Donnerstag, 20. Oktober 2011

Die drei Wirtschaftskreisläufe oder auch Robinson kann helfen (2)

In der Realität kommt aber mindestens ein entscheidendes Element dazu: Die Gesellschaft, in gewissen Sinne die ganze Menschheit, verfügt endlich über ein handhabbares Instrument, die Bedürfnisse aller ihrer Mitglieder zu erfassen (zu kennen) und im Sinne ihrer direkten Befriedigung zu wirken (und natürlich im Sinne einer bewussten Minimierung ausufernder unsinniger Bedürfnisse). Die technische Grundlage für ein solches Konstrukt scheint mit dem „Internet“ gegeben: Im Prinzip kann schon heute jeder Mensch dieser Erde sich an seinen Computer setzen, sich in eine gigantische virtuelle Bedürfniszentrale einloggen und kundtun, welche Bedürfnisse er befriedigt zu bekommen hofft. Indem er dies öffentlich machte, machte er auch Unverschämtheiten öffentlich, denen er sich schämen müsste. Allerdings fördert das Wissen, dass einzelne Menschen sich unverschämte Wünsche erfüllen, weil sie dazu die Mittel haben, noch den Zusammenbruch einer solchen technischen Institution. Es geht ja auch nicht um die tatsächliche Machbarkeit im Augenblick sondern darum, dass es bereits technische Mittel gibt, mit denen so etwas möglich wäre. Alle Produktion im weitesten Sinn könnte „wieder“ direkt an den erfassten und bewerteten Bedürfnissen ausgerichtet werden. „Man“ weiß wieder warum man was macht … Trotz des entscheidenden Unterschieds, dass der urgesellschaftliche „Wirtschaftskreislauf“ ungeheuer klein war und inzwischen scheinbar unüberschaubar groß geworden ist.
Das Wissen, was für welches und wessen Bedürfnis getan wird, ging mit fortschreitender Teilung der Arbeit, vor allem der Verselbständigung der geistigen Elemente des Arbeitslebens, allmählich verloren. Die Wirtschaftsbeziehungen, die sich nun durchsetzten, kann man „klassenbildend“ nennen. Ihre höchste Ausprägung haben sie im „Kapitalismus“ - Beziehungen der Warenwirtschaft, die Marx analysierte. Sie haben im Vergleich zu den beiden anderen zwei einschneidende Unterschiede, weshalb ein von letztendlichen Bedürfnissen zu unterscheidender zweiter Wirtschaftskreislauf entstand. Also seine gesamten Gesetze berühren menschliche Bedürfnisse als Ursprung allen menschlichen Handelns direkt überhaupt nicht mehr und sie beruhen darauf, dass die Menschen, die etwas tun, was eigentlich Bedürfnisse befriedigen soll, diese Bedürfnisse nicht kennen. An die Stelle der eigentlichen Bedürfnisse sind die „gesellschaftlich anerkannten“ getreten, was praktisch heißt die „bezahlbaren“.
Das mathematische Konstrukt ist dabei etwas verwirrend: Bei den sich gegenüberstehenden zwei Hauptseiten des Konflikts entscheidet immer die schwächere. Also entweder würde Produziertes nicht bezahlt werden können oder etwas, was bezahlt werden könnte, kann nicht produziert werden. Der letztere Fall ist der seltenere. Tausende bezahlte Wünschelrutengänger beschwören die Möglichkeit, dass das freie Spiel der chaotisch wirkenden Kräfte einen Ausgleich zwischen Produktion und Konsumtion herstellte. Trotzdem verhungern Millionen Menschen auf der Erde, weil sie nicht in Besitz von allgemeinem Äquivalent kommen, weil sie keine Arbeit (vorfinanziert) bekommen, um etwas in dem großen Kreislauf Verwertbares einzubringen.
Das System Kapitalismus kann das Problem der Bedürfnisbefriedigung nicht lösen – ich meine natürlich im Weltmaßstab, also nicht beschränkt auf ein paar Teilkreisläufe, die sich jeweils auf Kosten des Rests (der Welt) vollsaugen können.
Es ist richtig: Das System hat es in seinen Glanzecken besser funktioniert als die Ansätze des Sozialismus. Aber die Unerfüllbarkeit von Bedürfnissen einer „Überschussmenschheit“ ist Bedingung des ganzen Systems – es wechselt im Höchstfall, wer zur Gruppe eben dieser „Überschussmenschheit“ gehört. Im Wesen der Planung eines kommunistischen Versorgungssystems liegt die beständig steigende Annäherung an die umfassende „Vollversorgung“.
Wesen und Erscheinung der damit zusammenhängenden Vorgänge sind durch Marx nicht nur in „Das Kapital“ schlüssig dargestellt. Nur irrig ist, diesen Übergangsfall menschlicher Entwicklung so darzustellen, als ginge alle Wirtschaft mit der Warenwirtschaft los. Das war Hunderttausende Jahre nicht so und wird – vorausgesetzt, die Menschheit übersteht die Presswehen der neuen Gesellschaft – Millionen Jahre nicht mehr so sein. Ihr „Kreislauf“, der alle Vorgänge über ein abstraktes allgemeines Äquivalent, also das Geld, steuert, verschwindet wie eine abgenutzte Schlangenhaut.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Die drei Wirtschaftskreisläufe oder auch Robinson kann helfen (1)



