Gemeinsame Rast
Setz dich zu mir!
Nimm den
Rucksack
von den Schultern!
So schwer drückt
die angenagte Vergangenheit,
die du hineingestopft.
Meine aus dem Frost
schwimmt schon im Suppentopf.
Schnell dazu, was
lange braucht,
bis es weich wird.
Gemeinsam löffeln wir
alles Eingebrockte aus.
Beim Kauen dann
kommt Appetit auf
morgen.
Es
wird wohl in dieser Zukunft nicht viele Untaten geben, mit denen du
dir die moralische Ächtung deiner Mitmenschen als schwerste
gesellschaftliche Strafe „verdienen“ kannst. Ich könnte mir
vorstellen, „Verschwendung von gemeinschaftlich Geschaffenem“
gehört dazu. Dabei gibt es natürlich welche, die besonders ins Auge
fällt. Wenn jemand versuchte, ein eigenes „Schloss“ mit Park
(bildhaft gesprochen) allein zu nutzen (oder Ähnliches) würde dies
sofort bemerkt, der Zusatzreserve-Privatwagen auch. Schwieriger wird
die „gesellschaftliche Kontrolle“ erst bei kleinen Dingen. Hier
muss ja gleichfalls eine allgemeine Ausgewogenheit entstehen … und
kein allgemeines Denunziantentum. Nicht dass der Eine dem Anderen
seine private Sammlung verübelt. Aber beispielsweise, wenn jemand so
viel Milch oder Obst privat „hortet“, dass ein Teil davon
ungenutzt, weil inzwischen verdorben, weggeworfen würde, geht das
den Nachbarn auch etwas an. Dazu kommt, dass niemand wirtschaftlich
genötigt ist, abgetragene oder ausgesonderte Sachen anzuziehen. Es
gibt ja Menschen, die ihre Sachen „abtragen“, aber das ist doch
nicht der Regelfall. In der Masse könnte dies zu einer
beträchtlichen Menge zusätzlich zu produzierender Produkte führen.
Wir
sollten aber nicht vergessen, dass der Haupttrend die Hervorhebung
der Individualität ist. Im Wesentlichen wird es also normal sein,
dass die meisten Sachen tragen, die zu ihnen (ihrer Meinung nach)
besonders gut passen und nicht bestimmter Trendmerkmale wegen. Das
heißt nicht, dass es keine Mode mehr gäbe – aber da die Zahl der
Mode-“Schöpfer“ größer sein wird, nimmt die Zahl derer, die
ihnen folgen, genauso ab, wie die Zeit zunimmt, in der „man“
einem Einzeltrend folgt. Es gibt also wesentlich weniger Druck, im
Trend „modisch“ zu sein. Das, was die individuelle Note betont,
tut dies wahrscheinlich auch im Folgejahr. Der Effekt, sich ein neues
Stück geleistet zu haben, tritt zurück hinter der Frage, ob die
bisherigen weiter passen bzw. man kein Verschwender sein möchte.
Die
Ess- beziehungsweise
Speisekammergewohnheiten werden bewusster aus individueller
Selbstdisziplin erwachsen. Hier sollte man nicht vergessen, wie
gesellschaftliche Gegebenheiten Gewohnheiten beeinflussen: Ein Teil
des „Hortens“ heute beruht ja auf der Annahme, ein Sonderangebot
/ „Schnäppchen“ erwischt zu haben (erwischen zu müssen) oder
etwas billiger zu bekommen, wenn man mehr davon nimmt usw. Dies fällt
weg. Die Kombination eines unbeschränkten „Internets“ mit
rechnergestützter Planung von Produktion und Verteilung gleicht im
Normalfall jeden Mangel relativ kurzfristig aus. Wenn die Systeme
entsprechend abgestimmt sind, können auch Kleinproduzenten mit
Spezialinteressengruppen weltweit zusammenkommen. Man kann davon
ausgehen, zu bekommen, was man braucht und wann man es braucht –
ohne suchen zu müssen, wo man es eventuell günstiger bekommt.
Dass
die „Markenartikel“ einen neuen Nutzer finden, ist technisch
einfacher geworden. Jeder ist gewohnt, sich im Internet zu
informieren, wo es was in seinem Sinn gibt.
