augen führen: Heute können wir alles vorhersehen und die Bedingungen für ein anderes Entwicklungsszenario schaffen. Es muss nicht so kommen. Doch nur, weil die Voraussicht von Denkern des gesellschaftlichen Fortschritts etwas zu optimistisch die große Revolution beschworen, übergeben wir unseren Erben ein Chaos.
Lieber akzeptieren wir, dass in die Länder, die zu unseren Partnern entwickelt werden könnten, Krieg zur Zerstörung von Potenzen gebracht wird. Und die Potenzen des Internets lassen wir zu Weltspionagenetzen verkommen.
Man bedenke, dass ein Planungssystem „nur“ ständig weiter entwickelt werden müsste, also, einmal aufgebaut, bereits seine Wirkung erzielte, während wir von Not getrieben jeweils nur an die schlimmsten Ecken des chaotischen Systems greifen … und gleich darauf vor dem nächsten Problem des Systems stehen.

Dienstag, 23. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan


Planung wird absurd, sobald man von jemandem bzw. etwas abhängig ist, was man nicht planen, nicht beeinflussen kann. Genauer: sie kann dann sogar gezielt gestört werden (und wurde auch gezielt gestört).
Ein echtes Planungssystem ist eine Vernetzung von geschlossenen Mikrosystemen. Sie schließt nicht nur selektive Kennziffererfüllung ein – die natürlich immer etwas willkürlich ist – sondern strebt die Optimierung des Ganzen an.
Ein eigentlich allgemein anerkannter Bereich, in dem man sich heutzutage echte Planung wünschen müsste, ist die globale Klimaentwicklung. An ihr sieht man auch die Komplexität des Problems: Man ist inzwischen in der Lage, immer genauere Modellsysteme zu entwickeln, die Voraussagen ermöglichen über die Veränderungen, denen wir entgegen gehen.
Nur derselbe Bereich zeigt auch die Grenzen der Produktionsverhältnisse auf: Zig Vertreter von zig Teilsystemen (Staaten, Unternehmen, Wissenschaftlern usw.) hören einander unterschiedlich interessiert zu, sind im Prinzip einverstanden, „dass etwas getan werden muss“ ..., aber sabotieren alles, was die eigene Konkurrenzkraft beeinträchtigen könnte.
Planung schließt also ein, dass für alle Beteiligten der gemeinsame Nutzen nicht zum Schaden des Einzelnen wird. In eine Marktwirtschaft – und mag die auch Sozialismus heißen – ist dies aber nicht zu verhindern. Dort könnte „Optimierung“ nur mit einem „Schadensausgleich“ verbunden sein. Worauf sollte der bei so komplexen Problemen wie beispielsweise dem Klimawandel aber beruhen, wenn beim „normalen“ / „natürlichen“ Ablauf die größten Schäden gerade die Regionen der Welt tragen müssen, die am wenigsten zur Zerstörung der bisherigen Umweltbedingungen beitrugen, und zugleich die armen Regionen sind, denen es deshalb am schwersten fällt, irgendwie zu reagieren?
Okay. Ein uneingeschränkt geschlossenes System zum Planen wird es nie geben. Aber es wäre heute bereits möglich, ein arbeitsfähiges Weltsystem in Betrieb zu nehmen. Das erfasst die wesentlichsten Teileffekte. Mit jedem neuen Durchlauf kann es verbessert werden. Vor allem könnte mit jedem neuen „Durchlauf“ die rein ökonomische Bewertung immer mehr hinter einer ökologischen im engen und weiten Sinn zurücktreten. Anders ausgedrückt: Im Moment stellte sich die Hauptfrage, wie das Lebensniveau der Menschen in den zurück gebliebenen Weltregionen an das der hoch entwickelten herangeführt werden kann, ohne die Lebensbedingungen auf der Erde als Ganzes zu verschlechtern. Dies tritt dann immer mehr zurück hinter die Frage, wie die Lebenswelt Erde insgesamt lebenswerter für alle gemacht werden kann.
Das schließt dann unter Umständen die Einschränkung von Warenströmen ein, also die Frage, was für die Welt zentralisiert geschaffen werden und was wo einen regional geschlossenen Kreislauf bilden sollte. Diese Frage kann aber erst unvoreingenommen beantwortet werden, wenn nicht mehr gefragt wird, was das den Einzelnen bringt.
Ich kann mir Massen von Begeisterten vorstellen, die rein aus begeisterter Hobbytreiberei vor Computermonitoren säßen, um Beispielsysteme auszuprobieren. Optimierung bedeutet ja immer, den Gewinn an einer Kennziffer mit dem Schaden bei anderen zu vergleichen.

Montag, 22. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan

Weil dies immer wieder neu auftaucht, ein paar Worte zum Begriff „Planwirtschaft“.
Es ist ein grausiges Problem. Wer „Marktwirtschaft“ und „Planwirtschaft“ als Pole entgegenstellt, ist schon am Sonnentau ideologischer Manipulation festgeklebt. Wir müssen erst einmal klarstellen:
Das, was mit Blick auf den „Ostblock“ heute „Planwirtschaft“ genannt wird, ist wirklich treffender „Kommando-Wirtschaft“ zu nennen, selbst, wenn dies abwertender klingt, als es eigentlich gemeint ist. Zu Zeiten des „Realsozialismus“ des 20. Jahrhunderts, war eine echte Planwirtschaft weltweit gar nicht möglich. Die grundsätzlichen Beziehungen regelte „der Markt“ mit seinen ökonomischen Gesetzen. Objektiv, also unabhängig vom einzelnen Wollen. Sich gelegentlich andeutende Elemente von solidarischem Miteinander, die es auch gab, waren letztlich bremsende Kostenfaktoren.
Ohne es in Zweifel zu ziehen, wird die heutige Weltwirtschaft als „Marktwirtschaft“ den vergangenen Verhältnissen in den Übergangsgesellschaften gegenübergestellt.
Dabei gibt es diverse Eingriffe in den Markt mit unterschiedlicher Wirksamkeit.
Jeder Konzern versucht sich nicht nur in strategischer und operativer Planung, er versucht diese Pläne selbstverständlich auch nach innen direkt und nach außen indirekt durchzusetzen. Nach innen administrativ und mit Druck und nach außen versuchen Institutionen von der Art eines IWF wirtschaftliche Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass bestimmtes Handeln mehr, anderes weniger lukrativ erscheint, wodurch eine gewünschte Wirtschaftsentwicklung gefördert und teilweise erreicht wird. (Dass jede „Werbestrategie“ auch ein Mittel einer pervertierten „Planwirtschaft ist, in dem sie Bedürfnisse produziert, sei hier vernachlässigt.) Jeder sieht, dass es aber weiter weiter Krisen gibt. Jeder hat aber auch gesehen, dass trotz gigantischen Zusammenbruchspotentials der totale Zusammenbruch immer wieder verhindert, die klassischen Konjunkturkurve abgeflacht werden konnte. Solcherart Planung entspricht dem heutigen Niveau der Produktionsverhältnisse und es war eine Anpassung an Realitäten, dass frühsozialistische Ökonomen so etwas für ihr System einforderten – also Marktmechanismen bewusster einzusetzen.
Das aber, was im letzten Jahrhundert „Planwirtschaft“ genannt wurde, war positive Science Fiction. Das Dumme ist nur, dass es heute als Maßstab für die Bewertung einer wunderbaren Sache herangezogen wird.
Echte Planwirtschaft geht von kybernetischen Systemen aus. Technisch waren bis etwa 1990 nur geschlossene System überhaupt berechenbar. Das heißt, es waren gewaltsam Bedingungen durchzusetzen, um eine festgesetzte Einzelgröße zu gewährleisten. Die frühe sowjetische Raumfahrt bewies, dass dabei sogar in Einzelbereichen Erfolge erzielt werden konnten, die sich ihrem Wesen nach besonders stark einer Planung entzogen: Also in innovationsintensiver Wirtschaft. Die russische Militärtechnik heute hat noch immer Niveau, weil die sowjetischen Forschungspotentiale so relativ hoch entwickelt waren. Aber es ist natürlich keine Planung, zu befehlen, wir müssen x Kräfte auf y konzentrieren … und die anderen müssen sich auch anstrengen. Oder es werden Zahlensysteme konstruiert nach dem Prinzip „was wäre, wenn ...“
Ich sage nicht, dass das nicht sinnvoll gewesen wäre. Ich sage nur, dass es keine Planwirtschaft war und sein konnte. Dazu kommt, dass ein planbares geschlossenes System einfach nicht existierte. Das hätte Autarkie bedeutet. Also alle Rohstoffe und Produkte hätten innerhalb des eigenen Einflussbereichs gewonnen, verarbeitet und verbraucht werden müssen – ohne jeden Einfluss des „Weltmarkts“. Das war besonders absurd für die DDR, die 1945 in eine Gesamtwirtschaft mit industriellen Zentren im Westen fest eingebunden war. Gab es im Ostraum auch Chemie-Verarbeitung, so doch wenig Maschinenbau bzw. Stahlwerke. Eine moderne Wirtschaft ist globalisiert. Wirtschaftselemente ergänzen sich. Jeder macht das, wozu er die besten Voraussetzungen hat – wodurch er aber von Anderen abhängig wird. Selbst wenn diese „Anderen“ die sowjetischen Freunde mit ihren Bodenschätzen sind.