Das Denkgebäude, das Karl Marx aufstellte, war produktionsfixiert. Das hat Vor- und Nachteile. Das kommt auch in seinem Hauptwerk „Das Kapital“ zum Ausdruck: Die Welt, die er zu erklären versucht, rankt sich um den Begriff der „Ware“. Dies reicht aus, um einen Kapital-Ismus mit seiner Herkunft und seinem Niedergang zu erklären, aber nicht für die Einordnung des Kommunismus. Dafür muss jeder Klassenhorizont verlassen werden.
Man kann die „Wirtschaft“ in drei Arten von Kreisläufen unterteilen.
Der innerste ist der elementare oder Robinson-Kreislauf: „Der Mensch“ als konkretes Einzelwesen hat Bedürfnisse, die zu befriedigen sind und die er selbst befriedigt, einen natürlich vorgegebenen Zeitfonds, in dem er diese Bedürfnisse befriedigen kann bzw. muss, und eine gesellschaftliche Qualität dieses Zeitfonds. Selbstverständlich sind auch die Bedürfnisse selbst gesellschaftlich bestimmt. Sie erwachsen nur zum kleineren Teil „der Natur“, zum größeren dem, was man kennt. Also die frühen Menschen, die die Nutzung des Feuers nicht kannten, FRAßEN, womit sie ihren Hunger stillen konnten. Sie hätten mit Messer und Gabel nichts anfangen können, schissen sicher daneben und es gab nichts, wo und warum sie hätten Staub wischen können. Wie sauber jemand heute seine Wohnung haben möchte, ist u.a. auch ein kommunikatives Bedürfnis. Es erwächst eben auch aus dem Grad der Peinlichkeit, wenn Besucher „Sau“ mit Fingern aufs Regal schreiben (könnten).
Der konkrete Mensch hat von der Natur der Erde pro Tag 24 Stunden zur Verfügung gestellt bekommen Abläufe, die Jahre ergeben (Jahreszeiten u.ä.) sowie die Aussicht eines im Tode endenden Lebens. Welche Bedürfnisse er wann in welchem Umfang befriedigt, ist im Wesentlichen frei zu entscheiden. Allerdings werden einschränkend die Därme schon Forderungen stellen, wann sie entleert werden wollen – wie der Magen, der gefüllt werden will usw.. Mit jeder Entscheidung für ein zu befriedigendes Bedürfnis fällt für diese Zeit die Entscheidung gegen (fast) alle anderen. Wer also seine Zeit braucht, um etwas zu fressen zu bekommen, kann nicht gleichzeitig speisen oder Musik zum Feiern machen oder hören.
Die „gesellschaftliche Qualität dieses Zeitfonds“ belegte der berühmte Robinson selbst: Was wäre er gewesen ohne die Flinte und technischen Geräte, die er aus dem Schiff hatte retten können? Was wäre er gewesen ohne bestimmtes Wissen seiner Zeit – beispielsweise zur Haltung von Haustieren? Sein klar umrissener Kreislauf Bedürfnisse – Entscheidung – eigene Produktion – Befriedigung – neues Bedürfnis prägte sofort auch sein Denken, den Freitag, der nicht über ähnliche technische Mittel verfügte, in ein Werkzeug für seine Bedürfnisbefriedigung zu verwandeln, ihn für sich arbeiten zu lassen.
Dieser elementare Kreislauf ist natürlich zutiefst beschränkt. Man kann ihn geistig von einzelnen Personen auf konkrete Gruppen erweitern, womit man das „urkommunistische“ Prinzip vor Augen hat: Die Gruppe als Ganzes kennt die Bedürfnisse aller ihrer Mitglieder und befriedigt sie nach vorhandenen eigenen Möglichkeiten selbst. Im Prinzip verselbständigen sich nur die arbeitsteiligen Abläufe, die jeder Mensch sonst allein für sich entschieden hätte. So wie Robinson für sich (ohne Freitag) entschieden hatte, welche Arbeitsgang wie viel Zeit wann „kosten darf“ (indem diese Zeit anderen Arbeitsabläufen vorenthalten wird), so entscheidet dies nun die Gruppe. Neu dabei ist, dass nun natürlich Bedürfnisse parallel bearbeitet werden können. Der Grundsatz aber bleibt: Die Mitglieder einer Gruppe arbeiten so arbeitsteilig wie die Organe eines menschlichen Körpers. Sie akzeptieren naturwüchsig, dass sie alle ihre Bedürfnisse kennen und gemeinsam ihre Möglichkeiten nutzen, in ihrem beschränkten Vermögen viele der Bedürfnisse zu befriedigen.
In dieser Herangehensweise ist der kommunistische, der DRITTE Wirtschaftskreislauf ähnlich. Seine wesentlichen Elemente konnten Marx und Engels nur teilweise erahnen, wodurch sie zu missdeutbaren Schlussfolgerungen kamen. Sie verabsolutierten die für ihre Verhältnisse überwältigenden Springquellen produktiven Reichtums, die den Kommunismus kennzeichnen würden. Also einfach gesagt: Weil genug da sein würde, alle Bedürfnisse zu befriedigen, können alle Bedürfnisse befriedigt werden. Ein solcher Denkansatz war der stürmischen Entfaltung der Produktion / Produktivität in den vorausgegangenen 200 Jahren (im Vergleich zur gesamten Menschheitsentwicklung bis dahin) geschuldet.