Die
entscheidende kommunistische „Gewalt“ ist eben die öffentlich
gelebte Gewohnheit. „Bekämpft“ man nicht die Wurzel des
Problems, sondern nur das Symptom, also beispielsweise den
„Diebstahl“, reproduziert es sich immer wieder – entzieht man
ihm den „logischen“ (sozialen) Boden, treten die Symptome immer
seltener auf.
In
minimalem Umfang aber bleibt „Kriminalität“ (womit ich nicht
ausschließen will, dass auch der Begriff selbst neu gefasst wird).
Alles hat schließlich seine Grenzen: Obwohl jeder seinen Rembrandt
o. Ä. an die Wand hängen kann, wäre das natürlich immer nur eine
- wenn auch gut gemachte - Kopie. Die echten Rembrandts gibt es
logischerweise nur einmal. Zumindest auf dem Gebiet solcher Künste
wie der Malerei wird dies nur eine Lösung zulassen: Bestimmte
Originale dürfen nur öffentlich verwalteter (und zugänglicher)
Weltbesitz sein. Dies wird ergänzt durch die moralische Ächtung
derer, die solch „Weltkulturerbe“ nicht der Welt gönnen … Für
den Beweis des persönlichen „Kunstverstandes“ / Geschmacks
reicht auch eine Kopie.
Da
die Zahl der Künstler (hier tatsächlich im heutigen engen
Verständnis von Künsten gedacht) sprunghaft steigen wird, wird die
Entwicklung einzelner Fan-Gruppen im Mittelpunkt stehen – und nicht
die Bemühungen einzelner Ateliers, über den Verkauf von Kunstwerken
effektvoll vermarkteter Künstler Geld zu verdienen.
Zu
Lebzeiten wird es normal sein, „wertlose“ Originale als Geschenk
von Freunden zu besitzen, die natürlich für den Beschenkten
besonderen emotionalen Wert haben. Eine besondere Nach-Würdigung
kann es sein, durch die Empfehlung der Freundeskreise in öffentlichen
Museen zu landen. Solche Freundeskreise sind in gewisser Hinsicht zu
Lebzeiten praktizierte private Dauerausstellungen.
An
sich, so male ich mir das aus, kann dies zum Muster für viele
Vorgänge im praktischen Leben dienen. Eigentlich bei allem, wo es zu
einem Original Kopien oder Nachahmungen geben kann. (Wo ist das denn
nicht der Fall?) Hierbei wird es für Fälle des „Verbrauchs“
eben „gesellschaftliche Einrichtungen“ geben und eine „Politik“,
die solchen Verbrauch im Sinne von Belohnungen regelt. Du erinnerst
dich an das Beispiel mit den Malediven? Also nicht irgendwelche
käuflichen Berufspolitiker, sondern die Gemeinschaft der
interessierten Weltnetz-Nutzer, deren Entscheidungsfindung dann das
sein wird, was wir heute Politik nennen. Analog kann selbst bei
seltenen natürlichen Speisen verfahren werden. Immer wieder gibt es
ganz pragmatische „Politik“ zu gestalten: Wem wird welches
„Sonderrecht“ eingeräumt? „Verdient“ hätte es ja jeder.
Warum wird was gemacht – und was nicht? Es wird, um es mit einem
heutigen Ausdruck zu sagen, „Transparenz“ herrschen –
allerdings mit dem Unterschied, dass jedem Menschen eben auch das
Recht zusteht, an allen Entscheidungsfindungen mitzuwirken. Es
spricht aber auch nichts dagegen, dass die Gemeinschaft der
„Internetnutzer“ die Vergabe eines Vorzugs per Losverfahren wählt
– wenn sich eben kein einleuchtender Grund für eine Bevorzugung
findet.
Jeder
hat die Zeit, sich als „öffentlicher Mandatsträger“ an seinen
„Computer“ zu setzen, sich über seine Interessengebiete
Informationen einzuholen und „seine Stimme abzugeben“. Diese
Entscheidungen sind prinzipiell jeweils neu entstehendes „Recht“.
