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Sonntag, 10. Juli 2011

2. Abschnitt: Hebamme Geschichte und ihre Ungeschicklichkeit

Normalerweise werden alle Vorgänge aber so beschrieben, als vollzögen sie sich in einem geschlossenen System. Von allem, was „draußen“ passiert, wird abstrahiert. Es verkompliziert und lenkt ab. Nun ist ein Lagerfeuer aber immer ein offenes System: Die Reaktionsprodukte und die Masse alle Energie entschwinden in den freien Raum.
Komplizierter wird die chemische Reaktion, wenn man sie in einen (Kachel-)Ofen verlegt. Hier wird das relativ offene System nur begrenzt künstlich hergestellt. Aber nun soll es Leute gegeben haben, denen war das System zu lange offen. Die drehten den Ofen zu. Nun entstand ein relativ geschlossenes System. Relativ insoweit, als dass ein Teil der Energie weiterhin nach draußen abgegeben wurde. Das war ja auch der Sinn der Sache: Nicht der Ofen sondern das jeweilige Zimmer sollte ja wärmer werden. Aber im Verbrennungsraum verschob sich das Stoffverhältnis: Es verblieb mehr Kohlendioxid im System. Da es ausreichend heiß war, konnte ein Teil der Energie dadurch chemisch gebunden werden, dass sich das CO2 mit dem Kohlenstoff verband zu Kohlenmonoxid. Ein Teil dessen verließ jenes relativ geschlossene System, drang in das wiederum relativ geschlossene System „Wohnzimmer“ … und schläferte die dort Ruhenden dauerhaft ein.
Es reagiert eben Kohlenstoff nicht bedingungslos (nur) mit Sauerstoff …
Es ist die Verallgemeinerung erlaubt, dass „man“ bei JEDER Reaktion, die man bewusst herbeiführen will, die wesentlichen Bedingungen schaffen muss, die zum Ablauf erforderlich sind. Logischerweise muss man sie dazu kennen.
Nun gibt es den Begriff „objektiv“, den ich auch gern gebrauche. Der sagt in diesem Sinne „nur“ aus, dass eine „Reaktion“ immer stattfindet, wenn alle Bedingungen gegeben sind. Naturgesetzmäßig. Also unabhängig davon, ob man sie so beabsichtigt hatte.
Um auf das Kohlenmonoxid aus dem Ofen zu kommen: Selbstverständlich kann man die Reaktion auch vorsätzlich zum Suizid oder Mord benutzen. Es ist aber nicht die Frage, mit welcher Absicht zu einem bestimmten Augenblick der Ofen zugedreht worden war, sondern dass das dann dann geschah, als die Bedingungen für die CO-Redox-Reaktion besonders günstig waren.
Zum Nachdenken über die Verwendbarkeit eines solchen Bildes für gesellschaftliche Handlungsweisen sollte noch hervorgehoben werden :Im Umgang mit dem Ofen wurde immer mit mindestens einem Vorsatz gehandelt …
Man darf das nicht mit „Determinismus“ verwechseln. Um gesellschaftliche Vorgänge zu erklären, meinetwegen auch nur die psychologische Erklärung für das Handeln eines Menschen, muss vereinfacht werden. Man vernachlässigt immer Besonderheiten, die bei einem bestimmten Vorgang nebensächlich sind oder scheinen. Baut man ein geistiges System aus solchen Vereinfachungen, ist immer richtig zu sagen, „Wenn …, dann …“ So mag zwar die „Arbeiterklasse“ in ihrem „Wesen“ die Klasse sein, die berufen gewesen wäre, längst den Weltsozialismus errichtet zu haben, aber …
Auf einige Aber können wir hier zurück greifen.

Samstag, 9. Juli 2011

2. Abschnitt: Hebamme Geschichte und ihre Ungeschicklichkeit (8)

Von einer gegebenen Menge Wasser gehen nämlich nie alle gleichzeitig vom flüssigen in den gasförmigen Zustand über. Man kann also unterscheiden zwischen „Revolutiönchen“ als Vorgänge bei jedem einzelnen Teilchen und der „Revolution“ als Prozess. Letztere ist für uns interessant. Sie beginnt mit den ersten gehäuften „Revolutiönchen“ und endet, wenn alles Wasser verdunstet ist.
Hübsch zu beobachten sind Probleme solcher Revolutionen beim Kochen im Topf. Dort kommt nämlich erschwerend dazu, dass die ersten Wasserteilchen, die die Siedetemperatur erreicht haben, unten, also bei der Herdplatte als Energiequelle auftreten. Die müssen nun zwischen den kühleren Teilchen hindurch zur Oberfläche, sprich: zu ihrer individuellen Revolution. Dabei erwärmen sie die anderen mit – dadurch gibt es unter Umständen „Konterrevolutiönchen“, weil ein Teil der aufsteigenden Teilchen wieder abkühlt – die meisten aber dampfen in die Freiheit ab. Es verdampfen also im offenen Topf Wassertropfen, obwohl das Wasser noch nicht kocht.
Der Ablauf dieses Revolutionsspiels lässt sich manipulieren. Durch einen Deckel. Durch Gewicht auf dem Deckel. Auf diese Weise entsteht ein geschlosseneres System. Denn ein Teil der zugeführten Energie verbleibt nicht in den zu revolutionierenden Wasserteilchen, sondern wird von der kühlen Umgebung abgezogen. Je bewegter diese Umgebung ist, umso mehr wird abgezogen. Ohne beständige Neuzufuhr von Energie hat das „Restwasser“ u. U. noch einen Moment 99, dann 98, 97 usw. Grad und Aus ist´s mit Revolution. Steht dagegen der Inhalt des Topfes unter Druck, kann ein Teil der Teilchen deutlich mehr als die „normale“ Siedetemperatur haben … und bleibt trotzdem flüssig. Dieser Teil holt dann seine Revolution mit dem Entfernen des Deckels in kürzester Zeit geballt nach. Wie lange die beiden Abläufe zu beobachten sind, ist dabei nicht die Frage. Revolution ist der ganze Vorgang, durch den aus einem Topf mit Wasser ein Topf mit Luft geworden ist.
Unser menschliches Denken abstrahiert meist davon, dass auch in der Natur alle Prozesse an konkrete Bedingungen gebunden sind. Viele dieser Bedingungen nehmen wir gar nicht als solche wahr, weil sie uns als selbstverständlich gegeben erscheinen. Das sind sie ja meist auch.
Wer denkt schon darüber nach, wenn er ein Lagerfeuer entzündet, dass die dabei sich vollziehende Hauptreaktion an mehrere „Bedingungen“ geknüpft ist. Kohlenstoff reagiert mit Sauerstoff zu Kohlendioxid, wobei die erwünschte Energie frei wird. Bedingungen?! Na, Sauerstoff und Kohlenstoff müssen da sein … und was da brennen soll, sollte trocken sein. Da hört die Durchschnittsbetrachtung aber schon auf.
… Wer käme auf die Idee, dass für diesen Vorgang mindestens noch ein „offenes System“ und demzufolge eine gewisse „Kälte“ (und das Fehlen anderer Stoffe mit ähnlichen Wirkungen wie das Wasser) gehört? Besonders die Kälte wird als „Vorsatz“ unterstellt – wir betreiben ja diese Verbrennung, um uns zu wärmen. An das „offene System“ aber denkt kaum jemand.