Sonntag, 21. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan



Aber spielen wir doch gedanklich ein paar Bereiche des praktischen „gesellschaftlichen“ Lebens einfach durch. Wir sollten uns dabei gesondert mit etwas befassen, dessen die ersten Staatssozialisten nur sehr bedingt Herr wurden, dem Einzelhandel. Wer die DDR miterlebt hat, weiß, dass dort bereits Schwarzhandel mit Wartezeiten zum Erwerb eines neuen PKW getrieben wurde, der Preis für gebrauchte teilweise weit über dem für Neuwagen lag (weil er eben den Wartezeitbonus enthielt) und dass außerhalb der Hauptstadt der Erwerb vieler relativ „normaler“ Lebensmittel ein Glücksfall war. Aber erst später.
Wer derlei Verhältnisse mit einer heute produzierten „Brille“ betrachtet, kann aus der realen Praxis den Schluss ziehen, die „Marktwirtschaft“ sei einer „planwirtschaftlichen“ überlegen. Zumindest ist es auf diesem Gebiet nicht so leicht zu widerlegen wie beispielsweise bei der medizinischen Versorgung, wo es mitunter sehr brutale Belege gibt, dass das Streben nach „Maximalprofit“, ja allein schon „Wirtschaftlichkeit“ überhaupt dem eigentlichen Versorgungszweck „Gesundheit“ direkt entgegen steht, das Ziel, höchste Gewinne zu machen, das Ziel, alle Menschen bestmöglich gesund zu machen, ausschließt – und umgekehrt.
Nun muss ich aufpassen: Ich bemerkte bereits am Anfang, dass der entfaltete Kommunismus eine Gesellschaft sein wird, die aus lauter „Ausnahmen“, Sonderfällen usw. bestehen wird, sich also jeder administrativen Pauschalierung entzieht. Das muss dann eigentlich logisch heißen, dass es auch Erscheinungen geben wird, die wie Relikte, aber auch solche, die wie Neuschöpfungen marktähnlicher Regelungen aussehen. Das kann aber nicht heißen, dass ein so grundsätzlicher Bereich wie die Versorgung mit den Dingen, die man zum Leben braucht, vorkommunistisch bleiben kann. Wir müssen nur vorher betrachten, WARUM manches zu DDR-Zeiten nicht funktionierte und nicht funktionieren konnte.
Das erste Problem war wohl ein grundsätzliches Missverständnis vom Wirken des Wertgesetzes. Auch wenn die Propagandisten des Sozialismus den „objektiven“ Charakter dieses Gesetzes theoretisch anerkannten und in Sonntagsreden verkündeten, waren oft dieselben „Theoretiker“ praktisch der Meinung, diese Marktgesetze durch administrative Maßnahmen außer Kraft setzen zu können (sie sogar außer Kraft gesetzt zu HABEN, weil sie – wie falsch – nur im Kapitalismus gelten würden). Nun war das, was in „sozialistischen“ Schaufenstern ausgepreist herumlag, genauso „Ware“ wie das beim bösen Kapitalisten im Land nebenan. Der Preis der einzelnen Ware konnte per Gesetz – eben administrativ – festgesetzt werden, so wie dies politisch wünschenswert zu sein schien. Damit war das grundsätzliche Wertgesetz, also die tendenziell sich reproduzierende Formel, dass die Summe aller Preise der Summe aller Werte entspricht, aber immer noch da. Und die Werte entstehen eben dadurch, dass in jeder Ware eine gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit „eingefangen“ ist. Ist also ein Preis in diesem Sinne niedriger, müssten in der Gesamtgesellschaft andere Waren in gleichem Umfang einen höheren Preis als Wert haben. Nicht im einzelnen Produkt, aber in einer Volkswirtschaft entscheidet dann die Arbeitsproduktivität über die Summe der Preise. Und da müssen sich einzelne Missverhältnisse – eben die gewollten – am Ende wieder ausgleichen. Das ist nicht gelungen. Das konnte nicht gelingen, da das Wertgesetz der Nährboden ist, auf dem Krisen wachsen – prinzipiell auch im Sozialismus, wenn auch dort mit anderen Auswirkungen und Verläufen.