Das ändert nichts daran, dass es „Repräsentationsorgane“ für
alle grundsätzlichen und wesentlichen Dinge des öffentlichen Lebens
geben wird. Nur haben die nicht mehr zu entscheiden, als sie als
Mensch sowieso würden. Nur schieben sie leichter Fragen an vordere
Positionen der allgemein zugängigen Entscheidungsliste und werben
für bestimmte Schlichtungsregelungen. Prinzipiell kann ja jeder
„Miterdenbürger“ Fragen zur gemeinschaftlichen Entscheidung
einreichen. Die öffentliche Resonanz bewirkt dann ihre
Lösungsintensität. Wenn natürlich unerwartet Gäste von einer
Orion-Intelligenz auf der Erde erschienen, müssten irgendwelche
konkreten „Volksvertreter“ die Erde repräsentieren. Ansonsten
werden sie zu diversen Veranstaltungen eingeladen und haben einen
gewissen öffentlichen Einfluss allein dadurch, dass sie häufiger in
„offiziellen“ Medien zu sehen, hören und lesen sind … und weil
sie bei solchen Gelegenheiten Kompetenz bewiesen haben sollten, sonst
wählt sie nämlich niemand..
Umgekehrt
ist es eine unausgesprochene „Sanktion“ nicht dazuzugehören.
Jeder Mensch kann frei über seinen Anteil an der Gestaltung aller
relevanten Fragen der ihn interessierenden Gemeinschaften
entscheiden. Er muss sich nicht ins Netz einloggen. Er muss keine
Kunst machen. Er muss keine Kunst sammeln. Er muss – mit kleinen,
bereits angesprochenen Ausnahmen – nicht arbeiten. So wie er mit
niemandem auf irgendeine Art „kommunizieren“ muss.
Aber
bei jedem wurde in jungen Jahren der Grundstein geschaffen, dass er
es kann. Und aus dem Kreis derer, die können, erwächst ein Kreis
derer, die es wollen … und derer, die es tatsächlich tun. Sie
sind die, die in erster Linie einander das Gefühl vermitteln,
gebraucht zu werden. Warum solltest du so masochistisch sein, dir
selbst zu vermitteln, niemand brauche dich?
Der
nötige „Überfluss“ in jeder Beziehung ist beachtlich. Ständig
reproduzieren sich neue Widersprüche – in erster Linie, weil
keines Menschen Selbstbild mit seinem Selbst-Sein identisch ist. Auch
wegen der ständigen Entwicklung der Persönlichkeiten. Also muss es
immer wieder neu dazu kommen, dass „man“ merkt, am aktuellen
Platz nicht „optimal“ zu sein. Die Partner in den verschiedenen
Gruppen sind dabei fast immer hilfreich.
Natürlich
nur „fast“ oder im Wesentlichen. Denn nur vom Grundsatz her ist
kein materieller Grund mehr vorhanden, einem anderen einen Misserfolg
zu wünschen. Solcherlei Gründe sind heute noch das vorherrschende
praktische Lebensprinzip auf allen Ebenen. Da das weggefallen ist,
verändern sich auch über das „Arbeitsklima“ hinausgehend ALLE
Beziehungen der Menschen – ob sie wollen oder nicht. Das ändert
natürlich nichts daran, dass es zu „Rollenkonflikten“ kommt –
und sei es, dass diese „Rolle“ die Liebe eines ganz konkreten
einzelnen Menschen wäre, die man haben möchte, aber nicht bekommt.
Wenn die juristischen / ökonomischen „Chefs“ weg sind, sind die
„Machtspiele“ um Anerkennung nicht verschwunden – allerdings
muss „man“ eher mit positivem Verhalten punkten. Das gilt ähnlich
für Gewalt. Ihre Rolle schrumpft im Zwischenmenschlichen, je weniger
Konfliktlösungspotential ihr praktisch in den verschiedenen
erlebbaren Bereichen zugebilligt wird. Natürlich kann man keine
gerade Linie ziehen zwischen Kriegen in aller Welt und der
Bereitschaft konkreter einzelner Menschen, zur „Lösung“ ihrer
Probleme Gewalt einzusetzen. Aber jedes „gelungene“ Beispiel,
jeder erlebte Fall, dass „der Stärkere“ (im engeren wie weiteren
Sinne) sich durchsetzte (und nicht „der Bessere“), weckt und
verstärkt das animalische Bedürfnis, der Stärkere zu sein.