Freitag, 8. Juli 2011

2. Abschnitt: Hebamme Geschichte und ihre Ungeschicklichkeit (7)

An dieser Stelle stelle ich einfach eine Behauptung in den Raum: Alles, was wir bisher an über den Horizont des Kapitalismus Hinausweisendes erlebt haben, war im originär marxistischen Sinne noch kein „Sozialismus“, „Kommunismus“ schon gar nicht. Wenn wir schon Begriffe brauchten, dann war dies am ehesten eine maximal „abgebremste Revolution“.
Wir dürfen uns dabei „Revolution“ nicht im engsten politischen Sinn als eine „Machtergreifung“ vorstellen, Im philosophischen Sinne beschreibt der Ausdruck „Revolution“ ja den relativ schnellen Übergang von einer „Qualität“ zu einer tatsächlich grundsätzlich neuen.
Nun dürfen wir uns „schnell“ nicht aus der Perspektive eines Menschenlebens vorstellen. Bei der Frage der „kommunistischen Gesellschaftsformation“ geht es darum, eine menschliche Kultur zu erschaffen, die über 10000 Jahre „Klassengesellschaft“ mit ALLEN ihren Elementen ins Grab der Geschichte versenkt. Was die Menschheit in ihrer gesamten Entwicklung aus dem Tierreich heraus entwickelt hat, wird auf neuer Grundlage gestaltet. Die Menschheit gestaltet ihre Welt als Ganzes erstmals bewusst und vorsätzlich geplant. Erstmals kann sie das. Schon allein deshalb ist es nicht mit dem Schuss eines Panzerkreuzers getan.
In diesem Sinn kann sogar der gesamte „Sozialismus“ noch als „evolutionäre Revolution“ verstanden werden. Also es muss sich das grundsätzlich neue erst entwickeln. In ihm sind BESTIMMTE GRUNDLAGEN notwendigerweise real vorhanden, während andere sich darauf aufbauend erst allmählich ausprägen können. Das schließt nicht aus, dass entgegen Marx, Engels und Lenin selbst der Übergang vom Sozialismus zum entwickelten Kommunismus von der Form her „revolutionär“ vollzogen werden wird. (Das wäre z.B. abhängig von der Stärke der institutionalisierten Bürokratie.) Vom philosophischen Wesen her ist er es auf jeden Fall.
Schieben wir eine naturwissenschaftliche Vereinfachung ein, um die philosophischen Beziehungen von Qualität und Quantität, Revolution und Evolution zu veranschaulichen.
Der Übergang von flüssigem Wasser und Wasserdampf ist z. B. eine Revolution. Als uns das in Studentenzeiten erklärt wurde, begann die Erklärung bereits mit einer Unterstellung: Das Wasser in „Zimmertemperatur“ wird zum Kochen gebracht. So dargestellt ist der Vorgang bereits ein bewusst beabsichtigter. Diese Gerichtetheit war erforderlich, um folgende Frage aufzuwerfen: Welche aufgewandte Energie ist wichtiger: die, die gebraucht wird, um das Wasser von 20 auf 30, von 30 auf 40 … von 80 auf 90 Grad zu erhitzen oder die, die den Übergang der Wasserteilchen von ihrer flüssigen in die gasförmige Form ermöglichen? Nur der letztere Vorgang erscheint als „Revolution“ - das andere ist Evolution. Damit es aber zu einer solchen Revolution kommen kann, sind die entsprechenden Evolutionen, also die allmählichen Aufladungen der Wasserteilchen mit kinetischer Energie unumgänglich. Es gibt kein Teilchen, das direkt von 20 Grad auf Dampf umschlägt.
Um die Sache nicht zu sehr zu verkomplizieren, klammere ich jene Verdunstung aus, die aus der natürlichen Luftbewegung und der sich daraus ergebenden „Vermischung“ der Stoffe ergibt.
Trotzdem enthält das Modell bereits Haken, die auf unsere gesellschaftlichen Beziehungen / Revolutionen übertragbar sind.