Einen besonders großen Anteil an Jedermanns Lebenszeit entfällt auf Kunst im weitesten Sinne. Dabei ist nebensächlich, inwieweit das das aktive Ausüben der bekannten Künste bzw. deren Genuss betrifft, oder ob es darüber hinausgeht. Wie immer sind die Übergänge fließend. Zum Verständnis des Problems erinnere ich an den Begriff des „Kunsthandwerks“. Es dürfte kaum Menschen geben, die nicht etwas tun werden, was zwar nicht existenzbegründend ist, aber ihnen und gleich Gesinnten Freude bereitet.
Wesentlich stärker als heute wird das Gesamtleben aller Menschen von eine Vielzahl unterschiedlicher Kommunikationsformen durchdrungen sein. Anzunehmen ist, dass sich „Videophonie“ zur Hauptform entwickelt, also Gespräche, ggf. auch Konferenzen, bei denen sich die Beteiligten nur nicht berühren und beriechen, sich aber ansonsten relativ umfassend emotional und sachlich austauschen können. Wie bei dem meisten Anderen wird es schwer abzugrenzen sein, ob man sich nur privat trifft oder dort, wo dies körperlich nötig bleibt, an einem eigenständigen Arbeitsplatz auch über Privates unterhält. Viele moderne Arbeitsaufgaben sind ja aber technisch von „zu Hause“ aus lösbar. Die Hauptgegenargumente der Geheimhaltung und begrenzten Kontrollierbarkeit entfallen ja im Kommunismus.
Eine Sonderform der Kommunikation wird sicher die professionelle Moderation sein, die Störungen zwischenmenschlicher Beziehungen abzubauen hat.
Besonders herauszuheben sind eben jene „zwischenmenschlichen Beziehungen“. Sie unterscheiden sich von den heutigen sicher in erster Linie durch ihre größere Vielfalt. „Man“ wird sich wohl kaum über irgendeine Form des Zusammenlebens wundern, über nackte Menschen auf dem Flur, Kinder, die nicht wissen, wessen Spermien ihre Existenz begründeten, Gruppen, die sich auflösen so wie sie sich bildeten und umgekehrt … aber eben auch nicht über Menschen, die ihr Zusammenleben über eine Zeremonie aus vergangenen Zeiten dokumentieren möchten und ein ganzes langes Leben miteinander verbringen werden. Auch ist wahrscheinlich, dass besiegte Krankheiten eine umfassend freiere Beziehung zur Sexualität bewirken werden.
Ein eigener Bereich ist die „Versorgung“, also das, was heute der Handel wäre. Er wird nach eigenen, mit nichts Heutigem Vergleichbaren funktionieren.
Ebenfalls ein eigener Bereich ist der Transport, das Reisen. Einige gesonderte Anmerkungen habe ich schon gesondert versucht. Wichtig hierbei ist, dass die neuen Kommunikationsformen ein Ausufern des Reiseumfangs blockieren müssen.
Völlig anders als heute dürfte der Ausdruck „Politik“ verstanden werden. Es dürfte jedem selbstverständlich erscheinen, bei öffentlichen Angelegenheiten, die ihn direkt oder indirekt betreffen – einschließlich der Planung des Weltarbeitsvermögens – mitreden zu dürfen und ggf. auch mitzureden. So wie moderne Menschen irgendwann im Laufe des Tages ihr Mailfach abrufen, wird der „kommunistische Mensch“ dies auch tun – nur dass dort eben alltäglich z. B. Projekte vorgestellt werden mit Links zur Vertiefung, wo Entscheidungen vorbereitet werden, was dem einen Mitmenschen eben mehr Freude bereitet als einem anderen. „Formaljuristisch“ sitzen die Menschen des Kommunismuszeitalters also am Computer zum gemeinsamen Klären aller Fragen von öffentlicher Bedeutung wie unsere Urahnen bei der Stammesversammlung. Nur, dass sie sich häufiger „ausloggen“, weil die Gesamtzahl der zu klärenden Fragen einfach ihren Zeithorizont übersteigt und sie nach Interessen / Bedürfnissen auswählen müssen … und können.
Mit allen diesen Komplexen ist der Bereich der Selbstverwirklichung verzahnt. Jeder Mensch kann fundiert hinterfragen, was ihm wichtig ist im Leben, wer ihm wichtig ist und wem er wichtig ist. Die letzten beiden Fragen entscheiden über das Funktionieren des Systems …
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