Montag, 17. Oktober 2011

Welche Bereiche machen denn kommunistisches Leben für den Einzelmenschen aus? (29

Einen besonders großen Anteil an Jedermanns Lebenszeit entfällt auf Kunst im weitesten Sinne. Dabei ist nebensächlich, inwieweit das das aktive Ausüben der bekannten Künste bzw. deren Genuss betrifft, oder ob es darüber hinausgeht. Wie immer sind die Übergänge fließend. Zum Verständnis des Problems erinnere ich an den Begriff des „Kunsthandwerks“. Es dürfte kaum Menschen geben, die nicht etwas tun werden, was zwar nicht existenzbegründend ist, aber ihnen und gleich Gesinnten Freude bereitet.
Wesentlich stärker als heute wird das Gesamtleben aller Menschen von eine Vielzahl unterschiedlicher Kommunikationsformen durchdrungen sein. Anzunehmen ist, dass sich „Videophonie“ zur Hauptform entwickelt, also Gespräche, ggf. auch Konferenzen, bei denen sich die Beteiligten nur nicht berühren und beriechen, sich aber ansonsten relativ umfassend emotional und sachlich austauschen können. Wie bei dem meisten Anderen wird es schwer abzugrenzen sein, ob man sich nur privat trifft oder dort, wo dies körperlich nötig bleibt, an einem eigenständigen Arbeitsplatz auch über Privates unterhält. Viele moderne Arbeitsaufgaben sind ja aber technisch von „zu Hause“ aus lösbar. Die Hauptgegenargumente der Geheimhaltung und begrenzten Kontrollierbarkeit entfallen ja im Kommunismus.
Eine Sonderform der Kommunikation wird sicher die professionelle Moderation sein, die Störungen zwischenmenschlicher Beziehungen abzubauen hat.
Besonders herauszuheben sind eben jene „zwischenmenschlichen Beziehungen“. Sie unterscheiden sich von den heutigen sicher in erster Linie durch ihre größere Vielfalt. „Man“ wird sich wohl kaum über irgendeine Form des Zusammenlebens wundern, über nackte Menschen auf dem Flur, Kinder, die nicht wissen, wessen Spermien ihre Existenz begründeten, Gruppen, die sich auflösen so wie sie sich bildeten und umgekehrt … aber eben auch nicht über Menschen, die ihr Zusammenleben über eine Zeremonie aus vergangenen Zeiten dokumentieren möchten und ein ganzes langes Leben miteinander verbringen werden. Auch ist wahrscheinlich, dass besiegte Krankheiten eine umfassend freiere Beziehung zur Sexualität bewirken werden.
Ein eigener Bereich ist die „Versorgung“, also das, was heute der Handel wäre. Er wird nach eigenen, mit nichts Heutigem Vergleichbaren funktionieren.
Ebenfalls ein eigener Bereich ist der Transport, das Reisen. Einige gesonderte Anmerkungen habe ich schon gesondert versucht. Wichtig hierbei ist, dass die neuen Kommunikationsformen ein Ausufern des Reiseumfangs blockieren müssen.
Völlig anders als heute dürfte der Ausdruck „Politik“ verstanden werden. Es dürfte jedem selbstverständlich erscheinen, bei öffentlichen Angelegenheiten, die ihn direkt oder indirekt betreffen – einschließlich der Planung des Weltarbeitsvermögens – mitreden zu dürfen und ggf. auch mitzureden. So wie moderne Menschen irgendwann im Laufe des Tages ihr Mailfach abrufen, wird der „kommunistische Mensch“ dies auch tun – nur dass dort eben alltäglich z. B. Projekte vorgestellt werden mit Links zur Vertiefung, wo Entscheidungen vorbereitet werden, was dem einen Mitmenschen eben mehr Freude bereitet als einem anderen. „Formaljuristisch“ sitzen die Menschen des Kommunismuszeitalters also am Computer zum gemeinsamen Klären aller Fragen von öffentlicher Bedeutung wie unsere Urahnen bei der Stammesversammlung. Nur, dass sie sich häufiger „ausloggen“, weil die Gesamtzahl der zu klärenden Fragen einfach ihren Zeithorizont übersteigt und sie nach Interessen / Bedürfnissen auswählen müssen … und können.
Mit allen diesen Komplexen ist der Bereich der Selbstverwirklichung verzahnt. Jeder Mensch kann fundiert hinterfragen, was ihm wichtig ist im Leben, wer ihm wichtig ist und wem er wichtig ist. Die letzten beiden Fragen entscheiden über das Funktionieren des Systems …

Sonntag, 16. Oktober 2011

Welche Bereiche machen denn kommunistisches Leben für den Einzelmenschen aus? (1)