Samstag, 20. August 2011

6.2. Nicht alle Arbeit ist Kunst – manche muss sein

Ein bedingungsloses und ersatzloses Verschwinden des Geldes wäre aus meinem heutigen Verständnis heraus nicht wünschenswert. An seine Stelle sollten Systeme treten, die eine möglichst „gerechte“ Verteilung von objektiven Mangelgütern ermöglichen. Gerecht heißt in diesem Fall, dass möglichst viele Mitglieder der Gesellschaft bei der Entscheidungsfindung mitwirken und sie danach mittragen.
Der wichtigste Unterschied zu dem, was wir heute als „Geld“ gewöhnt sind, ist dabei die Individualisierung. Während es für jedes Geld gleichgültig ist, in wessen Besitz es sich befindet, würde die kommunistische „Vergütung“ strikt personengebunden gewährt. Die einzelne Person kann Leistungen „kaufen“, aber auch „verschenken“ - allerdings nicht vererben oder mit ihnen spekulieren.
Sinnvoll ist es, wenn sich jeder für alle insgesamt begrenzt verfügbare „Güter“ bewerben kann. Man kann Menschen ja auch mit einer Belohnung bestrafen, wenn sie diese gar nicht wünschen.
Wie großzügig die künftige Gesellschaft sein wird oder ob sich Buchhaltungs-Nerds ihre Träume von ausgeklügelten Systemen erfüllen werden … wer mag das heute zu sagen. Aber wahrscheinlich ist, dass es Ehrentitel geben könnte. Die werden durch verschiedene Arten von Leistung erworben. Zu Zeiten des „Feudalismus“ gab es ja auch unterschiedlich gewichtete Titel. Warum soll das nicht eine Renaissance erleben? Nur ohne den Unsinn der Erblichkeit? Also Titel, die neben dem „Doktor“ oder „Professor“, aber über dem dem heutigen untersten akademischen Grad stehen?
Und für Leistungen gibt es „Punkte“, die in Vergünstigungen umgewandelt werden können? Oder man arbeitet mit etwas, was wir mit heutigen Rängen in der Armee vergleichbar ist?
Es stellt sich die Frage, wer so etwas entscheidet.
Vor allen Dingen: Zur Individualität gehört auch, dass der, der seine Eitelkeit pflegen möchte, dies genauso darf, wie der, dem äußere Würden suspekt sind, sie von sich weisen kann. Beides berührt doch nicht das Hauptproblem der Jetztzeit: dass sich „Geld“ potentiell in „Kapital“ verwandelt, den Keim in sich trägt, andere für sich arbeiten zu lassen.
Dazu sollte man bedenken, dass die Möglichkeiten für Konferenzschaltungen immer weiter ausreifen. Es können also permanent Prüfungen und Verteidigungen von Leistungen (und Titeln) stattfinden, ohne dass die daran Beteiligten körperlich anwesend sein müssen. Was hindert künftige Menschen, sich jeweils für einen bestimmten Sachbereich und eine bestimmte Ebene in einen Prüferpool berufen zu lassen? Ein zugeschalteter Zufallsgenerator könnte subjektive Beeinflussungen minimieren.
In extrem dialektischer Sicht könnte eine Welt von Zünften und Gilden „aufgehoben“ sein. Schließlich wäre es der Normalfall, dass man sein Tätigkeitsfenster im Laufe des Lebens verändert anstatt auf einem einmal erworbenen Fach-„Meister“-Titel zu kleben.
Zur Erinnerung: Es geht um Freiheit auf der einen und die Erledigung aller notwendigen Arbeiten, unabhängig davon, ob die jemand liebt. Das Hauptinstrument, heute diese Fragen praktisch zu lösen, ist das Geld, über das die meisten Menschen unzureichend verfügen können, wodurch sie etwas „müssen“ ...

Freitag, 19. August 2011

6.2. Nicht alle Arbeit ist Kunst – manche muss sein

Also „frei“ ist, wer vernünftig handelt, weil er vernünftig handeln kann.
Und natürlich gibt es auch im Kommunismus verschiedene „Gewalten“. Staatsgewalt natürlich nicht, weil es ja keine „Staaten“ gibt. Aber es gibt eben Zwänge der Notwendigkeiten.
Die wichtigste Gewalt ist die Notwendigkeit dazuzugehören.
Nun stirbt mit dem Verschwinden eines „allgemeinen Äquivalents“ die sich verselbständigende Kriminalität ab. Es gibt einfach nichts mehr zu gewinnen durch einen Raubüberfall. Man kann ja keine Millionen Dollar auf die Malediven mitnehmen, mit denen man sich dort etwas Anderes leisten könnte als jeder x-beliebige andere Mensch. Die Achtung in einer schaffenden Gemeinschaft dagegen ist nur dadurch zu erzielen, dass man entweder selbst etwas schafft oder Andere zum erfolgreicheren Schaffen anregt. Wer nirgendwo dazugehört, ausschließlich chillt, ist sozusagen tot.
Womit ich bei eine „technischen Frage“ bin, die eigentlich keine ist:
Ich habe bisher bewusst den Ausdruck „Geld“ vermieden und von „allgemeinem Äquivalent“ gesprochen. Die ist nämlich notwendige Voraussetzung, um verstehen zu können, inwieweit „das Geld“ verschwindet. Meines Erachtens verschwindet es mit Sicherheit nur in eben dieser Eigenschaft, wirklich als „allgemeines Äquivalent“ anerkannt werden zu müssen, also als ein gesellschaftliches Verhältnis.
Heute steht eine bestimmte Geldeinheit auf der einen Seite für eine bestimmte vollbrachte und gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit – unabhängig, wer sie womit vollbracht hat – und auf der anderen Seite für eine bestimmte Menge beliebiger Produkte, die Waren. Sicher wird im Kommunismus niemand sich beliebige Produkte (vor allem fremde menschliche Arbeitskraft) aneignen können, weil sein Urahn einmal eine gesellschaftlich anerkannte Tat vollbracht hatte. Das heißt aber nicht, dass es nicht gesellschaftliche Mechanismen geben wird, mit denen Mangel geregelt werden muss und wird.
Das Bild der Malediven soll das veranschaulichen: Bestimmte Dinge wird es objektiv auch im Kommunismus nicht im Überfluss geben KÖNNEN. Inzwischen ist glücklicherweise die Notwendigkeit entfallen, eine oder mehrere Behörden zu installieren, um solche beschränkt vorhandenen Güter zu verteilen – und damit Macht auszuüben.
Was heute möglich ist, ist bereits wesentlich feinsinniger, mit unseren überkommenen Begriffen könnten wir sagen: Eine viel umfassendere „Demokratie“ bietet sich als Lösung an.