Alles,
was mit dem Begriff „Gewalt“ verbunden ist, wird deshalb ein
Sonderfall des Lebens unter kommunistischen Verhältnissen sein –
aber es ist eben nicht restlos verschwunden. Widersprüche und
Unzufriedenheiten sind ja nicht per se etwas Negatives. Erst wenn
„man“ etwas als störend empfindet, geht man die Lösung des
Problems an. Das schließt ein, dass man im Weg und im Ziel irrt.
Sofern du diesen Begriff auf Kriege beschränkst, also auf
Kriegshandlungen, Staatsterrorismus in engem oder weitem Sinn und
Handlungen einzelner Menschen, die daraus direkt abzuleiten sind (zum
Beispiel sadistische Folterexzesse), so gibt es sie natürlich
nicht mehr. Das allein sollte vielen als Argument für eine solche
Gesellschaft schon ausreichen.
Ich
glaube aber auch an eine extreme Minimierung bei indirekten
Gewalthandlungen. Die sind natürlich schwerer abzugrenzen. Nur
hältst du nicht auch einen sozial Hoffnungslosen für tendenziell
eher gewaltbereit als jemanden, der um genug andere Möglichkeiten
weiß sich auszuleben? Da es im Kommunismus keine soziale Ausgrenzung
in großem Maßstab gibt (und überwiegend überall jeder „Migrant“
ist), existiert kein Nährboden für daraus erwachsende individuelle
Gewalt – also ist eine Institution überflüssig, die solche Gewalt
den Normen einer Staatsmacht unterwirft.
Der
Anfang der ganzen Kette liegt darin, dass es keinen Besitz gibt, der
über eine soziale Rangfolge entscheidet: Niemand ist mehr „wert“,
weil er mehr hat. Keine Gruppe besitzt „Produktionsmittel“
(Mittel überhaupt), mit der sie eine andere ökonomisch dazu zwingen
könnte, für sie zu arbeiten. Es kann sogar jeder die Dinge /
„Güter“, über die er unmittelbar verfügen will, von der
Gemeinschaft anfordern, sie technisch bestellen und – von den
beschränkt vorhandenen „Originalen“ einmal abgesehen – auch
erhalten. Jeder kann sich also materiell so als Persönlichkeit
entfalten, wie er dies für angemessen erachtet, sofern er andere
Persönlichkeiten damit nicht beschränkt.
Wenn
es also nichts zu stehlen gibt, braucht auch keine
Diebstahlsbekämpfung organisiert zu werden. Selbst ganz individuelle
Verbrechen haben einen wesentlich kleineren Nährboden. Es verändert
langfristig die Persönlichkeit, wenn das gesellschaftliche Phänomen,
dass andere etwas besitzen, was man gern hätte und nicht haben kann,
einfach nicht mehr existiert. Und es verändert die Beziehung
zwischen Menschen langfristig einschneidend, wenn es keine
materiellen Abhängigkeiten mehr gibt. Der seinen Partner Prügelnde
kann eben heute grinsend sagen, „Geh doch!“, weil er genau weiß,
dass der (die) so Angesprochene dann mit leeren Händen dasteht.
Diese Sicherheit der Macht löst sich in Nichts auf, wenn der (die)
so Angesprochene um den Neuanfang in gleichwertiger neuer Situation
weiß … ohne prügelnden Partner. Und wer von einer Arbeit nach
Hause kommt, die ihn mindestens nervlich total ausgelaugt hat, hat es
schwerer, sich Partner und Kindern gegenüber angemessen zu
verhalten, als jemand, der durchschnittlich befriedigt in die private
Tageszeit übergeht.
Also
in gesellschaftlicher Hinsicht ein Paradies – und zwar insbesondere
für die heute sozial Benachteiligten. Aber eben nur in
gesellschaftlicher Sicht …
Ich
hoffe, dass ich glaubhaft machen konnte, dass die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen den weltweiten Umfang an „Verbrechen“ extrem
reduzieren werden. Ich halte es für vorstellbar, dass die
verbliebenen „Verbrechen“ sogar so wenige werden, dass sie
vernachlässigt werden könnten. Brutal ausgedrückt: Wer sich unter
solchen Bedingungen daheim verprügeln lässt, ist „selber schuld“,
wenn er es nicht beendet.