Über das Große lässt sich leicht philosophieren. Kommunismus als Gesellschaft ohne Staatsgewalt, Gemeinschaft der Gleichen, die nach ihren Möglichkeiten für das Wohlbefinden der Allgemeinheit beitragen und dafür nach ihren entwickelten Bedürfnissen sich am Reichtum aller beteiligen. So zum Beispiel. Wenn es darum geht, die „Gleichheit“ zu verstehen als Anerkennung der totalen persönlichen Unterschiedlichkeit, die so weit geht, dass man sich im Sinne eines sozialen Höher oder Niedriger überhaupt nicht vergleichen kann, wird es schon schwieriger. Aber was muss dann praktisch funktionieren?
Eine schrumpfende Bedeutung, wenn auch keine, die nie auf Null sinkt, ist die Arbeit in der materiellen Produktion. Tendenziell wird die erforderliche Gesamtzeit gesenkt und weiter erforderliche Tätigkeiten werden fortwährend neu der Technik (Robotern) übergeben.
Relativ geringfügig zunehmen werden spielerische Kreativarbeiten, also solche, die entweder den Produktionsprozess weiter optimieren, aber mehr noch solche, die Lösungen anstreben, wie welche menschlichen Bedürfnisse besser befriedigt werden können.
Arbeitsaufgaben im „Dienstleistungsbereich“ werden erhalten bleiben. Soweit die mit öffentlicher Gewalt verbunden sind, werden sie hier gesondert aufgegriffen.
Der Bereich mit dem größten Umfang an „Arbeit“ wird der der Fürsorge und Kommunikation sein. Das wird dann aber es auch ein Bereich sein mit besonders fließendem Übergang zum „Privatleben“. So ist zwar die Kinder- und Jugendbetreuung noch mit einem relativ großen Anteil an starr strukturierten Schulelementen durchsetzt. Also in der „Schule“ wird es sicher viele Situationen geben, die uns heute bei „Schule“ einfallen. Allerdings steht „Unterrichts“-Elementen ein größerer Teil „Persönlichkeitscoaching“ zur Seite. Ein Konzept allseitig entwickelter Persönlichkeiten ist mit Schulklassen, die von einem Fachunterricht zum nächsten strömen, nicht zu bewältigen. Da müssen „Eltern“ her, die sich fast lückenlos in der Begleitung und Anleitung der Heranreifenden gegenseitig ergänzen und ablösen. Selbst unterstellt, die Schülerzahl weltweit wäre kleiner als heute, wird die Zahl derer, die hier Anteile einbringen, deutlich zunehmen. Zum fließenden Übergang zwischen „professionellem“ und „eher privatem“ Coachen werden auch mehr Formen der Eltern-, Großeltern- und Gruppenleiter-Anleitung gehören.
Vielleicht nicht ganz so verschwommen wird der Bereich medizinischer Versorgung und Betreuung sein. Klar: An dessen erster Stelle stehen professionelle Tätigkeiten. Sie sind uneingeschränkt darauf gerichtet, jeder Persönlichkeit die „Gesundheit“ zur Selbstentfaltung zu erhalten. Krankheiten sind dabei zweifrontig anzugehen: einmal als technischer Vorgang. Einem gebrochenen Arm ist nicht mit Zureden geholfen, bestimmte Viren im Wesentlichen auch nicht. Sie wirken als Schadprogramme im Körper, denen der innerhalb der verfügbaren Lebenszeit nicht aus eigene Kraft Herr werden kann. Dafür werden Krankenhäuser und ambulante Betreuungszentren sogar noch ausgebaut werden müssen, wo die körperliche Anwesenheit von Fachpersonal Erfolgsbedingung ist. (Vom Grundbild werden also Ärzte und Pfleger(innen) sich am wenigsten von den heutigen unterscheiden – nur ihre technischen Möglichkeiten extrem verbessert sein.) Flankiert wird diese technische Seite durch eine, für die es heute keinen ausreichend genauen Namen gibt. Am nächsten käme sie vielleicht dem Bilder der Gemeindeschwester bzw. ambulanter Betreuung. Hauptunterschied zu Bekanntem ist der verfügbare Zeitfonds. Der fließende Übergang zum „privaten Schwätzchen“ muss eingeplant sein. Diese Sozialbetreuer haben sozusagen die Verantwortung für das allgemeine Wohlbefinden eines angemessenen Kreises von bedingt Bedürftigen – was also heißt, dass es nicht nur „Berufstätige“ sein werden, sondern auch „Hobby-Partnerschaften“ / Patenschaften u.ä. Solche fließenden Übergänge sind ja alle deshalb kein Problem, weil niemand eine (scheinbar) private Fürsorgeleistung zu Lasten eines bezahlten Jobs erbringt, sondern alle formal gleichwertig sind.