Donnerstag, 18. August 2011

6.2. Nicht alle Arbeit ist Kunst – manche muss sein

Damit wäre ich beim Problemkreis Zwang, Gewalt, Notwendigkeit und Freiheit.
Wenn man natürlich Freiheit definierte, alles tun zu können, was einem gerade in den Sinn kommt, dann wäre dies ein „Begriff“, der nur heute und nur für Menschen mit einem unangemessenen Überschuss an „allgemeinem Äquivalent“ umsetzbar ist und dessen Umsetzung für einen vernünftigen Menschen nicht wünschenswert wäre, da er egoistische Rücksichtslosigkeit erfordert. (Was ich mir nehme, muss ich anderen wegnehmen.)
Wenn man sagte, Freiheit (in unserem Sinne) wäre „Einsicht in die Notwendigkeit“, so klingt da zu viel Unterwerfung mit.
Natürlich ist richtig, dass wahrer Freiheit durch Wissen begründete Einsicht vorausgehen muss. Insofern ist es ein Begriff der Vernunft. Und natürlich geht es um ein der selbst erzielten Einsicht angemessenes Verhalten.
Nehmen wir ein primitives Beispiel: Stellen wir uns vor, dass es eigentlich zur Freiheit jedes Menschen gehörte, in seinem Leben einmal Urlaub auf den Malediven gemacht zu haben. Im „Realsozialismus“ vergangener Prägung verhinderte staatliche Gewalt einen solchen Ausflug allgemein, da es sich um kein „Bruderland“ handelte. Im Realkapitalismus verhindern mehrere Ebenen für die meisten Menschen der Erde diese Freiheit praktisch auch:
  • Sie müssen sich zum Teil diese Freude versagen, weil sie sie gar nicht kennen, nichts von ihr wissen. Der Hutu-Kindersoldat ist zwar räumlich der Inselgruppe etwas näher als „wir“, der Hauptinhalt dessen, was er lernen muss, beschränkt sich aber auf das schlichte Überleben.
  • Eine ähnlich wesentliche Zahl von Menschen muss erwägen, wozu sie das wenige „allgemeine Äquivalent“, das ihnen ihre Arbeit eingebracht hat, zuerst einsetzen sollte. Sie hat dann die „Freiheit“, sich zu entscheiden … sagen wir für die bessere Schulbildung der Kinder, damit die es vielleicht „einmal besser haben werden“.
Bis zum Erwägen objektiver Notwendigkeiten, also bis zur Einsicht in solche, dringt heutzutage kaum ein Mensch vor. Nun stelle man sich vor, die 7 Milliarden Menschen dieser Erde wollten wirklich alle einmal Malediven-Urlaub machen! Um es vorsichtig zu formulieren: Die Malediven wären einfach nicht mehr die Malediven, die wir meinen.
Es ist also ein höchst komplizierter, komplexer Prozess, den wir verstehen und dem entsprechend wir handeln können. Sozusagen ein bewusster Verzicht.
Zu der persönlichen Ebene kommt nun noch, dass der einzelne Bürger Mitverantwortung übernimmt: Besuchte niemand diese Malediven, wäre ihre Schönheit wertlos. Es sollten also doch ein paar Menschen dort ein paar angenehme Tage verbringen. Ein kleines Wörtchen mitreden sollte aber JEDER, dass jemand in den Naturgenuss kommt, der dies „verdient“ hat. Eigentlich wären die TECHNISCHEN Voraussetzungen für eine solche Mit-Entscheidung heute so gut wie noch nie zuvor. Ich könnte einen Chinesen mit wählen, dessen Eignung mir zugängig sein kann. Es geht ja nicht darum, dass jeder alles wirklich tut, sondern, dass er die Entscheidungsmöglichkeit nutzen KANN.

Mittwoch, 17. August 2011

6.2. Nicht alle Arbeit ist Kunst – manche muss sein

Man stelle sich ihre technische Grundlage vor:
In einem weltweit unbeschränkt vernetzten Datensystem sind alle nicht abgesicherten Arbeitsaufgaben öffentlich ausgeschrieben. Da es keine privaten Beschränkungen gibt, kann lückenlos jede Aufgabe in EINEM System erfasst werden. Ein Großteil wird zwar mittelfristig vorgeplant. Diese Planung wird aber nicht starr aufrecht erhalten werden. Es muss also immer mit punktuellen Lücken gerechnet werden. Nun kann man entscheiden, wie die konkrete Lücke zu schließen ist. Das Prinzip FSJ hieße hier also, dass sich die freiwillig zu Verpflichtenden im Windhundverfahren das für sie „Angemessenste“ heraussuchen. Das Wehrdienstprinzip dagegen wäre absolut lückenlos und schlösse für den Dienstzeitraum die Verweigerung einer Tätigkeit ohne schwer wiegenden Grund aus.
Das Prinzip FSJ hätte natürlich eine größere Attraktivität und wäre sozusagen die vorletzte Möglichkeit. Denn auch im Kommunismus wird es „Modeberufe“ geben, bei denen Ablehnungen von Interessenten unvermeidlich sind. Die bewiesene Bereitschaft, gesellschaftlich Notwendiges über die eigene Individualität zu stellen, wäre ein sinnvolles Auswahlkriterium unter vielen anderen – und das auch, obwohl sich die Kandidaten sich ihre gesellschaftliche Notwendigkeit hatten selbst aussuchen können. Andererseits … wenn man weiß, dass ein solches freiwilliges Pflichtjahr Voraussetzung für nachfolgende Freiheiten ist, regt das Aktivitäten an, sich unter potentiell unangenehmem das persönlich Angenehmste herauszusuchen.
In Runde 1 wird also jede „freie Stelle“ (welt)offen ausgeschrieben – unabhängig davon, ob es sich um eine „freie Stelle“ in Sinne heutiger Berufstätigkeit handelt, oder ob es um eine zu lösende „Aufgabe“, ein fertigzustellendes Projekt geht. Welche Auswahlkriterien es zur Besetzung geben wird und ob überhaupt, wird von Aufgabe zu Aufgabe verschieden sein. Man denke sich alle Grenzen weg außer der unterschiedlichen fachlichen Kompetenz. Da es unter entwickelten kommunistischen Bedingungen auch keine Sprachbarrieren geben wird, kann also auch weltweit nach geeigneten Fachkräften gesucht werden – mit größerer Wahrscheinlichkeit, welche zu finden.
Sollte etwas auf diese Weise nicht gleich gelöst werden, so kann es durch Runde 2 überbrückt werden – und zwar kurzfristig. Die FSJ-Windhunde wissen um ihren „Springer-Charakter, dass sie u.U. nur eine vorübergehende Verantwortung übernehmen. Mit anderen Worten: Die Aufgabe als solche bleibt ausgeschrieben für Bestqualifizierte und Interessierte – was natürlich den „Zwangsfreiwilligen“ kein Hinderungsgrund ist, sich eventuell dauerhaft um ihren Platz zu bemühen.
Sollte wider Erwarten auch nach dieser Runde immer noch eine Aufgabe unerledigt bleiben, bliebe Runde 3, das (wie militärisch durchzusetzende) Pflichtjahr.
Es widerspricht kommunistischer Logik, alle Menschen „zu ihrem Glück zwingen“ zu wollen. Es würde also niemand als „asozial“ verfolgt, wenn er zeitlebens im Wesentlichen keiner geregelten Arbeit nachginge. Solcherart Zwang führt im Allgemeinen zu einer allgemeinen Senkung der Arbeitseinstellung, da Widerwillen stark ansteckend wirken kann. Es widerspricht aber kommunistischer Logik ebenfalls, wenn Notwendiges einfach liegen bliebe. So klein dieser Sektor auch sein mag, er erfordert ein Sicherungsnetz für die Gemeinschaft. Auf keinen Fall möchte ich hier für eine wie auch immer umschriebene Arbeitspflicht auftreten. Aber es geht ja kommunistisch um die Vielfalt der Möglichkeiten. Und eine der Möglichkeiten sollte der Gemeinschaft erlauben, potentiellen „Bedrohungen“ zu begegnen.
Es ist also sinnvoll, die Möglichkeit einer „Einberufung“ zur Spezialarbeit (für ein paar Monate) ebenso zu fixieren wie die Verurteilung zur Resozialisisierungstätigkeit (als Ersatz für einen „Strafvollzug“).

