Ein Sonderfall des Lebens unter kommunistischen Verhältnissen ist deshalb alles, was mit dem Begriff „Gewalt“ verbunden ist – aber es ist eben nicht restlos verschwunden.
Sofern man diesen Begriff auf Kriege beschränkt, also auf Kriegshandlungen, Staatsterrorismus in engem oder weitem Sinn und Handlungen einzelner Menschen, die daraus direkt abzuleiten sind (z. B. sadistische Folterexzesse), so gibt es sie natürlich nicht mehr. Das allein sollte gegenüber ehrlichen Christen und Buddhisten als Argument für eine solche Gesellschaft beinahe ausreichen.
Eine extreme Minimierung ist auch bei indirekten Gewalthandlungen zu erwarten. Die sind natürlich schwerer abzugrenzen. Aber ich halte einen sozial Hoffnungslosen für tendenziell eher gewaltbereit als jemanden, der um viele Möglichkeiten sich auszuleben weiß. Dabei ist es egal, ob er in einem Flüchtlingslager lebend gegen echte oder eingebildete Feinde seiner Freiheit kämpft oder sich einen Schwächeren im näheren Umfeld sucht, bei dem er vorübergehend nicht das Gefühl der Machtlosigkeit hat. Solche psychischen Gegebenheiten sind beispielsweise auch eine reale Quelle von Gewaltbereitschaft unter Migranten, die sich so gegen gesellschaftliches Ausgestoßensein spontan auflehnen – was dann kriminell heißt. Da es im Kommunismus aber keine soziale Ausgrenzung in großem Maßstab gibt (und überwiegend überall alle „Migranten“ sind), existiert kein Nährboden für daraus erwachsene individuelle Gewalt – also ist eine Institution überflüssig, die solche Gewalt den Normen einer Staatsgewalt unterwirft.
Darüber hinaus gibt es keinen Besitz als hierarchisch konstituierende Größe mehr. Also nicht nur besitzt keine Gruppe „Produktionsmittel“ (bzw. Mittel überhaupt), mit der sie andere ökonomisch dazu zwingen könnte, für sie zu arbeiten, sondern es kann ja sogar jeder die Dinge / „Güter“, über die er unmittelbar verfügen will, von der Gemeinschaft anfordern, sie technisch bestellen und – von den beschränkt vorhandenen „Originalen“ einmal abgesehen – auch erhalten. Jeder kann sich also materiell so als Persönlichkeit entfalten, wie er dies für angemessen erachtet, sofern er andere Persönlichkeiten damit nicht beschränkt, was normalerweise nicht der Fall sein wird.
Die Wahrscheinlichkeit von Diebstählen ist also gering – demzufolge also auch die Notwendigkeit, Menschen mit deren Verfolgung zu betrauen.
Also auch ganz individuelle Verbrechen haben einen wesentlich kleineren Nährboden. Es verändert langfristig die Persönlichkeit, wenn das gesellschaftliche Phänomen, dass andere etwas besitzen, was man gern hätte und nicht haben kann, einfach nicht mehr existiert. Und es verändert die Beziehung zwischen Menschen langfristig einschneidend, wenn es keine materiellen Abhängigkeiten mehr gibt. Der seinen Partner Prügelnde kann eben grinsend sagen, „Geh doch!“, wenn er genau weiß, dass der (die) so Angesprochene dann mit leeren Händen da steht. Diese Sicherheit der Macht löst sich in Nichts auf, wenn der (die) so Angesprochene um den Neuanfang in gleichwertiger neuer Situation weiß … ohne prügelnden Partner.
Und wer von einer Arbeit nach Hause kommt, die ihn mindestens nervlich total ausgelaugt hat, hat es schwerer, sich angemessen Partner und Kindern gegenüber zu verhalten als jemand, der durchschnittlich befriedigt in die private Tageszeit übergeht.
Also in gesellschaftlicher Hinsicht ein Paradies – und zwar insbesondere für die heute sozial Benachteiligten. Aber eben nur in gesellschaftlicher Sicht ...
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