Samstag, 15. Oktober 2011

Warum das Bild der fleißigen Ameisen nichts mit dem Kommunismus zu tun hat


Um etwas zu veranschaulichen, gebraucht mancher künstlerische Bilder (Metaphern) aus dem Tierreich. Natürlich stimmen sie nicht. Wer da als „Ochse“ bezeichnet wird, ist im Regelfall ein Mensch geblieben. Allerdings werden den Tieren bestimmte markante Eigenschaften zugeschrieben, die dann das menschliche Verhalten zuspitzen.
Bei den Ameisen wird auch dies problematisch. Sie als Sinnbild für Fleiß zu benutzen, ist mindestens gewagt. Nicht dass sie „faul“ wären, aber „Fleiß“ setzte einen bewussten Vorsatz voraus. Den kann man der einzelnen Ameise beim besten Willen nicht zuschreiben – auf jeden Fall nicht mehr als beliebigen anderen Tieren, die das jeweils Nötige tun, um ihre Art zu erhalten.
Wenn man es aber anders betrachtet und das „Unermüdliche“ hervorhebt, mit dem die einzelnen Ameisentiere sich in den „Dienst“ ihres Volkes fügen, mit der sie an ihrer Stelle im Sinne ihrer Gemeinschaft wirken, dann wird es zu einem verleumdenden Bild, sobald man es auf künftige kommunistische Verhältnisse anwendet.
Das einzelne Tier weiß ja überhaupt nicht, was es tut. Es ist auf Arbeiter, Soldat usw. „programmiert“ und arbeitet dieses ihm aufgezwungene Programm ab.
Der einzelne Mensch im Kommunismus weiß sehr wohl um die Funktionsweise der Gesamtgesellschaft und seine Rolle darin. Er kann sie relativ frei wählen und nach seinen aktuellen persönlichen Bedürfnissen auch wechseln.
Arbeitseifer und unermüdliches Schaffen sind dabei nur zwei Arten unter vielen, sich einzubringen, sicher vorhandene, aber nicht die vorherrschenden. Genauer: Nur bei denen, denen gerade „Arbeit“ besonders viel Spaß macht, besonders große Erfüllung bedeutet. Wozu sonst baute man immer bessere „Roboter“, die selbst „Roboter“ fertigen, die alles Stupide zu minimieren helfen?
Das „Problem“ wird sein, dass Menschen teilweise diesen Maschinen bewusst die Arbeit wegnehmen werden. Nicht, weil es zum Überleben der Menschheit bedeutsam wäre, sondern weil bestimmte Arbeiten, wenn man ihren Umfang selbst bestimmen kann, einfach Vergnügen bereiten und es die Qualität verbessert – im Sinne, dass größere Vielfalt immer besser ist und dass „Handgemachtes“ seinen eigenen Reiz hat bzw. „besser schmeckt“.
Keine Ameise käme auf solche Ideen! Wer also Vorstellungen vom Kommunismus als Ameisenhaufen verbreitet, stutzt die dann Lebenden auf relativ stumpfe Workaholics zusammen. Er billigt ihnen nicht zu, dass sie nach einem Ballettbesuch einfach nur ihre Lust ausleben könnten, den Sexualtrieb mit einem auszuleben, der das auch gerade will … und dazu in den Hauptrechner eingeben, dass sie am Folgetag am Arbeitsplatz vertreten werden möchten. Allerdings werden sie später kurz abrufen, ob sich jemand gefunden hat, und wenn nicht, die Aufgabe angehen, die dann vorgesehen war. Weil sie nämlich um die Bedeutsamkeit ihrer Arbeit wissen.
So ein klein wenig wird jedem bewusst sein, dass da irgendwer dafür arbeitet, dass ihm „der Strom aus der Steckdose kommt“. Etwas muss „man“ zurückgeben. Das wird nur im Vergleich zu heute per Saldo weniger sein … weil die Grenzen zu „Privatem“ viel fließender sein werden, wenn man neben den eigenen auch die Nachbarskinder betreut. „Privates“ aber dürfte Ameisen unbekannt sein ...

Freitag, 7. Oktober 2011

Wortwirrwarr (5) Stalinismus – Leninismus – Marxismus (4)

Der natürliche Mechanismus stärkt also die jeweils bestehenden Machtverhältnisse – das trifft eben auch einen Machtapparat, bei dem einige Personen an der Macht für sich den „Aufbau des Sozialismus“ als Ziel in Anspruch nehmen. Da der Sozialismus aber nicht das Werk weniger Personen sein kann - die können nur leichter seine Fundamentsteine wie Gemeineigentum juristisch setzen – wirkt der „Konservatismus des Faktischen“ hier doppelzüngig: Zum einen hilft er bei der Festigung der Machtposition der bestimmenden Personen, zum anderen reproduziert er bereits unter der Oberfläche des „Aufbaus des Sozialismus“ privatkapitalistische Konkurrenzdenkstrukturen.
Und was mindestens genauso wichtig ist: Ein solcher „Mechanismus“ ist „antikommunistisch“. Er ist eine „natürliche“ Strategie zur Anpassung an Macht. In gewisser Hinsicht „denkt“ da „der Mensch“ wie ein Tier und richtet sich in der einen wie der anderen Machtstruktur ein. Im Kommunismus gibt es aber im herkömmlichen Sinn keine Machtstrukturen. Kommunismus existiert gerade (nur) durch die kreativen Ideen Einzelner – wahrhaft kreative, also solche, die das System ohne „Eigennutz“ vorwärts bringen.
Es kann sein, dass ich das mit der Brille eines Heutigen völlig falsch sehe. Wir sind gewohnt, „Eigennutz“ als etwas Egoistisches GEGEN „die Anderen“ Gerichtetes zu verstehen. Wer sagt uns denn, dass nicht dieselbe Selbsterhaltungsstrategie einmal eine „Anpassung“ an „herrschende“ kommunistische Verhältnisse sein wird? Dass der „Egoismus“ „des Menschen“ sich in den Drang wandelt, positiv aufzufallen? Dass die ständige Wiederholung und Festigung solcher Verhaltensweisen nicht zu ihrer Verinnerlichung führen kann?
Ich meine damit nicht die Doppelzüngigen aus DDR-Zeiten. Die Gesamtverhältnisse waren noch so, dass eine Strategie Erfolg versprach, laut „Hurra Sozialismus“ zu rufen und leise in die eigene Tasche zu scheffeln. Außerdem waren mit den Parteisekretären sogar noch neue Machtstrukturen, graue Eminenzen, installiert worden.
In solch einem Sinn gibt es aber im e. K. keine „Mächtigen“ mehr. Es gibt noch Sachentscheider, Kapitäne vor Ort, okay … Aber größere Bedeutung gewinnen kommunistische „Facebook-Gruppen“, also solche, wo das Austreten aus dem „sozialen Netzwerk“ ähnlich unkompliziert funktioniert wie das Eintreten, ein identifiziertes „Ekel“ also sehr schnell allein da steht. Kann denn jemand, der – und das über Generationen - „seinen Egoismus“ peinlichst verbergen muss, Egoist bleiben … wenn er sich mit „Schwein-Sein“ selbst schadet?
Wie immer man über „Stalinismus“ im Einzelnen denken mag – die Erscheinungen, die man mit dem Ausdruck verknüpfen kann, sind dem Kommunismus aus seinem tiefsten materiellen Wesen heraus fremd. Selbst da, wo „Kapitäne“ wirken, fördern offene soziale Netzwerke die Achtung wegen charakterlicher Stärken. Der Zwang, sich einem William Bligh1 zu unterwerfen, ist gering. Er könnte aus technischen Gründen nur bei interstellarer Raumfahrt auftreten.
1Kapitän der Bounty, gegen dessen Regime gemeutert wurde

