Geschichte verläuft insgesamt nach
„Gesetzen“. Dass es gekommen ist, wie es dann wirklich kam, lässt
sich mit ihnen begründen. Das ändert nichts daran, dass es an
vielen Punkten in einigem hätte anders kommen können, der ganze
Rest in andere, auch vernünftig zu begründete Bahnen eingeschwenkt
wäre, von denen manche uns wesentlich besser getan hätten.
Für mich hätte so einiges im
vergangenen Jahrhundert anders gekommen sein sollen. Das mag mancher
vielleicht genauso sehen. Aber wenn ich sage, was ich für die
schlimmste Katastrophe halte, da werde ich bestimmt wenig Zustimmung
finden. Und das, obwohl wir unter den Nachwirkungen leiden und
vielleicht irgendwann irgendwelche Aliens sagen werden, damit begann
das Ende der Menschheit.
Nach meinem Verständnis ist diese
größte Katastrophe der jüngeren Menschheitsgeschichte die
Niederlage der Novemberrevolution in Deutschland. Hoffentlich liegt
das nur daran, dass ich eben Deutscher und damit gewohnt bin, in
meiner Heimat den Mittelpunkt des Universums zu sehen.
Der „Sieg“ der russischen
Oktoberrevolution, genauer: die Art, in der er nur möglich geworden
und in der bereits der Keim für sein Ende enthalten war, krankte
nämlich am deutschen Scheitern.
Reisen wir gedanklich gut 100 Jahre in
der Zeit rückwärts. Selbst bürgerliche Historiker geben mitunter
zu, dass damals „Kapitalismus“ herrschte, ja „Imperialismus“.
Wir wissen um dessen aggressives Wesen, seine gesetzmäßig
ungleichmäßige Entwicklung und die Deutschland als Zu-spät-Kommer
dabei zugefallene Rolle, eine vollzogene Aufteilung der Welt ändern
zu wollen. Aber eigentlich brachte jeder imperialistische Staat
konkrete wirtschaftliche Hoffnungen in seine Kriegspolitik ein. Krieg
war zwangsweise Folge der Vollendung des „Imperialismus“: Nach
Jahrzehnten des Wettlaufs, bei dem relativ wehrlose Völkerschaften
unter die jeweilige koloniale Herrschaft gerieten, war nun alles so
weit aufgeteilt, dass nur noch eine Umverteilung möglich war. Dass
der Weltkrieg begann, war notwendige Folge dieser Entwicklung. Die
Katastrophe lag erst in seinem Verlauf und einem Ende, in dem bereits
die Keime für den nächsten Weltkrieg ruhten. Dieses Kriegsende, wie
es ausgesehen hat und was hätte kommen sollen oder müssen, ist das
Problem. ...
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