Dienstag, 16. August 2011

6.2. Nicht alle Arbeit ist Kunst – manche muss sein



In der Welt wird es immer notwendige unangenehme Arbeiten geben. Sagen wir als tatsächliches Beispiel, dass hilflosen Menschen der vollgeschissene Arsch geputzt werden muss (nicht nur im übertragenen Sinn). Es verändern sich nur die Arbeiten, die als solche empfunden werden.
Solche Arbeiten wird man gesellschaftlich bekämpfen, soweit dies möglich ist. Durch welchen Fortschritt, durch welche Erfindung müssen welche Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden? Im konkreten Fall hieße das also, immer wieder neu auf das Kernziel eines lange erfüllten Lebens auszurichten. Kampf den Krankheiten und den mit dem Alter verbundenen Verfallsprozessen. Forschung nach technischen Hilfen. Das lässt sich auch verallgemeinern: Immer wieder neu wird Menschen bewusst werden, dass einige notwendige Arbeiten ihre Würde verletzen. Die meisten von ihnen werden früher oder später durch technische Systeme gelösbt – um den Preis, dass dahinter die nächsten auftauchen. Und manches geht ja auch nicht. Wann wird ein Androide den Arsch seines menschlichen Gebieters putzen? Und liegt eine Inkontinenz vor, kann man ja nicht warten, bis die Krankheit als solche besiegt wäre … Manchmal dauern solche Lösungen viele hundert Jahre.
Es kommt also eine zweite „Lösungsebene“ hinzu: Prinzipielle Freude an der gesamten Arbeitsaufgabe lässt uns auch einzelne „unappetitliche“ Teil-Arbeiten mit Freude, zumindest aber leichter erledigen. Oder sagen wir es so: Es bereitet Befriedigung, sich selbst als sinnvoll zu erkennen. Es hat eben – auch wenn es nicht Jedermanns Sache ist – etwas für sich, abrechnen zu können „Patient sauber, fühlt sich wohl!“. Alle die, die schon die Dankbarkeit von Hilfebedürftigen empfangen durften, wissen um diesen Wert. (Wobei das Problem der Würde im konkreten Fall eher auf Seiten dessen liegt, der wie ein hilfloses Baby gepflegt werden muss.) Dem steht heutzutage in erster Linie der Zeitdruck entgegen. Das Auskosten zwischenmenschlicher „Belohnungen“ ist im Pflegeberuf nicht vorgesehen. Auch bei anderen Berufen gibt es vom Inhalt her „unangenehme“ notwendige Tätigkeiten, die „attraktiv(er)“ würden, erkannte man sie angemessen an. Dabei könnte (!) auch heute schon ein Schreibtisch-“Arbeiter“ anerkennen, dass er zu mancher „Drecksarbeit“ gar nicht fähig wäre, dass er sich über andere Menschen freuen sollte, die solche Arbeiten verrichten. (Er sieht nur, dass umgekehrt die seine Arbeiten nicht packen.) Was spricht dagegen, dass es einmal für einen solchen Zweck bei heute ganz abwegig erscheinenden Berufsgruppen Versionen von „Restauranttestern“ geben könnte? Das setzt natürlich immer voraus, dass jedes Ergebnis auf einen „Verantwortlichen“ zurückgeführt werden kann.
In beiden Fällen liegt ein „innerer Zwang“ zur Arbeit vor. Die Einzelnen erkennen aus freien Stücken die Notwendigkeit bestimmter Arbeiten und übernehmen bewusst Verantwortung für deren Lösung.
Trotzdem wird immer ein Rest bleiben, der gelöst werden muss, für den sich aber gerade niemand findet. Sei es nun wegen der Lage des Problems oder weil sich für bestimmte Aufgaben insgesamt zu wenige Menschen begeistern lassen.
Was spricht in solchen Fällen gegen ein allgemeines Findungs- und Bewährungsjahr?
Zum normalen, frei harmonisierten Arbeitswahlprozess tritt ergänzend ein stärker restriktives System hinzu. Je nach Notwendigkeit kann dies wie eine „allgemeine Wehrpflicht“ oder wie ein „freiwilliges soziales Jahr“ funktionieren. Für beide Systeme gibt es Argumente.

Montag, 15. August 2011

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle


Die kommunistische Arbeitswelt wird sich demnach wohl zwischen drei Extreme bewegen:
Das eine Extrem habe ich mit der Musikproduktion angedeutet. Der Anteil an „lebendiger Arbeit“, der im fertigen „Produkt“ erkennbar ist, schrumpft immer weiter auf Werte nahe Null. Sehr nahe Null kommt man zum Beispiel durch Automaten / Roboter, die selbst Automaten / Roboter herstellen. Die aktuelle Arbeit wird dort durch früher vergegenständlichte verrichtet. Dies ist übrigens der Bereich, der seine erste Blüte durch weltweite Konversion erleben könnte. Spezialisten hochwertigster Militärtechnik haben normalerweise die „Vorbildung“, um Programme solcher technischen Komplexität zu verstehen und zu erarbeiten. Hier wären sie sinnvoll einsetzbar – zusammen mit erfahrenen Kräften des bisherigen Bereichs. Man muss ja berücksichtigen, dass der Bau solcher Roboter bauenden Roboter eine Investition in die Zukunft bedeutet.
Das zweite Extrem ist die Gegenseite, die „Kunst“. Hier wird in erster Linie produziert, weil die „Produktion“ den „Produzierenden“ (und einigen Anderen) einfach Spaß macht. Im Großen und Ganzen ist das eigentliche Bedürfnis auch technisch lösbar: Jeder könnte sich eine Kopie der Mona Lisa ins Wohnzimmer hängen. Der Kunst-Charakter der „Arbeit“bedeutet, dass Arbeitsaufgaben die Arbeitenden voll vereinnahmen. Marx nannte das Arbeit als „erstes Lebensbedürfnis“. Ich konkretisiere das zur „Freude am Schaffensprozess und am Produkt“ für den Schaffenden. In diese Kategorie fällt auch ein echter Kleingarten. Für die Bekämpfung von Hunger darf weltweit im Kommunismus Kleinfeld-Wirtschaft nicht mehr nötig sein – aber für eine hohe Qualität und Diversifizierung des Angebots. (Also jeder muss ohne Handarbeit satt werden, aber mit Handarbeit wird man angenehmer satt.)
Das dritte Extrem sind die MFS-Arbeiten, also direkte Arbeiten am Menschen. Natürlich gibt es Überschneidungen und Verschiebungen zwischen den Extremen. So ist damit zu rechnen, dass die unmittelbare Chirurgie immer mehr rein technische Vorgänge umfassen wird, also dass mehr Operationen durch Roboter übernommen werden (ganz oder teilweise). Das ändert aber nichts daran, dass alle medizinischen Berufe MFS-Arbeiten bleiben bzw. wieder sein dürfen. Mitmenschliche Fürsorge im weitesten Sinn unterscheidet sich also von den anderen dadurch, dass ihr Wesen in der unmittelbaren Kommunikation zwischen Menschen, die ein Bedürfnis haben und solchen, die es befriedigen, besteht.
Bevor ich auf Beispiele hierzu eingehe, muss ich aber auf ein echtes Problem hinweisen:
Die Welt des entfalteten Kommunismus wird fast immer für fast jeden einzelnen Menschen einen sinnvollen Lebensplatz zu bieten haben, bei dem der Nutzen für die Gemeinschaft mit dem seinem individuellen Wohlbefinden in Harmonie gebracht werden kann. Was ist aber mit den Fällen, in denen das nicht gelingt?
Es ist natürlich schwierig, ein System von den Sonderfällen her zu beleuchten, aber letztlich nötig. Der ganze heutige Staatsapparat scheint ja darauf ausgerichtet, sich mit (potentiellen) Sonderfällen auseinanderzusetzen. Die Masse der Bürger dieses Landes würde sich zu Äußerungen hinreißen lassen wie „Wegen mir brauchte es keine Polizei zu geben. Aber vor den paar Verbrechern möchte ich schon geschützt werden.“
Die Probleme liegen dabei zuerst einmal im Charakter der Arbeiten selbst, aber auch in der Individualität der Menschen. Als Materialist beginne ich logischerweise bei den Arbeiten, deren Charakter erkannt und beeinflusst werden kann.

