Ich brauche jedenfalls keine Stasinachbarn wie im Buch gefordert. Wie ich mich kleide und was ich zu Hause tue ist doch meine Sache, wieso muss mein Nachbar (der mir vermutlich auch noch durch "Die Gemeinschaft" zugeteilt wird) darüber richten dürfen? Und ja, ich würde lieber allein vor mich hingammeln als dauern wen bei mir schüffeln haben zu wollen.
Was ist denn “die Gemeinschaft“,
„Gesellschaft“ oder wie immer man das ausdrücken will, wo du
versuchst, einen Macht ausübenden Staat zu sehen?
Stell dir vor, du gehst gestylt wie
eine Nutte zum Bewerbungsgespräch bei der Bank! Stell dir warmen
Regen vor und dir ist danach, rauszurennen und splitternackt auf dem
Bürgersteig zu tanzen!
Da stößt du auf „die Gesellschaft“.
Du brauchst da noch keinen Polizisten, der dich wegen Erregung
öffentlichen Ärgernisses wegsperrt. Du wirst es einfach nicht tun,
weil du mit einer bestimmten Reaktion der anderen rechnest. Du nimmst
also dein Scheitern beim Bewerbungsgespräch und die pikierten Blicke
fremder Passanten quasi vorweg und benimmst dich überwiegend so,
dass du erwarten kannst, dass dein Verhalten akzeptiert wird.
Das Neue im Kommunismus ist eben nicht,
dass es das gibt, sondern dass das im Wesentlichen der einzige
„Mechanismus“ ist. Deshalb steigt relativ(!) seine Bedeutung.
Nicht absolut! Du übersiehst offenbar, dass du dich immer
„gesellschaftlichen Zwängen“ unterwirfst, weil du gewohnt bist,
Zwänge in einer Verkörperung zu sehen. Eine „Staatssicherheit“
eben.
Verhaltensnormen entstehen AUCH, indem
man sie aufschreibt, also wenn die Büroordnung festlegt, was
„angemessene“ Kleidung ist. In umfassendem Sinn entstehen sie
aber durch die Erwartung der Reaktion der Mitmenschen. Es gibt keine
Gesellschaftsform, in der das nicht so ist. Die Gesellschaften, die
Machthierarchien kennen, als beispielsweise Kapitalismus und
Sozialismus, ergänzen diesen natürlichen
„Vergesellschaftungsprozess“ durch Sanktionsapparate.
In „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“
wählte ich das Beispiel Mode. Es bedarf keiner Sittenpolizei, damit
die meisten Menschen ihre Mitmenschen als modern oder unmodern
gekleidet auffassen und sich bemühen, nicht als unmodern
aufzufallen. Was da psychologisch abläuft, dass wird nur unter
kommunistischen Verhältnissen zum im Wesentlichen einzigen
Mechanismus. (Bevor du dich über die Einschränkung „im
Wesentlichen“ aufregst: Du möchtest sicher auch nicht von einem
Sexkranken vergewaltigt werden und dann wissen, dass du das eben
hinnehmen musst.)
Das Prinzip wirkt eben allgegenwärtig.
Normalerweise wirfst du deinen Müll eben nicht irgendwohin, sondern
in die dafür vorgesehenen Behälter, weil „man“ das eben so
macht. Da musst du den nervigen Nachbarn nicht heraufbeschwören, der
angerannt kommt, um dir den einen Schnipsel zu zeigen, der
danebengefallen ist.
Dass dir niemand „zugeteilt werden“
kann, versteht sich eigentlich von selbst. Ich versuche ja im Buch
gerade aufzuzeigen, dass das Internet dass fast ideale Mittel ist,
damit du dir deine Nachbarn, Partner, deinen Umgang, deine
Gesellschaft in weitem Umfang aussuchen kannst.
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