Aber noch etwas zeitlich zurück – zum einen, weil mir das auf´s Stichwort solidarisch einfiel, zum anderen, weil dabei sozusagen kindlich-naive Keime meiner späteren „kommunistischen Visionen“ gelegt wurden.
Aus dem, was ich bisher erzählt habe, müsste klar geworden sein, dass ich nie ein extrem kommunikativer Typ gewesen bin oder gar ein „Charismatiker“. Es gab aber eben Situationen, wo positive Gefühle vermittelt wurden. Dazu gehörten einige der Veranstaltungen der Kinder- und Jugendorganisationen.
Nein, nicht die kirchlichen. Meine Mutter hatte mich zur „Christenlehre“ in die Kirche geschickt, wo uns Geschichtchen erzählt wurden, und wenn wir brav waren, wurden wir mit Bildchen (heute würde man wohl „Sticker“ sagen) belohnt wurden. Für die Anregung meiner Fantasie waren diese Nachmittage wahrscheinlich sogar positiv. Aber für mich 8-/9-jährigen war es abstoßend, dass der Pfarrer (?) sie uns Kindern als wahre Geschichten darbot. Ich hätte da noch nichts von der „Wahrheit“ in Gleichnissen verstanden, empfand es aber als Beleidigung, dass jemand erwartete, ich würde Märchen für Wirklichkeit nehmen. Das war dann Grund für entschiedenen Protest bei meiner Mutter und fast das Ende meine Kontakte zu kirchlichen „Würdenträgern“. (Später empfand ich hingegen die Gastfreundschaft von Kirchenleuten auf meinen Tramptouren als wohltuend.)
Anders war das bei manchen Pioniernachmittagen. Die nachhaltigsten waren jene Ausflüge, bei denen wir Eicheln und Kastanien für die Tierparktiere (und zum Basteln) sammelten. Keine Ahnung, ob unsere Eicheln den Tieren dort wirklich das Überwintern erleichtert haben. Heute würde ich sagen, das war auch nicht das Wichtigste. Viel wichtiger war etwas Anderes: Wir hatten das Gefühl, etwas Nützliches, ja Wertvolles zu tun, was zugleich richtig Spaß machte. Das heißt, das Sammeln der Eicheln (und das Werfen nach Anderen) hätte auch OHNE einen höheren Sinn Spaß gemacht, es war ein vergnüglicher Zeitvertreib, das Gefühl, sozusagen unserem Patenschwein das Leben zu erhalten, machte uns aber erst richtig stolz auf eine eigene Leistung. Ich hätte da nicht an „Kommunismus“ gedacht, aber hat man nicht auch als Erwachsene Anspruch auf kindliche Freude an der eigenen Nützlichkeit? Wird sie einem nicht erst die Erfahrung von „allgemeinem“ Egoismus vergällt? Als positive Erfahrung haftet so ein Erleben natürlich nur (?) dann, wenn man seinen Erfolg greifbar gemacht bekommt. Wir waren natürlich eifrige Tierparkbesucher, wo uns der Nutzen unseres Tuns von kompetenten Personen bestätigt wurde. (Mir scheint es selbstverständlich, dass Kinder, denen solche greifbaren Nützlichkeitserlebnisse versagt blieben, tendenziell ein Stück weiter zu individualistischen Egoisten „erzogen“ werden – ohne eigentlich erzogen zu werden.)
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