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Wortwirrwarr (4) Stalinismus – Leninismus – Marxismus (3)

Nun kommt die andere Seite der Medaille: Zum praktizierten „Stalinismus“ gehören natürlich alle bin ins Groteske getriebenen Auswüchse von Personenkult, den die Untergebenen treiben. Wenn Kindergruppen in ihrer Zusammenkunft im Präsidium einen Platz für den Genossen Stalin frei hielten, war dies einfach lächerlich. Insgesamt ist es aber das System des sich Andienens, das erst die gigantische Macht einzelne „Führerpersonen“ ermöglicht. Es gehört neben der Machtgier Einzelner eben die Akzeptanz der Anderen dazu. Und dies ließ sich leider nicht auf die Person des Josef Stalin beschränken, sondern zumindest begünstigte es die Erschleichung von Machtpositionen durch inzwischen als Feinde einer gemeinschaftlichen Gesellschaft entlarvte Verbrecher vom Typ Gorbatschows oder Jelzins.

Niemand ist auf die Idee gekommen, von „Hitlerismus“ zu sprechen, obwohl man sich doch die allergrößte Mühe gibt, diesem einen Menschen alle Schuld an allem Schlimmen (neben Stalin) zu geben. Ja, der Begriff, der das Wesen aller Erscheinungen des Systems zu fassen versucht, „Faschismus“ wird in diesem Fall durch den vorsätzlich irreführenden Ausdruck „Nationalsozialismus“ ersetzt – wieder mit dem einen Ziel, etwas unter den Hut kreativer nachkapitalistischer Gesellschaften zu schieben, was dort nicht das Geringste zu suchen hat ... Einmal ganz davon abgesehen, dass der Ausdruck „Nazi“ derart niedlich klingt, dass er bereits als Wort eine Verharmlosung der Systemverbrechen bedeutet.

Das Problem „Stalinismus“ deckt allerdings ein grundlegendes geschichtliches Phänomen auf. Ich nenne es hier einmal „Konservatismus des Faktischen“. Dies ist insofern wichtig, als es eine potentielle Bedrohung des Kommunismus darstellt.
Eine grundlegende natürliche Eigenart des Lebens ist seine Fähigkeit zur Anpassung an gegebene (und sich ändernde) Verhältnisse. Dabei nimmt der Grad der Bewusstheit der Anpassung mit dem Grad der Bewusstheit der Lebensform zu. Aber das Prinzip bleibt. Sozusagen auf eine aus dem Tierreich herausragende Intelligenz aufbauend analysiert „der Mensch“ die ihn umgebenden Verhältnisse und entwickelt Strategien, sich ihnen entsprechend zu verhalten. Das ist der urtümliche Kodex des Verhaltens. Sich bewusst revolutionär zu verhalten, also eine die eigene Person als Horizont übersteigende Erkenntnis von Notwendigkeiten als Handlungsgrundlage zu entwickeln, bedeutet einen (zumindest partiellen) Bruch mit diesem Prinzip, der normalerweise nicht von eine Mehrheit erwartet werden kann. Es ist eine Art Selbsterhaltungstrieb, sich im „Kapitalismus“ „unsolidarisch“ zu verhalten, weshalb das Verschwinden des egoistischen Grundschemas (erst) nach dem Ende der „Übergangsgesellschaften“ möglich wird. 

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Wortwirrwarr (3) Stalinismus – Leninismus – Marxismus (2)

Für Kommunisten unter sich sollte stärker die andere Seite eine Rolle spielen. Also das nicht Notwendige, das nicht Wesentliche. Ein solches Herangehen ist insofern wichtig, weil diese Elemente von „Stalinismus“ bei einem künftigen Weg zum Kommunismus vermieden werden können und müssen. Wie aber sollten wir das, wenn wir alle geistige Kraft für die Verteidigung vergangener Notwendigkeiten verausgabt haben?
Gemeint sind zwei böse Seiten einer Medaille: Auf der einen Seite steht das persönliche Machtstreben auch jener Menschen, die sich „Kommunist“ nennen. Eben weil auch Kommunisten „nur“ Menschen sind, sind sie nicht vor dem Gedanken gefeit, das, was sie denken, für das Richtige zu halten, das, was sie für „Kommunismus“ halten, mit dem Kommunismus zu identifizieren … und demzufolge alle von ihren persönlichen abweichenden Positionen für „feindliche“ zu halten. Als Mensch können sie also ihr persönliches Machtstreben mit der Durchsetzung der neuen Gesellschaft verwechseln und die Beseitigung eines persönlichen Kontrahenten für Klassenkampf halten, bei dem sie selbst selbstverständlich immer auf der richtigen Seite stehen. (Sie können damit gelegentlich sogar Recht haben ...)
Im entfalteten Kommunismus wird diese Übereinstimmung von persönlichem Streben und gesellschaftlicher Notwendigkeit tendenziell immer wahrscheinlicher – im Ausgang aus dem entfalteten Kapitalismus ist es in erster Linie aus den bestehenden Verhältnissen erwachsener gewöhnlicher Egozentrismus.

