Nehmen
wir uns des Deutschen liebstes Kind, das Auto, vor. Ich möchte hier
keine SF-Fantasie ausufern lassen. Niemand kann im Einzelnen
voraussagen, wie das Verkehrssystem in kommunistischer Zukunft
aussehen wird. Sicher werden über die künftigen „Straßen“
keine heutigen Personenkraftwagen fahren. Es gibt aber Grund, unseren
Nachfahren etwas zuzubilligen, das die „Auto“ nennen, also etwas,
was individuell ist und selbst fährt (oder fliegt). Diese „Autos“
wären wahrscheinlich wirklich welche: Sie führen also selbst.
Zwangsweise
keine Möglichkeit zu haben, persönlich das „Steuer in die Hand zu
nehmen“ oder „Gas zu geben“ widerspräche zwar kommunistischem
Individualismus, aber ich denke, auch heute reichte den meisten, ein
Ziel anzugeben und den „Rest“ erledigte der „Fahrroboter“,
ausgestattet mit Systemen zur Fahrstrecken-Optimierung und zur
Unfall-Vermeidung. Dies entspräche dem Kernziel der kommunistischen
Gesellschaft, das Wohlbefinden aller seiner Mitglieder zu erhalten.
Keine Ahnung, was gegen groben (jugendlichen?) Unfug gemacht werden
wird. Oder ob die „Straßen“ eventuell irgendwann in der Luft
liegen könnten. So viel werden sich die Menschen einfallen lassen,
wenn es nicht mehr um Profit geht, sondern um Vergnügen am
Kreativ-Sein. Auch gelegentlichen Spaß am selber Steuern ...
Bei
solchen Systemen muss ja entschieden werden, wo welche „Anbindung“
geschaffen wird, große Startinvestitionen müssen durch die
Gesellschaft getragen werden (heute über Steuern). Das verführt
unter kapitalistischen Vorzeichen verschiedenste Gruppen, auf
Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Lobbyarbeit. Die Modellrechnungen
für die gesamtgesellschaftlich günstigste Variante sind schwer
überschaubar und leicht manipulierbar. Man darf als Beispiel eben
nicht nur vergleichen, dass ein fahrendes Elektroauto weniger Abgase
ausstößt als ein fahrender Diesel. Man müsste mindestens die
Vorstufen, also die Aufwendungen und Schädigungen, bevor Strom aus
der „Zapfsäule“ kommt, einbeziehen. Solange es letztlich um den
Profit der Beteiligten geht, wird jeder genau die Aspekte
herausgreifen, die sein Einzelinteresse wie Allgemeinwohl aussehen
lassen. Eben jenes Allgemeinwohl, das dabei leidet.
Bleiben
wir beim „Auto“-Verkehr. Heute unterscheiden wir streng zwischen
„Individual-Verkehr“ und öffentlichem. Bei dieser Unterscheidung
wäre im Sinne der menschlichen Gemeinschaft der öffentliche Verkehr
vorzuziehen. Es wäre günstiger für „die Umwelt“ im engsten und
weiteren Sinn, wenn in Berlin die S- und U-Bahnen in kürzeren Takten
und unentgeltlich führen. Man könnte sich entschieden angenehmer
durch die Innenstadt bewegen – übrigens auch die, die im Moment in
ihren Wagen steigen. Aber wohlgemerkt: Das wären Maßnahmen des
Sozialismus, die relativ schnell erste Entlastungen brächten.
Kommunistisch
wäre dies noch nicht. Pauschalantworten sind es sowieso nicht. Und
es wäre eben auch nicht kommunistisch, die Besitzer geliebter
fahrbarer Untersätze „zu ihrem Glück in der Gemeinschaft zu
zwingen“. Die Gesamtentwicklung erlaubt uns aber glücklicherweise
positiv zu spekulieren, uns zum Beispiel vorzustellen, dass die
Weiterentwicklung der Kommunikationstechnik einen Großteil des
Berufsverkehrs und viele Dienstreisen unnötig macht, dass
Konferenzschaltungen an Videophonen das Zusammentreffen der Personen
in einem Raum fast vollständig simulieren. Auch dass eine
sinnvollere Standort-Logistik den Umfang der Warentransporte
verringert. Je mehr Arbeitsaufgaben die Anwesenheit der Arbeitenden
an einem Arbeitsort nicht mehr erfordern, per Computer / Internet von
daheim aus lösbar sind, umso weniger Berufsverkehr tritt auf usw.
Also ähnlich wie bei der menschenfreundlichen Gestaltung der
Arbeitswelt beginnen die Überlegungen zum Verkehr der Zukunft damit,
den notwendigen Gesamtaufwand zu vermindern.