Eine
solche Grundeinstellung wäre aber nicht kommunistisch. Zum
kommunistischen Menschenbild gehört die Sorge um das
nachbarschaftliche Wohlergehen. Vergessen wir nicht, dass es sehr
wohl weitere reale Abhängigkeiten Schwächerer geben wird. Ich denke
da zum einen an die Kinder, zum anderen an im weitesten Sinne
„Kranke“ beziehungsweise „Behinderte“.
(Selbst die fortschreitenden medizinischen Erfolge lassen immer
wieder neue Lücken offen, die die Einzelnen nicht schließen
können.)
Zu
den „Kranken“ rechnen natürlich auch die, die nicht direkt
„Opfer“ sind, sondern zum Beispiel
Sexualstraftäter. Nicht jedes traumatisierende Ereignis lässt sich
trotz bestem Wollen durch „die Gesellschaft“ verhindern, nicht
jede genetische Disposition als gefährlich entschlüsseln und
korrigieren. Um also beim Beispiel der Sexualstraftäter zu bleiben:
Es ist der Gemeinschaft nicht zuzumuten, sie zu ignorieren und den
Einzelnen nicht, sie verfolgen zu müssen. In dieser Betrachtung
nenne ich auch einen Mörder aus Eifersucht „Sexualstraftäter“.
Also
muss eine hoch spezialisierte „Polizei“ weiter existieren.
Du
kannst wahrscheinlich nicht vorstellen, wie die „öffentliche
Gewalt“ mit dem Privatleben der Einzelnen verknüpft werden sollte,
weil wir heute d nach möglichst maximalem Schutz unserer
Privatsphäre schreien müssen. Aber warum sollte diese juristische
„Privatsphäre“ unter den veränderten Bedingungen nach (!) dem
Sozialismus nicht vom Prinzip wesentlich kleiner sein dürfen. Du
musst dann ja berücksichtigen, dass es im Wesentlichen kein privates
Detail gibt, dessen Öffentlichkeit dem Betroffenen schaden kann.
(Ansonsten wären es keine privaten Details mehr.) Oder umgekehrt:
Die Jagd nach persönlichen Details bringt im Prinzip niemandem
gesellschaftlichen (ökonomischen) Vorteil. Der Kampf um persönliche
Sympathien einmal ausgeklammert.
Es
darf also „normal“ sein, dass „man“ weiß, was in den
Nachbarschaften (wohnlich, arbeitsmäßig, persönlich) „so los
ist“. Dass frühzeitig „moderierende“ Vertrauensleute vor Ort
existieren. Sie sind sozusagen die niederste „Instanz“ der
Nachbarschaftsbetreuung, was nicht heißen muss, aber kann, dass
„Vertrauensmann“ ein „Beruf“ ist. Es kann auch ein Wahlamt
sein. (Es darf ja keine Tratsch-Denunziation werden, also
professionell vertrauensvoll muss es sein.)
Für
technisch einwandfreie Spurenauswertung bei trotzdem nicht
verhinderten Verbrechen setzt eine Berufspolizei ein. Ihr kommt dann
auch ein Gewaltausübungsrecht zu. Es wird auch im entfalteten
Kommunismus ein Verbrecher verhaftet werden - unter Umständen wie in
heutigen Kriminalfilmen.
Danach
aber wird wieder alles anders.
Richtiger:
Ansätze dessen, was dann kommen kann, könntest du dir, wenn du in
der DDR gelebt hättest, etwas leichter vorstellen. Dort war das
System von gesellschaftlichen Gerichten, der Einheit von
Berufsrichtern, Laienschöffen usw. schon praktisch in der
„Erprobungsphase“. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied,
dass dieses System in der DDR als gesellschaftliches Problem
betrachtet werden musste, im Kommunismus aber ein
„individualistisches“ ist. Also irgendwo festgeschriebene
„Strafen“ können nur Notbehelf in unlösbar erscheinenden Fällen
sein. Normalerweise werden auch individuelle Lösungen der jeweiligen
Probleme gesucht und gefunden werden. „Sexuelle Störungen“ sind
erst einmal etwas Medizinisches. Und Vorrang hat die
Wiederherstellung der geschädigten Opfer.