Hier stößt „Stalinismus“ auf den Kampfbegriff „Leninismus“. Die diesen Begriff verwenden, verengen den Namensgeber meist in fürchterlichster Weise. Während der reale W.I. Lenin das gesamte System des „Marxismus“ auf die Verhältnisse des 20. Jahrhundert zu aktualisieren und in praktische Einzelschritte zu zerlegen versuchte, wird hier der Begriff häufig auf eine Entwicklungsphase Lenins verengt: Seine unter brutalster zaristischer Verfolgung entwickelten Überlegungen zu einer erfolgreichen „Partei neuen Typs“. Wer undialektisch an diese Überlegungen herangeht, vernachlässigt die Notwendigkeit, bei schlimmster Verfolgung zu sofort umsetzbaren Beschlüssen kommen zu müssen. Im Prinzip enthält auch „Was tun?“ alle Gedanken zur „Basisdemokratie“ - allerdings unter harten Kampfbedingungen. Es ist einfach unfair, den Willensaufbau von unten nach oben in der Partei der Beschlussdurchsetzung von oben nach unten entgegenzustellen und Letzteres Leninismus zu nennen.
Aber es gibt eben Vereinfachungen: Der oberste „Entscheider“ entdeckt als charakterlich ungefestigter Mensch den Rausch der Macht … und kann ihn missbrauchen.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Wortwirrwarr (2) Stalinismus – Leninismus – Marxismus (1)



Man kann alles in sein Gegenteil umkehren allein schon dadurch, dass man Zeitbezug und sachliche Ebene verwirrt. Nach dem Motto „Die meisten Menschen freuen sich auf ein Eis im Sommer – aber kein Mensch freute sich, im Eis stecken zu bleiben“.
Im entfalteten Kommunismus würde jeder Mensch anarchistische Forderungen nach Abbau aller „Macht“ als etwas Selbstverständliches und Natürliches auffassen. Im reifen Sozialismus sind dieselben anarchistischen Forderungen progressiv, treiben die Gesellschaft vorwärts. In einer Übergangsgesellschaft oder im Kapitalismus sind dieselben (!!!) Forderungen entweder reaktionär, insoweit sie auf die Selbstentwaffnung der progressiven Kreise hinauslaufen, oder naiv, da die Kapitalistenklasse als solche aggressiv ist und insofern ein einzelner zur Gewaltlosigkeit bekehrter Kapitalist nur durch andere aus seiner herrschenden Klasse ausgestoßen würde. Es kommt also nicht darauf an, eine Sache (am Beispiel hier den Anarchismus) „an sich“ zu bewerten, sondern sie in die Zusammenhänge einzubetten, in denen sie sich in eine bestimmte Richtung auswirken.
Insofern ist eine gesunde Skepsis im Umgang mit Ismen, besonders solchen, die sich auf den Namen einer einzelnen Person beziehen, immer angebracht. Sie sind von vornherein immer ein Stück unwahr: Jeder Mensch macht Fehler, hat Schwächen, begreift einige der Bedingungen, unter denen sich seine persönliche Sicht entwickelte, nur einseitig oder falsch – so wie jeder Mensch manches richtig sieht und in manchen Situationen richtig handelt. Ismen maßen sich also immer an, eine Person auf die Teile reduzieren zu dürfen, die ihnen, also denen, die diese Ismen als Begriff prägten, gerade ins System passen. Und so kann man unter dem Deckmantel der Berufung auf eine „Größe“ das Wesen von dessen Lehre u.U. in sein Gegenteil verkehren. So wie häufig Zitate aus ihrem Zusammenhang gerissen nicht das aussagen, was sie meinten.

Ich halte eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Stalinismus“ für unbedingt erforderlich für eine letztlich in tatsächlichen Kommunismus führende Gesellschaft. Allerdings ist der Begriff extrem belastet. In seiner Hauptbedeutung ist er ein ideologischer Kampfbegriff übelster Antikommunisten. Mit mehr oder weniger psychologische Rafinesse wurde er geprägt, um einen Pawlowschen Reflex auszubilden: „Stalinismus“ ist „Kommunismus“ und zwar „Kommunismus“ so, wie er in der Wirklichkeit der Machtausübung aussieht. (Wau-wau!) Mit anderen Worten: Die Begriffsprägung „Stalinismus“ ist in diesem Sinn ein Versuch, dem Nachdenken über „Kommunismus“ vorzubeugen, eine Art Schutzimpfung für Denkfaule, deren Unterbewusstsein auf „Kommunismus“ sofort „Stalinismus“ aktiviert – und sich dabei eine Art „Sowjetfaschismus“ vorstellt (bzw. das soll).
Nun ist dialektisches Denken an sich etwas Unbequemes: Immer soll man unterscheiden zwischen Wesen und Erscheinung, wobei aber eben noch zwischen Erscheinungen unterschieden werden soll, die das Wesen außen sichtbar machen, und Erscheinungen, die das Wesentliche „ergänzen“, von ihm abweichen, ihm sogar widersprechen – zumindest auf eine bestimmten Ebene.
Bisher habe ich mich stärker auf die wesentliche Seite konzentriert. Also dass unter dem Druck der durchlebten Interventionen für das Sowjetreich eine besonders militante Verteidigungsform nahe lag, die auch „Auswüchse“ billigend in Kauf nehmen MUSSTE. 