Sonntag, 14. August 2011

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle

Prinzipiell hätte also jeder Mensch irgendwann ein Empfangsgerät angeschafft haben können, das nur noch zu warten und ggf. durch ein tatsächlich verbessertes zu ersetzen wäre. Mit diesem kann er uneingeschränkt alle Musik aus dem Weltnetz herunterladen, die seit der Entwicklung geeigneter Tonträger jemals Menschen mit Vergnügen am Musik gemacht haben. Das hindert natürlich niemanden daran, sein Vergnügen in der tatsächlichen körperlichen Begegnung mit seinem Lieblingsmusiker zu suchen - so, wie es zweifelsfrei ein faszinierendes Erlebnis für die Musiker bleiben wird, live vor Publikum zu spielen. Vielleicht wird der Showaufwand, der ja zur Zeit mit den Preis der Eintrittskarten rechtfertigen muss, etwas geringer ausfallen. Denn der reduziert sich auf den Umfang, der als akzeptiertes Vergnügen für die Beteiligten "durchgeht", denn mit den dabei eingesetzten Anlagen wird ja echtes Arbeitsprodukt verbraucht.
Für den "Kommunismus" sind auf diesem Gebiet die technische Voraussetzung erreicht.

Bei vielen anderen Vorgängen stellt sich die Problematik anders dar. Da ist es für den in betriebswirtschaftlicher Beschränkung denkenden einzelnen Unternehmer "billiger", sich gegenseitig niederkonkurrierende Arbeiter einzusetzen, als automatisierte Strecken zu schaffen. Solche automatisierten Strecken setzten ja auch globale Planbarkeit des Absatzes voraus. Und wieder ist es für den betriebswirtschaftlich beschränkten Unternehmer "sinnvoller", Waffen für staatliche Abnehmer zu produzieren als echten Massenbedarf befriedigende Großanlagen.
Die sind aber der Eckpfeiler, der neben dem "Handwerksbetrieb" stehen muss. Die Fortschrittsgläubigkeit der vergangenen Marxisten hatte nur den Mangel, den Trend zu Mehr und Größer mathematisch geradlinig fortschreiben zu wollen.  Dass DANEBEN ein ausufernder Bereich von in weitem Sinne „Kunst“ sich entfalten könnte und müsste, wurde nur abstrakt erfasst.
Ich verstehe hierbei unter Kunst nicht die Ausübung einer abschließenden Zahl von "Künsten", sondern alle Tätigkeiten, bei denen nicht mehr auseinanderzuhalten ist, was das Entscheidende ist: Das Vergnügen des Empfängers bei der Befriedigung seines Bedürfnisses, das Vergnügen des "Künstlers" im und am Schaffensprozess oder das Vergnügen des "Künstlers" am Wissen, dass und wie sein Produkt einem Anderen Vergnügen bereiten wird.
Dass das drei voneinander unterscheidbare Dinge sind, können Künstler aller Zeiten und Gattungen bestätigen. Welches am stärksten zurücktritt, wenn jedes "Vergnügen" erst durch die Sieblöcher erhofften "allgemeinen Äquivalents" musste, also wenn nur "Bares" "Wahres" ist, können die meisten heutigen Künstler heute schlecht entscheiden. Nur, dass "man" von Kunst schlecht leben kann.
Auch das ist wiederum hauptsächlich dadurch begründet, dass das eigentliche Bedürfnis bereits technisch befriedigt werden kann: Jeder kultivierte Bürger Europas kann sich Bilder jeden Malers in ihrer Farb-Schönheit an die Wand hängen, um sich geschmackvoll zu schmücken. Das Prädikat der "Echtheit" ist ein dafür nicht erforderlicher Sonderfall.

Samstag, 13. August 2011

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle

Bei allen spezifischen Modifizierungen ist damit das Beispiel Musik das Grundmuster kommunistischer Verhältnisse. Oder richtiger: Diese Art der sich selbst verewigenden geistigen Arbeit ist der materielle Boden für das Funktionieren der kommunistischen Gesellschaft. In dieser reinen Form kommt es wahrscheinlich nicht so oft vor. Allerdings ist es natürlich eine gewaltige soziale Revolution, wenn weltweit eine einmal entwickelte geistige Leistung überall dort, wo sie benötigt wird, auch verfügbar ist – und das ist natürlich kommunistisch, denn niemand hat einen materiellen Nutzen davon, irgendwo irgendwen von der Nutzung seines geistigen Produkts auszuschließen. Im Gegenteil: Der Ruhm als denkbarer Lohn einer Leistung steigt mit der weltweiten Bekanntheit dieser Leistung..
Den weitaus größten Anteil aller Weltarbeitszeit wird allerdings im weitesten Sinne "mitmenschliche Fürsorge-Arbeit" ausmachen. Wobei sich auch heute anders geartete Tätigkeiten unter kommunistischen Vorzeichen in solche MFS-Arbeiten verwandeln werden, weshalb ich den heute schon gebrauchten Ausdruck "Care" (also Sorge-)-Arbeit als zu kurz greifend hier nicht verwende.