Doch
eigentlich müsste ich damit beginnen, dass der Begriff neu gefasst
wird. Denn das „Wesen“ der „kriminellen“ Handlung besteht ja
nicht mehr im Verstoß gegen formal festgeschriebene
Rechtstatbestände. Ein – bleiben wir bei dem Beispiel –
Sexualstraftäter handelt in erster Linie krank. Er bereitet Anderen
bewusst (?!) Leiden – und zwar welche, die nicht einmal in für ihn
selbst akzeptablem Verhältnis zum vorübergehenden Gewinn stehen. Er
braucht also Hilfe zur Selbstbeherrschung.
Klar.
Die Gesellschaft muss sich den Luxus leisten, solche Verbrechen
möglichst umfassend aufzuklären. Dies wird bereits dadurch
leichter, dass es nicht mehr um die Feststellung eines juristischen
Sachverhalts geht. Es muss unter Ausschluss der Straffrage „normal“
sein, dass über angemessenen menschlichen Umgang miteinander geredet
wird – und zwar relativ öffentlich. Was danach kommt, wäre die
Behandlung von Opfer und Täter. Dabei werden Strafen im engeren
Sinne generell die Ausnahme sein. Das heißt nicht, dass es keine
unterschiedlich restriktiv geführten „Bewährungslager“ geben
wird. Sonst würde ja gegen das Prinzip der Vielfältigkeit
verstoßen. Aber wichtiger als die Einlieferung in eine Schule für
Kriminalitätsausübung (als welche heutige „Gefängnisse“
verstanden werden können) ist die Therapie gegen Wiederholung, die
bei den Ursachen ansetzt. Wobei … noch wichtiger ist natürlich die
Therapie der Opfer. Das gesellschaftliche Hauptprinzip muss
logischerweise sein, Traumatisierungen jeder (!) Art zu beseitigen.
Die
schwerste Strafe unter kommunistischen Bedingungen sind
Einschränkungen der Kontaktmöglichkeiten. Im Gegensatz zum
Normalfall, wo jeder frei entscheiden kann, in welchem Umfang jemand
wo dazugehören möchte, erfolgen je nach Einzelfall Beschränkungen.
Man könnte es wie subtile Weiterentwicklungen der „elektronischen
Fußfessel“ auffassen, die mit dem zeitlich begrenzten Verbot
beginnen könnte, bestimmte Internetseiten aufzurufen. Dem
„Bestraften“ werden aber weit gehende Wiedergutmachungsrechte
eingeräumt.
Um
es einmal so zu sagen: Die kommunistische Gesellschaft muss sich zwei
Arten von „Moderatoren“ leisten: solche, die öffentlich wirken
und solche, zu denen man vertrauensvoll gehen kann, wenn man
„Eifersucht“ o. Ä. empfindet.
Natürlich
braucht die Gesellschaft ihre materielle Basis. Also das, was
materiell verbraucht wird, muss zuvor produziert sein. Aber diese
Frage stellt sich anders, wenn die tatsächliche menschliche Hand
weitgehend durch Technik ersetzt wurde. Kommunistisch wird die Sache
erst, wenn es wirklich um die Entfaltung der einzelnen
Persönlichkeiten mit ihren Bedürfniswelten geht. Dort steht an
erster Stelle natürlich die Gesundheit. Was das bedeutet, wird im
Kommunismus besonders weit gefasst.
Wann
sich jeder am wohlsten fühlen, das ist natürlich eine ganz
individuelle Angelegenheit, es wird bereits in frühem Kindesalter
geprägt: Fühlt sich jemand in Gemeinschaften wohl, lernt er
beflügelnde kennen, findet er Felder von Genuss und Bestätigung
oder bleibt er bei der heutigen Meinung, mit Kämpfen gegen Andere,
vielleicht sogar potentiell Schwächere, sich selbst erhöhen zu
können? Nach entsprechender Bestätigung und damit Festigung einer
bevorzugten Strategie wird er sich weiter so verhalten und gesehen
werden.
Das
System der Motivationshilfen für gemeinschaftskonformes Verhalten
muss extrem individuell ausgerichtet sein. Sicher ist allerdings,
dass es solche (auch negativen) Motivationshilfen geben wird. Das
Hauptziel der Gesamtgesellschaft ist ja die maximale Ausprägung
jeder einzelnen Individualität. Die führt aber zur Kollision mit
den berechtigten Interessen anderer Individuen.
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