Montag, 3. Oktober 2011

Wortwirrwarr (1) Meinungsfreiheit


Eine Meinung haben alle Menschen zu allen Sachverhalten, von denen sie etwas gehört oder gesehen haben. Sie ist die erste, oberflächliche geistige Widerspiegelung des Einzelwesens seiner Umwelt gegenüber. Tiere widerspiegeln ihre Umwelt auch. Dabei können, oft dürfen sie nicht besonders tiefsinnig werden. Es ist zweckmäßig, eine Art Ur-Meinung zu haben. Dabei gibt es sinnvolle Erstinstinkt und Überlagerungen durch Erfahrungen. Ein sinnvoller Erstinstinkt ist, alles, was man nicht kennt, als feindlich anzusehen, das Rascheln im Unterholz, wenn man es nicht sofort erkennt, als Aufforderung zur Flucht oder zur Gegenoffensive anzusehen, damit das Unbekannte keinen Überraschungseffekt auskosten kann. Auch die Erfahrung ist sehr oberflächlich. Aus äußeren Ähnlichkeiten wird auf allgemeine Ähnlichkeit geschlossen. Auch dies muss sehr schnell gehen. Ein einziger Irrtum kann tödlich sein.
Dieses Urtierische kommt im menschlichen abstrakten Denken am ehesten als „Meinung“ zum Vorschein. Es ist ein sinnvolles Hilfsmittel, über alles neu nachdenken zu müssen. Wen einmal eine Blondine betrogen hat, dessen Unterbewusstsein „weiß“, dass Blondinen betrügen. Wäre das menschliche Denken nicht derart vielschichtig, würde der Betroffene die Nähe aller Blondinen meiden.
Eine Meinung ist also eine widersprüchliche Sache: Auf der einen Seite sorgt sie dafür, dass wir überhaupt auf alles reagieren können, was uns begegnet, weil es uns hilft, etwas schnell gut oder böse zu finden, andererseits ist jede Meinung nah verwandt mit dem Vorurteil, weil wir schon wissen, bevor wir wissen, und allzu kompliziertes Durchdenken nicht mehr nötig erscheint – je komplexer eine Sache wird, umso nötiger wäre es jedoch, sich über das Einerseits und Andererseits zu informieren und es DANN erst zu beurteilen.
Wer sich anmaßt, anderen eine Meinung zu bilden, der versorgt sie gezielt mit solchen Teilwahrheiten, dass sie nicht mehr näher nachdenken – befangen im Irrglauben, schon „alles“ zu wissen (davon gehört zu haben).
Gegen „Meinungsfreiheit“ zu sein, ist absoluter Blödsinn, ungefähr in der Art, den Menschen ihr Gehirn in der Art zu benutzen, in der es funktioniert.
Wer allerdings möchte, dass sich die Menschen weiter entwickeln, sollte sich bemühen, fundiertes Wissen an die Stelle oberflächlicher Meinungen zu setzen. Dazu gehört auch, die Unsinnigkeit bestimmter Meinungen aufzuzeigen – möglichst allerdings nicht dadurch, dass man sagt, meine Meinung ist die richtige oder … ist dich richtige, weil schon … die gehabt hat.
Meinungen werden auch nicht dadurch wahrer, dass sie die Mehrzahl der Menschen vertritt. Die Erde hat sich auch zu Zeiten, als fast jeder Mensch anderer Meinung war, um die Sonne gedreht.
Aber trotzdem greift jede Meinung irgendetwas „Richtiges“ auf. Dies gilt es zu durchdenken.
Grins: Das ist zumindest meine Meinung ...

Samstag, 1. Oktober 2011

Thesenansätze (7)

Der fünfte Schritt ist die absolute Individualisierung. So wie jeder Beteiligte auf allen Ebenen seine Besonderheiten ins Ganze einbringen können muss, so gehört es zur allgemeinen Freiheit, sich als Persönlichkeit zu entfalten. Diese „Individualisierung“ schließt ein, dass es keine allgemeingültigen Normen gibt – natürlich mit Ausnahme der, dass die Ausübung der Freiheit des einen nicht zur Einschränkung der Entfaltung Anderer führen darf. Insofern gibt es es als Sonderfall zwischen Gewaltlosigkeiten letzte Gewaltinstanzen.

Der sechste Schritt, der wie die vorangegangenen schon mit Beginn der Übergangsgesellschaften ansetzen muss, aber erst im entfalteten Kommunismus systematisch erfolgreich sein kann, ist ein umfassendes Bildungssystem für Genuss, Gesundheit, Kommunikation und Kunst. Jeder Einzelne muss befähigt werden, aktiv und passiv zu genießen und Andere genießen zu lassen. In diesem Zuge nehmen die durchschnittlichen Auffassungen, was „menschliche Bedürfnisse“ sind, eine neue Qualität an. Dies schließt die Fähigkeit ein, kreative Arbeit als Genuss zu empfinden.

Siebtens: Schlüsselbegriff der kommunistischen Gesellschaften ist Kunst im weitesten Sinne. Im Rahmen der Integration in ein individualisiertes Planungssystem findet jeder Beteiligte verschiedene Tätigkeiten, bei denen er in der Tätigkeit sich selbst und durch das Ergebnis dieser Tätigkeit Anderen Vergnügen und Genuss bereitet. Dies erwächst auch aus dem erprobten Wissen der Handelnden, wo besondere Qualitäten für ihn liegen, aber auch in der relativ freien Entscheidung, wann er welche Tätigkeit ausüben darf, und aus dem Wissen, dass die Ausübung „gesellschaftlicher Arbeiten“ ein angenehmes Feld zwischenmenschlicher Kommunikation ist.