Einschneidender
wirkte sich unter kommunistischen Vorzeichen aber die Aufhebung des
Unterschieds zwischen individuellem und öffentlichem Verkehr aus. Im
Moment wird der Individualverkehr gepusht, weil die Firmen der
Autoindustrie Umsatz machen wollen und müssen – und sei es
dadurch, dass sie möglichst schnell die eine Baureihe durch die
nächste ersetzen.
Stellen
wir uns ein relativ perfektioniertes Verkehrsleitsystem vor, in dem
die „Autos“ von Automaten gefahren werden. Das Ergebnis wären
halböffentliche Taxen. Sie ständen ihren „Besitzern“ bei Bedarf
zur Verfügung, und zwar nicht nur einem, sondern jedem im Wechsel
mit anderen. Warum soll man nicht vor Verlassen der Wohnung den
Wunsch, nach XY zu kommen, ins System „eingeben“ und draußen
taucht dann ein Automat als „Chauffeur“ auf? Das braucht doch
Freaks nicht daran zu hindern, ihren speziellen Lieblingswagen zu
hüten und nur den zu nutzen. Aber für die Masse der Bürger ist
heute schon das Auto nur ein Nutzgegenstand. Denen wäre lieber, sie
könnten ein „Taxi“ nehmen und hätten zum
Beispiel nie Probleme mit Werkstätten oder technischer
Überprüfung. Das Verkehrsleitsystem schlösse ein, dass die
„Taxistände“ bedarfsnah lägen – also so wie bei heutigen
Taxen an Bahnhöfen morgens in Wohnnähe usw. Solche
parkraumfreundlichen „Taxen“ könnten sogar allmählich
eingeführt werden. Es muss nur immer darauf geachtet werden, dass
jede Verabsolutierung ohne Ausnahmen in Einzelfällen „ungerecht“
und demzufolge nicht „kommunistisch“ wäre.
Sich
einen eigenen PKW anzuschaffen, um einmal in Urlaub zu fahren, ist
eigentlich absurd. Wer sollte etwas dagegen haben, eine große Reise
anzumelden und auch hier steht der „Chauffeur“ pünktlich vor der
Tür? Macht heute nur deshalb keiner, weil´s so teuer ist.
Das
sind alles Systemlösungen, bei denen der Aufwand, sie funktionierend
zu betreiben, bereits heute vertretbar wäre – nur nicht der
Aufwand, sie aufzubauen. (Und natürlich ist das Ziel des Ganzen, die
Menge der Verkehrsmaschinen insgesamt zu reduzieren,
„wirtschaftsfeindlich“.)
Nun
stelle ich aber immer wieder neu die naive Frage: Wie viele hoch
komplizierte Raketensysteme werden heute gebaut, die, technisch
veraltet, umgehend durch neuere ersetzt werden? Wie viel
unwiederbringliches menschliches Potential verschlingen die nutzlos?
Ein einzelner Flugzeugträger kostet Milliarden. „Unser“
Verkehrssystem optimierte ganz nebenbei die Kraftstoffversorgung. Im
Gegensatz zu gesellschaftlichen Aufwendungen für Flugzeugträger und
Vergleichbares sinken die Kosten, sobald das (zugegebenermaßen
aufwändige) Verkehrssystem arbeitet.
Und
der „Fortschritt“ ohne gesellschaftliche Änderungen verschärft
doch weltweit die Probleme nur weiter. Wann sehen die Autofahrer ein,
dass ihr Leben ohne Parkprobleme einfacher wäre? Falsche Frage!
Richtige Frage: Wann wäre das Leben von „Autofahrern“ einfacher?
Wir bedürfen keiner totalen technischen Revolution. Es muss nicht
erst das „Beamen“ oder Ähnliches erfunden werden. Prinzipiell
sind selbst für die Fahr-Automaten technische Lösungen vorstellbar;
sie bedürften nur eines langen Ausreifens. Aber mit dem muss eben
begonnen werden – und er bedeutete eine ganz andersartige
Automobilindustrie, richtiger: es bedürfte an ihrer Stelle einer
„Verkehrsindustrie“. Heute wäre die besonders in Deutschland
nicht erwünscht. Sie bedeutete nämlich eine stark reduzierte Zahl
zu produzierender Autos insgesamt.
Der
Verkehr in seiner Vielfalt ist eines der Probleme, die durch
gemeinschaftliches Denken wesentlich optimiert werden könnte. Das
schließt sowohl ein, insgesamt Ressourcen einzusparen als auch es
jedem Einzelnen angenehmer zu machen, an einem Wunschzeitpunkt zu
einem Wunschort zu kommen … weltweit gedacht. Das könnten wir,
wenn wir nicht durch Privatbesitz beschränkt dächten.
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