Das Problem liegt darin, dass inzwischen die Arbeitsteilung so weit Gesamtvorgänge in Einzeltätigkeiten aufspreizt, dass zum Schluss nicht mehr sichtbar ist, welcher Teilvorgang für das Gesamtergebnis, also die Befriedigung eines echten Bedürfnisses, notwendig ist.
Einfach gesagt: Dafür, dass jemand seinen Hunger mit einem Apfel mindert, braucht man keinen Wärter. Solange aber alle hungrig sind, ist es sinnvoll, einen Wärter einzusetzen, damit ein paar Wenige sich Gedanken darüber machen können, wie der Hunger generell bekämpft werden kann. Dieser Vorgang verselbständigt sich aber: Diejenigen, die nun keinen Hunger mehr haben, benutzen ihre Mitmenschen in erster Linie dazu, dass es nur ihnen selbst besser geht. Also brauchen sie mehr Wärter und Kontrolleure der Wärter und Berechner ihres Besitzes und Entwickler neuer Apfelsorten und Registerführer, die schützen das Recht wirtschaftlich Ausgesuchter, die neuen Apfelsorten zu nutzen ...
Spätestens dort wird es für die Menschheit als Ganzes kontraproduktiv. Es haben sich immer mehr Arbeiten herausgebildet, die nichts Anderes bewirken, als dass ein Ergebnis nur einigen Wenigen zufällt - obwohl insgesamt, gäbe es sie nicht, mehr Produkte für alle vorliegen könnten. Das ist so lange noch kein Grund für Kommunismus, solange beim Wegfall aller Kontrolleure und Wächter sich in der Breite nur der Mangel verbreitete - wenn auch vielleicht etwas gemildert.
Also stellt sich die Frage, an welcher Stelle der Entwicklung der potentielle Reichtum eine menschlichen Gesamtgesellschaft ausreichend groß wäre.
Allen Fortschrittsskeptikern zum Trotz gibt es darauf eine Antwort: In dem Moment, in dem die Masse aller vergegenständlichten Arbeit allein bereits alle menschlichen Grundbedürfnisse zu befriedigen vermag. Nicht im Detail, aber im Gesamtdurchschnitt.
Primitiv veranschaulicht: Aller "Hunger" müsste von Maschinen allein gestillt werden können.
Wie dies passieren kann, wird von Sachgebiet zu Sachgebiet anders ausfallen.  Die Variante Musik hat dabei positiven Mustercharakter: 

Freitag, 12. August 2011

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle

Sofern es darum geht, Wohlbefinden vermittels Musik näher zu kommen, können wir drei Entwicklungsstufen der "Produktivkräfte" feststellen. (Wir klammern hier das aktive Musik machen aus und beschränken uns auf das passive Musik hören.)
In der ersten Stufe war die notwendige Voraussetzung für einen Musikgenuss die körperliche Anwesenheit der Musiker. Jeder einzelne Mensch war auf deren direkte Bedürfnisbefriedigungsarbeit angewiesen. Keine Musiker - keine Bedürfnisbefriedigung. Die Verhältnisse im Sinne eines "Überbaus" konnten dabei variieren: Die Musiker verbanden ihr Vergnügen mit dem der Gemeinschaft (Urkommunismus), die Musiker versuchten, ihre Kunstarbeit zu verkaufen (Marktwirtschaft) bzw. nicht Zahlende wurde von der Bedürfnisbefriedigung Musik hören ausgeschlossen (entwickelte Marktwirtschaft). Aber immer galt: Kein Musiker - keine Musik. Die unmittelbare Arbeit an der Bedürfnisbefriedigung war das Wesentliche, obwohl ein gewisses geistiges Eigentum (Text und Melodie) notwendiges in die Bedürfnisbefriedigung einfließendes Element war.

In der zweiten Stufe wurde das Bedürfnisbefriedigungsmittel Musik mittels eines materiellen Trägers zur Ware. Im äußeren Vorgang war sogar nur eben dieser Träger, ob der nun Schallplatte, CD oder wie auch immer hieß, die Ware. Es bestand aber weiter ein mathematisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Arbeit der Musiker und den einzelnen Bedürfnisbefriedigungen. Allerdings waren die Musiker nicht mehr dort arbeitend anwesend, wo die Musik gewünscht wurde, und der materielle Träger konnte das Bedürfnis wiederholt befriedigen, ohne neu erworben werden zu müssen. Damit war dieser Bereich der Produktivkräfte anderen bereits objektiv (und z. T. dauerhaft) voraus: Wie auch immer ein Apfel "produziert" worden sein mag, er kann immer nur (höchstens) einmal gegessen werden.

Die technische Entwicklung auf dem "Musikmarkt" hat inzwischen aber schon die technische Ebene des Kommunismus erreicht: Natürlich bleibt der Ausgangspunkt aller Bedürfnisbefriedigung, dass irgendwann irgendwo einmal Musiker ihre Arbeit getan, also „Musik gemacht“ haben. Ihr Arbeitsprodukt kann aber unbegrenzt von jedem potentiellen Bedürfnis-Haber zur Bedürfnis-Befriedigung benutzt werden. Eine materielle Beschränkung gibt es nicht. Technisch kann gezählt werden, okay. Die Rückverwandlung in eine zu bezahlende Arbeit ist aber ein völlig vom Bedürfnis abgetrennter, ja, ein ihm entgegen stehender materieller Vorgang. Er erwächst (unabhängig davon, dass man ihn mit dem geistigen Recht der "Autoren" begründet) aus jener zusätzlichen geistigen und materiellen Arbeit, mit der das Herunterladen von Musikstücken aus den WEB beschränkt bzw. in einen Kaufakt verwandelt wird. Rein technisch reichte ein einziges Hochladen eines einmal "aufgenommenen" Musikstücks, um weltweit so gut wie ewig jeden Interessenten sein Bedürfnis befriedigen zu lassen (herunterladen kann er es allein.

Donnerstag, 11. August 2011

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle

Die alles entscheidende Frage ist doch aber, wie WIR uns den "Kommunismus" vorstellen. Nicht, was da irgendein Marx dazu gesagt hat.
In einem ganz anderen Sinn, als der das ausgedrückt hätte, ist die Frage schwierig zu beantworten. Für das wichtigste Merkmal allen Lebens unter entfalteten kommunistischen Bedingungen sehe ich nämlich die totale "Diversifizierung" an. Anders ausgedrückt: Es wird keine Regeln ohne so viele Ausnahmen geben, dass eigentlich die Ausnahmen die Regel sind. Aber die seit Marx vorangeschrittene Entwicklung der "Produktivkräfte" gibt uns einige Erscheinungen vor, die es uns eigentlich leichter machen als den frühen "Kommunisten", uns eine solche Zukunft vorzustellen. Das klarste Bild bietet dabei die Kunst.
Der wichtigste Unterschied zwischen "progressiven" Weltanschauungen, die in Klassengesellschaften entstehen, und solchen danach, ist die Rolle der Bedürfnisse bzw. der Produktion darin. Der Fortschritt der Geisteswissenschaften unter Klassenbedingungen war der Nachweis, dass die materielle Grundlage aller Gesellschaft die Arbeit ist und deren Bedingungen sind nun einmal die Verhältnisse in der Produktion. Der Kernpunkt aller Produktionsverhältnisse aber sind die Eigentumsverhältnisse. Gerade die verändern sich im Kommunismus aber nicht, weil es sie gar nicht mehr gibt. In den Focus tritt dann das, was die Menschen von Anfang an überhaupt erst veranlasst hatte, zu arbeiten: ihre Bedürfnisse. Vor der Jagd kommt der Hunger bzw. beim Menschen immer stärker das Wissen, dass der Hunger kommen wird.
Legen wir das wieder etwas beiseite, zumindest den Hunger. Nehmen wir uns jenes Geflecht von Bedürfnissen vor, das wir mit Musik befriedigen. Nennen wir es vereinfachend den Wunsch nach Wohlbefinden.

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle

Dabei ist das Bild wahrscheinlich eine Nuance näher an der Wirklichkeit dran, als wir uns das heute ausmalen. Die Zahl der „Berufe“, die unsere kommunistisch lebenden Nachfahren einstmals erlernt haben werden, wird unterschiedlich groß sein. Man wird dabei Synergieeffekte feststellen, also dass Ideen zur Verbesserung des einen Fachs besonders von denen kommen, die in einem ganz anderen auch ganz andere Abläufe kennen gelernt haben. Dass also die Menschen im Lebensverlauf nacheinander mehrere Berufe ausüben werden, dürfte einen Heutigen nicht sonderlich verwundern. In ersten Ansätzen tauchen aber bereits heute technische Grundlagen dafür auf, dass der einzelne Mensch eines Tages tatsächlich auch im Laufe des Tages mehrere unterschiedliche Tätigkeiten nach seinem Gusto wird ausführen können. Zumindest sofern keine unbedingte zeitbezogene Anwesenheitspflicht besteht.
Stopp: Hier hat sich heutiges Denken eingeschlichen: Sofern der Mitarbeiter in einem Betrieb seine dortigen Aufgaben nicht vernachlässigt, gibt es KEINEN Grund, nicht nebenher für einen anderen zu wirken ...
Es besteht aber kein Zweifel, dass immer mehr Aufgaben an Rechentechnik daheim oder unterwegs erledigt werden können, und prinzipiell bereits „virtuelle Büros“ möglich sind. (Hiermit müssen wir uns intensiver beschäftigen.)
Leider gibt es zu Marx´ und Engels´ Zeiten auch noch Erscheinungen, die das Jäger- und Fischer-Bild realistischer sein ließen: Schlicht und einfach lebten auf der Erde noch keine Milliarden Menschen. Man konnte sozusagen jedem einzelnen Menschen zehnmal mehr Fläche Land fiktiv zuordnen, auf dem er seinen Wünschen hätte nachgehen können, hätten dies die gesellschaftlichen Machtverhältnisse nicht blockiert. Aussagen über die Bevölkerungsentwicklung in 100 und mehr Jahren sind dagegen unseriös. Sie können alle zu prognostizierenden Faktoren nur evolutionär bewerten. Revolutionäre Entdeckungen und Umwälzungen lassen sich eben nicht – schon gar nicht aufs Jahr – voraussagen. Und „junge“ Tendenzen werden „gewichtet“. Aber wann und warum tritt in Indien eine Europa vergleichbare Situation des „Bevölkerungsgleichgewichts“ (mit leichtem Abwärtstrend) ein? Was passiert, wenn die medizinische Entwicklung eine ganze weitere Generation gesunder Lebender ermöglichte? Nun können viele Aussagen von Engels als Grundgerüst moderner wissenschaftlicher Ökologie gedeutet werden. Aber heißt das auch, dass der, der heute ein geplagter „Städter“ ist, im Kommunismus beim Angeln etwas Laptopartiges neben sich haben wird, um sich beim Fang für die vergnügliche Gruppenfischsuppe nicht zu weit von seiner geliebten Modelloptimierung für ein regionales Verkehrs- und Distributionssystem trennen zu müssen? Vielleicht nicht. Aber es wäre voreilig, solche Vorstellung einfach als Unsinn abzutun. Mir erschienen sie zumindest denkbar.

Samstag, 6. August 2011

6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle

  1. Abschnitt: Was mir so zu „Kommunismus“ einfällt
6.1. Das Kommunismus-Muster Musik und Geist für alle
Die pathetischen Marx-Worte werden verschiedentlich benutzt. Sie klingen auch so allgemein, dass sie heute noch als „hoffentlich zutreffend“ durchgehen können.
Die Aussage mit den Jägern und Fischern wird meist verschämt verschwiegen – und sei es aus Angst, die Theoretiker des Kommunismus lächerlich zu machen. Das ginge natürlich schon … wenn man dieses Zitat aus dem Zusammenhang reißt. Kein Mensch sich wird heute ernsthaft künftige Kommunisten als Jäger und Fischer vorstellen.
Allerdings ist dieser Ausflug der ansonsten ernsthaften Wissenschaftler in die Sphären der Belletristik unter mehreren Gesichtspunkten interessant.
Da schielt natürlich ein hoher Grad an realer Ahnungslosigkeit durch, welche Kompliziertheit die sachliche Arbeitsteilung im Kommunismus erreicht haben wird. Es ist sozusagen ein Beleg für Marx´und Engels´ Verhaftung in der Zeit, in der sie lebten – und Warnung an uns, dass unser Denken ja in unserer Zeit klebt. Selbst, wenn wir uns vorzustellen versuchen, wie es in der Zukunft aussehen könnte, können wir unsere Fantasie natürlich nur von dem Punkt aus abfliegen lassen, an dem unsere Gesellschaft gerade ist.
Zweitens lässt sich natürlich etwas Unbekanntes nur aus dem Vergleich mit Bekanntem erklären. Man stelle sich vor, es wären Zeitreisen möglich. Nun versuche man eine moderne Wohnung mit Fernseher, Computer, Musikanlage, Handy und Ceranfeld den Denkern Marx und Engels im Jahre 1844 zu erklären – von „normalen“ Arbeitern, zu denen die Gedanken der Theoretiker ja vordringen sollten, ganz abgesehen! Ich bezweifle, mich ihnen da wirklich verständlich machen zu können.
Drittens steckt natürlich ein rationaler Kern in dem niedlichen Bild: Dass wir heute froh sind, in dem Bereich arbeiten zu dürfen, den wir gelernt haben, hat doch zweierlei Gründe. Der eine, klar, liegt in der Sache selbst. Die Masse an Wissen, um ein Computersystem zu programmieren, ist etwas größer als das Knowhow für den Fang eines Fisches. (Obwohl man auch die spezifischen Kenntnisse der Vergangenheit nicht niedrig schätzen sollte.) Es wäre also eine Verschwendung, sich erst eine solche Masse an geistiger Potenz anzueignen, und sie dann nicht einzusetzen. Daneben sind wir aber durch unsere Einbindung in den „gesellschaftlichen Reproduktionsprozess“ gezwungen, unser Geld mit dem zu verdienen, von dem wir beweisen können, dass wir es gelernt haben. (Wenn wir nicht zur herrschenden Klasse der Eigentümer gehören, für die das aber in einem bestimmten Grad auch zutrifft.) Allerdings verkümmern wir so auch: Wie vielen „Buchhaltern“ merkt man irgendwie an, dass sie Buchhalter sind … Natürlich ist das mit morgens, nachmittags und abends etwas unglücklich formuliert und man erkennt den Wunsch als Vater des Gedanken. In einer Welt der totalen Disziplinierung jedes Einzelnen zur Ausfüllung einer festen Rolle brach hier der Wunsch nach anarchischer Freiheit durch.